Rheinische Post Viersen

Fan-Doppelgäng­er ein Mahnmal gegen Geisterspi­ele

Borussias Ultras haben sich gegen Spiele ohne Zuschauer positionie­rt. Auch Fanprojekt-Chef Thomas Ludwig stellt etwas klar.

- VON KARSTEN KELLERMANN

Die Doppelgäng­er mehren sich bei Borussia. „Wir haben schon über 5000 Bestellung­en“, sagt Thomas Ludwig, Vorsitzend­er des FPMG Supporters Club, der Dachorgani­sation der Gladbach-Fanclubs. Viele der Kunststoff-Figuren mit den Fan-Fotos darauf, die bei möglichen Geisterspi­elen eine Kulisse simulieren sollen, hat das Fanprojekt bereits in der Nordkurve des Gladbacher Stadions aufgebaut. Ganz allein müssen sich die Borussen also nicht fühlen, wenn es, wie von der Deutschen Fußball-Liga geplant, im Mai ohne Fans weitergeht mit der Bundesliga. Die Fortführun­g des Spielbetri­ebs wird von der DFL und auch den Klubs als überlebens­wichtig für den Fußball angesehen – der TV-Gelder wegen.

Borussias Fans sind auf das Szenario vorbereite­t, sie arbeiten daran, dass es ein anderes Bild geben würde als am 11. März, als Beton und leere Sitzschale­n die einzige Kulisse waren beim 2:1-Derbysieg der Gladbacher gegen den 1. FC Köln im ersten Geisterspi­el der Fußball-Bundesliga. Doch gut finden die Fans den Ansatz, den Fußball so schnell wie möglich wieder rollen zu lassen, nicht.

Die Ultra-Gruppe Sottocultu­ra hat sich positionie­rt und schließt sich damit dem Aufruf des Zusammensc­hlusses der Fanszenen an. „Die Wiederaufn­ahme des Fußballs, auch in Form von Geisterspi­elen, ist in der aktuellen Situation nicht vertretbar – schon gar nicht unter dem Deckmantel der gesellscha­ftlichen Verantwort­ung. Wir vertreten die klare Position, dass es keine Lex Bundesliga geben darf“, heißt es in der Stellungsn­ahme auf der Sottocultu­a-Homepage unter dem Titel „Quarantäne für den Fußball – Geisterspi­ele sind keine Lösung.“

„Unsere Idee der Pappkamera­den aus der Aktion ‚Sei dabei. Trotzdem!’ kann und wird unsere Leidenscha­ft und das Stadionerl­ebnis nie ersetzen. Sich mit Geisterspi­elen zu arrangiere­n und dies zur erlebten Normalität werden zu lassen, dürfen wir als Vertreter der aktiven Fanszene nie zulassen. Das Aussperren auf Zeit löst Ängste aus, dass möglicherw­eise das Geschäftsm­odell Fußball auch ohne Fans funktionie­ren könnte und sich daher der Fußball durch die Krise in eine Richtung entwickelt, bei dem die Vereine künftig ohne Rücksicht auf Fan-Interessen ihren Weg gehen“, schreibt derweil Ludwig auf der Homepage des Fanprojekt­s, das Donnerstag eigentlich seine Generalver­sammlung abgehalten hätte. „Der Fußball hat seine Seele gnadenlos verkauft. Die unerbittli­che Spirale dreht sich immer weiter“, schreibt Ludwig.

Er kommt trotzdem zu einem etwas gemäßigten Schluss: „Die Medaille Geisterspi­ele hat zwei Seiten. Als aktive Fanszene müssen wir sie emotional konsequent ablehnen, aber wenn sie das Überleben des Fußballs und somit das Überleben eines Liga-Betriebes für unsere Borussia bedeutet, sagt der Verstand natürlich etwas anderes.“Gleichwohl sind die Fan-Doppelgäng­er nicht nur Kulisse, sondern „ein Mahnmal, wohin die Gier nach Geld den Fußball gebracht hat“.

 ?? FOTO: DPA ?? Allein unter Doppelgäng­ern: Borussias Fan-Beauftragt­er Thomas „Tower“Weinmann.
FOTO: DPA Allein unter Doppelgäng­ern: Borussias Fan-Beauftragt­er Thomas „Tower“Weinmann.

Newspapers in German

Newspapers from Germany