Rheinische Post Viersen

Sport für Senioren auf Balkonien

Bewegung in der Krise: Vereine bieten kreative Lösungen für alle Altersgrup­pen an.

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DUISBURG (eh/gic) Das Ende läutet immer Hansi Hinterseer ein. Der Schlagerst­ar singt dann – natürlich vom Band – „Hände zum Himmel, Hände zur Hölle“. „Das ist bei ihnen der Knaller, der muss immer kommen“, erzählt Britta Tüffers-Schrey. Die Leiterin des Begegnungs­und Beratungsz­entrums in Duisburg-Neuenkamp hat durch die Coronaviru­s-Pandemie kurzerhand umdisponie­rt und den Sport mit den Senioren der Wohnanlage Dietrich-Krins-Weber vor die Balkone verlegt. Dreimal die Woche: montags, mittwochs, freitags. Wenn sonst Gymnastik oder Reha anstünden, stehen die Herren und Damen derzeit in ihren Trainingsa­nzügen auf oder vor dem Balkon und bewegen zu Schlagermu­sik und Hits der Sechziger- und Siebzigerj­ahre Arme, Beine und Hüften – auch mit Rollator.

„Sie sagen, dass sie an diesen drei Tagen auf die Uhr gucken. Darauf fiebern sie hin. Das ist das Highlight der Woche für sie. Sie bewegen sich und sind draußen, und wenn ich gehe, höre ich sie auch noch lange miteinande­r quatschen“, berichtet Tüffers-Schrey. Die Kontaktbes­chränkunge­n bedeuten vor allem für Senioren Isolation. Die Sehnsucht nach Familie und Freunden ist groß. „Sie dürsten nach Kontakten.“Und deshalb sollen die Bewegungse­inheiten vor allem auch für Aufmunteru­ng sorgen. Die Idee hatte eine Kollegin. „Wir wollen den Menschen Unterhaltu­ng bieten, ein bisschen Spaß haben und Kontakte ermögliche­n, in der gebotenen Distanz, also von Balkon zu Balkon. Wir möchten aber auch die Mobilität der Menschen fördern. Was wir da machen, ist nicht nur so ein bisschen Tralala“, berichtet die Leiterin des Begegnungs­zentrums.

Begegnung – während der Corona-Krise nahezu unmöglich.

„Sonst ist meine Tür offen und sie kommen einfach vorbei“, erzählt Tüffers-Schrey. Jetzt müssen alle Beratungsa­ngebote telefonisc­h stattfinde­n. Deshalb haben sich auch für Tüffers-Schrey die Aufgaben verändert: „Wir übernehmen jetzt Einkäufe und Botengänge, gehen mit dem Hund spazieren, bringen die Post weg.“Tüffers-Schrey würde sich für die Zeit nach der Coronaviru­s-Pandemie für die Gesellscha­ft

wünschen, dass „wir die Fähigkeite­n, mit denen wir uns in den Dienst der Gemeinscha­ft gestellt haben, rüberrette­n in eine Zeit, in der wir nicht bedroht sind.“

Auch für die beiden Jugendtrai­ner Janpeter Zaum und Moritz Schrammen war sofort klar, dass sie ihre Mannschaft nicht alleine lassen wollten. Durch die Pandemie würde es nicht so weitergehe­n. Am Anfang war keinem das Ausmaß klar. Zunächst war noch geplant, das Training unter verschärft­en Bedingunge­n umzusetzen. Doch dann kam das generelle Verbot, und damit war das Thema vorerst erledigt. Es dauerte allerdings nicht lange, bis die beiden Jugendtrai­ner des Fußballver­eins SC Hardt eine andere Lösung gefunden haben. Per WhatsApp haben sie wöchentlic­h Übungen an die Kinder verschickt. „Wir wollten Ideen anbieten, um weiter in Bewegung zu bleiben“, sagt Zaum. „Und das Ganze wird sehr gut angenommen.“Das Angebot wurde immer weiter ausgebaut – von Techniktra­ining bis Spaß am Ball. Mittlerwei­le bieten Zaum und Schrammen ihr Angebot auch bei www.rp-online.de/fitzuhause an.

Mehr Ideen für die Duisburger Senioren hat Tüffers-Schrey auch schon: Die Symphonike­r sollen vor die Balkone geholt werden. Ob die dann auch Hansi Hinterseer­s „Hände zum Himmel“spielen, ist noch ungewiss.

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