Zuwanderer lernen Deutsch per Chat
Die Sprachkurse der Flüchtlingshilfe Nettetal laufen in der Corona-Krise weiter, Lehrerin Stefanie Köhler unterrichtet online von zu Hause. Das funktioniert für alle 60 Beteiligten erstaunlich gut.
NETTETAL Neu im Land, fremd die Sprache – da droht geflüchteten Menschen schnell die Isolation. Dem versucht die Flüchtlingshilfe Nettetal gegenzusteuern, indem sie seit Beginn der großen Migrationswelle 2015 „als wichtigen Schritt zur Integration Deutschunterricht für Zuwanderer organisiert und finanziert“, so Ralf Schröder. Diese Kurse, so der Vorsitzende des Fördervereins Flüchtlingshilfe Nettetal, laufen auch während der Corona-Krise weiter – online und per Videoschaltung.
„Ich übe mit euch für die A-1-Prüfung“, sagt Stefanie Köhler und lächelt.
„Wir können die Schüler ja während der Pandemie-Beschränkungen nicht hängen lassen“Stefanie Köhler
Die Deutschlehrerin spricht langsam, betont jede Silbe, es soll schließlich alles gut verständlich sein, was sie da per WhatsApp-Video ihren Schülern rüberbringt. Dann zeigt sie Merkblätter, auf denen sie aufgeschrieben hat, worauf es in den nächsten Lernschritten ankommt: „Hören – Lesen – Sprechen – Schreiben…“
Rund 60 Schüler lernen derzeit in verschiedenen Kursen der Flüchtlingshilfe, werden auf Sprachprüfungen vorbereitet. Der Abschluss A1 steht dabei für einfache, alltagstaugliche Sprachkenntnisse, die nächsten Stufen sind A2, B1 und B2 für fortgeschrittenes Sprachniveau. Die höchste Stufe ist dann C2; die Prüfungen erfolgen an anerkannten Sprachschulen.
Die Teilnehmer stammen aus Ländern wie Iran, Syrien oder Aserbaidschan, haben unterschiedliche Voraussetzen, einige sind Analphabeten, andere Akademiker. Köhler hat reiche Erfahrungen im Unterrichten,
zum Beispiel in Italien als Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache. Online-Kurse am Computer und Smartphone via Streaming zu geben indes, das ist auch für sie neu und ungewohnt.
„Natürlich ist es eine Umstellung, Schüler nicht direkt vor mir zu haben, das richtige Miteinander fehlt.“, erzählt die 52-Jährige. Doch zumindest könne der Unterricht dank der Technik weiterlaufen: „Wir können die Schüler ja während der Pandemie-Beschränkungen nicht hängen lassen, sie sollen die Lust am Deutsch-Lernen nicht verlieren.“Deshalb hat sie ein Konzept erarbeitet, unterrichtet ihre Gruppen per Videochat, sofern nötig auch zusätzlich im Einzelkontakt. Normalerweise läuft der Unterricht im Pfarrheim
„Die Brücke“von St. Sebastian Lobberich, mindestens sechs Wochenstunden. Ehrenamtler betreuen Kinder der Schüler während des Unterrichts, geben auch Nachhilfe zum Vertiefen des Gelernten. Dazu Ralf Schröder: „Es dauert oft sehr, sehr lange, bis ein Asylantrag bewilligt ist und das Amt einen Integrationskurs finanziert, bis dahin können unsere Geflüchteten hier schon mal Deutsch lernen.“
Die Schüler selbst sind dankbar, dass der Unterricht weitergeht, wie Levon Sargsyan in nahezu fließendem Deutsch erzählt: „Deutsch ist eh schwer, wir müssen ja auch eine ganz neue Schrift lernen, und ich will bald die B2-Prüfungen machen, da sind wir froh, dass Frau Köhler nun per Video unterrichtet.“Der
Diplom-Sportlehrer stammt aus Armenien, auch seine Frau Sona lernt Deutsch, beide sind knapp über 30, haben drei Kinder, nehmen nun Heim-Unterricht. „So können wir wenigstens weiter lernen, aber ich vermisse den normalen Unterricht und die anderen Schüler“, gibt Sargsyan zu.
Auch Stefanie Köhler ist einerseits erleichtert, ihren Schülern dank der Online-Technik weiterhelfen zu können. Andererseits sagt sie: „Wir warten auf die Zeit, in der sich alles wieder zum Normalen verändert.“