Rheinische Post Viersen

Spike Jonze erzählt die „Beastie Boys Story“

- VON PHILIPP HOLSTEIN

Es ist nicht der große Wurf geworden, den Fans sich erhofften. Sondern eine abgefilmte Bühnenshow.

Kurz mal die Fallhöhe abklären: Die Beastie Boys waren die coolste, stilvollst­e und liebenswer­teste Band der Welt, eine dieser Bands, bei denen man sich genau anguckt, was die Musiker anhaben, wie sie sich bewegen und was sie sagen, weil man das ja vielleicht alles in abgewandel­ter Form von New York in die heimische Provinz übertragen könnte. Die Beastie Boys waren außerdem die besten Kumpels der Welt, Blutsbrüde­r, und ihre Mitglieder waren ein bisschen so etwas wie Vertraute, so stellte man sie sich jedenfalls vor. Man dachte: Mit denen würde ich mich gut verstehen. Hoher Anspruch also, und irgendwie ist klar, dass ein Film über die Beastie Boys daran nur scheitern kann.

Nun ist sie also in der Welt, die „Beastie Boys Story“, die Dokumentat­ion über die Rap-Band, die aus dem Punk kam und Grips und Clownerie in den HipHop brachte. Spike Jonze hat sie gedreht, auch er ein Held, denn das ist ja der Regisseur von „Being John Malkovich“, „Her“und – in diesem Kontext noch wichtiger – dem legendären „Sabotage“-Video aus dem Jahr 1994: die Beastie Boys als Undercover-Cops im Stil der 70er Jahre – „Oh my god, it‘s a mirage“.

Jonze dreht nun allerdings keine Film-Dokumentat­ion, er schneidet lediglich einen Abend in Brooklyn mit, an dem die verblieben­en Beastie Boys Mike Diamond und Adam Horovitz auf der Bühne des Kings Theater stehen und ein bisschen von früher erzählen. „Live Documentat­ion“nennt Spike Jonze das Format, und hervorgega­ngen ist es aus den Veranstalt­ungen, die die Rest-Boys anlässlich des Erscheinen­s ihres tollen „Beastie Boys Buches“gaben, das vor zwei Jahren erschienen ist.

Sie stehen nun also da, sie sind elastisch und gut in Form, aber sie sind halt Daddys, und sie brauchen sehr lange, um zur Sache zu kommen. Es ist ein bisschen wie ein sonntäglic­her Kaffeeklat­sch; bevor das Ganze Fahrt aufnimmt, sind anderthalb Stunden rum, und danach ist es bald vorbei. Es gibt Einspieler, die teilweise natürlich toll sind, weil sie die Beastie Boys früher zeigen, und dazu tragen Diamond/Horovitz Anekdoten, Schnurren und Pointen vor. Aber nicht alles zündet, manches versandet einfach, und einiges ist schlichtwe­g egal. Manchmal kommen sie mit dem Teleprompt­er nicht klar oder sie behaupten zumindest, dass sie nicht klarkommen würden, weil es das Drehbuch vorgibt. Und manchmal schaltet sich Spike Jonze aus dem Off dazu und sagt, dass es gerade technische Probleme gebe, die es dann aber doch nicht gibt, und auch das ist dann bloß witzig gemeint.

Immerhin reden sie über das frühere Band-Mitglied Kate Schellenba­ch, die Drummerin aus Zeiten, als sie noch Punks waren, und die von ihnen doof abserviert wurde. Sie bereuen das, sagen sie, sie seien damals nicht ganz sie selbst gewesen. Und für einige Texte der Frühzeit entschuldi­gen sie sich auch, wobei man sagen muss, dass es meistens gezwungen wirkt und komisch aussieht, wenn Künstler ihr eigenes Werk erklären. Hier auch.

Die besten Stellen sind jene, in denen die Beastie Boys im Geiste wiedervere­int und eine Gang sind, wenn Diamond/Horovitz nämlich des 2012 verstorben­en Adam Yauch gedenken, ihr Inspirator, Motivator und Lebenskump­el. Er war crazy, sagen sie, „next-level crazy“, und man sieht die Bilder, auf denen er so verflixt jung ist und voller Ideen, und es wird einem ganz anders. Sie hätten Bands wie Run-DMC damals „studiert“, erzählen sie; New York war ihre Uni, und wie jeder weiß, ist das natürlich die beste Uni der Welt.

Beastie Boys. Mega. So oder so.

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FOTO: RANDOM HOUSE Herzensban­d: die Beastie Boys.

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