Start ins digitale Semester ist geglückt
Die Hochschule Niederrhein kann wegen der Corona-Krise keine Präsenzveranstaltungen durchführen, sondern musste ganz auf digitale Lehre umstellen. Die ersten Reaktionen von Dozenten und Studierenden sind aber positiv.
MÖNCHENGLADBACH Es sind vor allem nach oben gereckte Daumen oder klatschende Hände, die Professor Siegfried Kirsch, derzeit an Feedback von seinen Studierenden bekommt. Auf einen direkten Austausch muss der Dekan des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften an der Fachhochschule Niederrhein dagegen verzichten. „Doch die ersten Reaktionen sind positiv, weil die Studierenden froh sind, dass trotz der Corona-Krise so viel angeboten wird“, sagt Kirsch. Zwar haben viele Fachbereiche der FH schon Ende März mit Veranstaltungen begonnen,
„Es kann sein, dass wir erst im Wintersemester 2021/22 wieder in die Spur kommen“
Georg Wittich
Dekan, Fachbereich Oecotrophologie
doch am 20. April gab es den offiziellen Start in das Semester – und der war aufgrund der Pandemie ausschließlich digital.
Für die Fachbereiche und ihre Dozenten bedeutete dies in der Vorbereitung einen enormen Mehraufwand. „Es ist ein großer Unterschied, ob man eine Vorlesung in einem Hörsaal hält oder im Homeoffice sitzt und eine Präsentation digital aufbereitet. Da muss man sein Konzept völlig neu justieren, damit es für die Studierenden verständlich ist“, sagt Kirsch. Unterstützung erhielten die Dozenten von Mitarbeitern eines Projektes für digitale Lehre, das Professor Berthold Stegemerten, Vizepräsident für Lehre und Studium, bereits 2018 ins Leben rief.
„Wir profitieren sicherlich davon, dass wir uns bereits seit zwei Jahren mit dem Thema beschäftigen. Nur musste nun alles auf einmal geschehen“, sagt Stegemerten. Hinzu kommt, dass die Bedürfnisse der einzelnen Fachbereiche gerade im Bezug auf ihren Praxisanteil völlig unterschiedliche Bedürfnisse haben. „Wir haben es da mit vielen verschiedenen Strategien und didaktischen Methoden zu tun. Vieles konnten wir dank unserer Mediendidaktiker,
die jeder Fachbereich zur Unterstützung hat, in die digitale Lehre einbinden. Doch bei Labor-Praktika, in denen experimentiert werden muss, geht das nicht“, sagt Alexandra Esser, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt Digitale.
So müssen die Fachbereiche durch die fehlenden Präsenzveranstaltungen derzeit auf einige wichtige Elemente verzichten. „Manches ist nicht umsetzbar, etwa Selbsterfahrungsseminare, die von ihrer ganzen Anlage her auf persönliche Interaktion ausgerichtet sind. Oder ein Seminar, in dem urheberrechtliche Probleme dadurch aufgetreten wären, dass online Kunstwerke zugänglich gemacht worden wären“, sagt etwa Professor Michael-Borg-Laufs, Dekan des Fachbereichs Sozialwesen. Auch sein Kollege aus dem Fachbereich Oecotrophologie, Professor Georg Wittich, muss sich mit einigen Einschränkungen
auseinandersetzen.
„Das Ziel unserer Labor-Praktika ist nun einmal, dass die Studierenden ihre Fertigkeiten schulen, indem sie praktisch arbeiten“, sagt der Dekan, der die Praktika notfalls in die vorlesungsfreie Zeit legen wird. Für den Fall, dass im Laufe des Semesters wieder Präsenzunterricht stattfinden kann, werden die Labore derzeit vermessen – um abschätzen zu können, wie viele Studierende gleichzeitig an einer Veranstaltung teilnehmen können. Wir werden das Angebot wohl vervielfachen. Trotzdem kann es sein, dass wir bei der Präsenzlehre erst im Wintersemester 2021/22 wieder in die Spur kommen“, sagt Wittich.
Immerhin sind an den ersten Tagen aber große technische Schwierigkeiten ausgeblieben, die ersten Reaktionen sind positiv. „Noch ist es aber zu früh für umfangreiche Rückmeldungen“, sagt Siegfried Kirsch. Demnächst will die Hochschule aber eine Befragung unter den Studierenden durchführen. Mit Sicherheit wird die Digitalisierung dabei ein Thema sein.
Dass die Studierenden derzeit andere Sorgen haben, als den digitalen Unterricht, davon kann Patrick Wendtland, Vorsitzender des Allgemeinen Studierendenausschusses (Asta), berichten. „Bei 90 Prozent der Anfragen, die wir momentan kriegen, geht es darum, dass Studierenden der Nebenjob weggebrochen ist und sie nicht wissen, wie sie ihre Miete im nächsten Monat bezahlen sollen“, sagt er. Über technische Probleme werde wenn überhaupt, nur vereinzelt geklagt. Manche seien unzufrieden damit, dass teilweise jeder Professor eine andere Plattform oder eine andere App benutze, es keine einheitliche Regelung gebe. „Das sind aber wirklich Kleinigkeiten angesichts der momentanen Gesamtsituation“, betont Wendtland.