Eine Schau für Weisweilers Meisterstück
Borussia widmet dem ersten Titel 1970 und dem Vater der Fohlenelf eine Ausstellung im vereinseigenen Museum.
Es sind die Details, die eine Ausstellung besonders machen. Wie die vielen liebevoll ausgewählten Accessoires in dem kleinen Wohnzimmer im Stil der 1970er Jahre, das nun dort steht, wo zuvor die Nachbildung des „Lovers Lane“war, Günter Netzers Diskothek in Mönchengladbach. Es ist eine Ecke im Raum für Sonderausstellungen des Vereinsmuseums der Borussen, der „Fohlenwelt“, der Platz für solche museale Kreativität bietet. Statt einer Bar und passenden Hockern wie bei der Netzer gewidmeten Schau „Aus der Tiefe des Raumes“stehen da nun zwei gemütliche Sessel und ein Nierentisch, auf dem eine „Rheinische Post“vom Tage liegt. Wer aus der Fenster-Attrappe schaut, sieht jubelnde Mönchengladbacher. Der Anlass für den Jubel läuft auf dem zeitgerechten Fernseher in schwarz-weißen Bildern: Borussias 4:3-Sieg gegen den Hamurger SV, mit dem am 30. April 1970 die erste Meisterschaft fix gemacht wurde.
Diesem Ereignis ist die Sonderausstellung gewidmet. Doch nicht nur ihm, sondern auch dem Mann, der für all den Trubel, der sich nach dem Titel-bringenden Sieg drei Tage lang in ganz Mönchengladbach abspielte und viele ähnlich geartete Feierlichkeiten in den folgenden Jahren verantwortlich war:
Hennes Weisweiler. Weswegen die Ausstellung, die der Öffentlichkeit unter den dann herrschenden Corona-Bestimmungen zugänglich sein wird, wenn das Museum wieder öffnen darf, „Weisweilers Meisterstück“heißt.
Zurück zu den Details. Viele originale Stücke aus der Zeit sind in den Vitrinen zu besichtigen. Eine gepolsterte Torwarthose von Wolfgang Kleff, ein Schienbeinschoner von Linksaußen Ulrik Le Fevre, meisterliche Manschettenknöpfe nebst passendem Schlüsselanhänger oder das knallrote Auswärtstrikot jener Saison. Das ganze Meisterteam ist auf den Wänden zu sehen, fast in Lebensgröße. Und auch der Trainerstab. Wobei Weisweiler selbst noch ein eigener Bereich gewidmet ist, in dem seine Schaffenszeit in Gladbach in Zahlen, Fakten und Anekdoten nacherzählt wird.
Wer will, kann sich zu einem Teil der meisterlichen Fohlenelf machen: Das Teamfoto mit der Schale ist hier dreidimensional nachgebaut, der geneigte Betrachter kann sich so platzieren, dass er die Trophäe hochstemmt. Ein schönes, interaktives Gimmick. Eine Porzelan-Statue zweier Fohlen ist ebenfalls ein Blickfang. Und wer das Wohnzimmer noch etwas durchstöbert, der wird weitere Nettigkeiten finden: ein Micky-Maus-Heft unter anderem. Das ist nicht nur als Dekoration eingeflossen in den Zeitungsständer, es ist ein Museumsstück mit handfestem Hintergrund: Denn innen drin findet sich eine ganze Seite Borussia. Sie ist Berti Vogts gewidmet im Rahmen der Reihe „Mickys Fußballalbum“.
Vogts traf im Übrigen auch an jenem 30. April, einem Donnerstagabend, gegen den Hamburger SV. Wie Herbert Laumen, Horst Köppel und Hartwig Bleidick. Der Tag vor dem 30. April ist auch ein historisches Datum für Gladbach. An dem schaffte Borussia 1978 das 12:0 gegen Borussia Dortmund, den bislang höchsten Sieg der Bundesliga. Der aber reichte, anders als das 4:3 1970, nicht zur Meisterschaft.
Begleitend zur Ausstellung gibt es einen Film, der im kleinen Kinosaal des Museums läuft und über das Meisterstück von 1970 hinaus das Leben Weisweilers als Borusse (erst Trainer, dann von Herzen) anhand vieler Zeitzeugen und imposanter Bilder nachzeichnet. „Ich bin ein Freund des offensiven Fußballs“, sagt Weisweiler da. Und Jupp Heynckes, bis heute bester Torjäger der Gladbacher und als Trainer mit Real Madrid und den Bayern Champions-League-Sieger, lässt wissen, dass Weisweiler „mein Trainer, mein Mentor und mein Freund war“. Es gibt auch ein 156 Seiten starkes, lesenswertes Magazin zur Ausstellung. Das ist jetzt schon erhältlich in den Fohlenshops. Bis man die Sonderschau real erleben kann, ist das Heft eine gute Vorbereitung auf das „Meisterstück“.