Rheinische Post Viersen

Ponyhof kämpft ums Überleben

Die Pferde von Familie Bongartz in Lüttelfors­t sind in Zwangsferi­en, das große Spielplatz­gelände ist gesperrt. Doch auch ohne Besucher muss der Betrieb weitergehe­n — und das sogar ohne Helfer.

- VON JANNETTA JANSSEN

SCHWALMTAL Bei schönem Wetter würden normalerwe­ise viele Kinder über den Hof von Familie Bongartz in Lüttelfors­t toben. Sie würden die vielen Fahrzeuge auf dem Gelände von Matthias Bongartz und seiner Frau Christa ausprobier­en. Sie würden im Heu spielen, auf den Ponys reiten. Sie würden ihre Geburtstag­e feiern, und Matthias Bongartz (77) würde sich pudelwohl fühlen. Doch jetzt ist es menschenle­er auf dem Ponyhof. Ein Flatterban­d versperrt den Zutritt zum Gelände.

„Wegen Corona geschlosse­n“, heißt es bei der Einfahrt auf den Ponyhof, daneben ein tränendes Auge. Wann und wie es weitergeht, weiß Betreiber Matthias Bongartz derzeit nicht. Aber er macht sich große Sorgen um die Versorgung seiner Pferde und um die Bewirtscha­ftung des elf Hektar großen Geländes, wenn es nicht bald wie gewohnt weitergehe­n kann. Bongartz ist eigentlich eine Frohnatur, hat immer einen flotten Spruch auf den Lippen. Doch nun ist er bedrückt.

Mit Herz und Seele betreibt er seit zehn Jahren den AB Ponyhof und das Maislabyri­nth in Lüttelfors­t. Doch ihm fehlen die Familien: „Unser Reichtum ist die Fröhlichke­it“, sagt er. Die Einnahmen liegen derzeit bei null Euro, die Kosten wie Strom oder Futter für seine vielen Tiere, allein 19 Ponys sind darunter, sind aber unveränder­t. Seine freiwillig­en Helfer musste er schweren Herzens nach Hause schicken. „Nur mein Sohn hilft noch mit und ein Mädchen. Das Gelände ist groß, wir halten Abstand“, erzählt der 77-Jährige.

Aus dem Anzug in die Gummistief­el schlüpft derzeit sein Sohn Thomas Bongartz, der eigentlich Banker ist, täglich nach der Arbeit. „Der

Papa würde das allein nicht mehr schaffen. Ich kann derzeit einige Überstunde­n abbauen, das hilft natürlich“, erklärt Thomas Bongartz, während er den Stall ausmistet. Derzeit fährt er schubkarre­nweise das Haar der Pferde raus, denn die verlieren gerade ihr Winterfell.

Matthias Bongartz macht zu schaffen, dass die Behörden alle, die ihm auf dem Ponyhof geholfen haben, nach Hause geschickt haben. Nun ist er fast auf sich allein gestellt. Morgens die Pferde auf die Weide bringen, sie nachmittag­s rein holen. Dann müssen die Weidenzäun­e repariert werden, Pfähle müssen gesetzt werden – und das alles mit so wenigen Leuten wie noch nie.

Damit die Kinder Anfang Juli das Maislabyri­nth erkunden können, hat Matthias Bongartz die Fläche bereits gesät und gepflügt. „Liebe Jung, komm mal her, du bist doch ein Zigeuner“, sagt Bongartz und klopft Pony Willi liebevoll auf den Rücken. Blacky ist der Chef unter den Ponys; Bennie, das Zwergpony, geht auf die 20 Jahre zu. Alle seine Tiere haben eine Geschichte, jedes Tier kennt er wie kein anderer auf dem Hof.

Die Gänse, ein Reh, weitere Pferde und ein schwarzes Schaf leben bei ihm und seiner Frau auf dem Privatgelä­nde. „Und der Ziegenbock, der geht auch gerne mal mit rein“, erzählt Matthias Bongartz und lacht. Eigentlich wollte der Schwalmtal­er in diesem Jahr einen neuen Betreiber für den Ponyhof finden. „Das muss ich wohl aufs nächste Jahr verschiebe­n“, sagt er. Ihm fehle das Traktorfah­ren, besonders wenn die Familien im Anhänger vor Freude quietschen würden, wenn er rasant in die Kurven geht.

Finanziell­en Hilfen hat Thomas Bongartz für seinen Vater beantragt, und die sind auch gekommen. „Aber die Hälfte davon ist auch schon wieder weg“, berichtet Matthias Bongartz und zieht die Schultern hoch. Auch sein Heuhotel ist derzeit geschlosse­n. Die Tiere würden merken, dass etwas anders ist. Pony Johnny vermisse seine Bezugspers­on: „Ein Mädchen hatte er besonders gern, das konnte alles mit ihm machen“, erzählt Bongartz bedrückt. Jetzt bekommt das Pony Streichele­inheiten von ihm. Eine Tonne Möhren die Woche verspeisen alleine seine 19 Ponys, dazu kommt das Kraftfutte­r.

Der Blick in den Himmel beunruhigt den Ponyhof-Betreiber zudem. „Die Natur ist jetzt schon wie im Hochsommer. Das ist ein Problem, denn dann müssen wir früher beregnen“, sagt er. Und damit sind weitere Kosten verbunden. Seine Wünsche für die Zukunft sind bescheiden. „Dass so schnell wie möglich die Kinder wieder hier heiter spielen“, nennt er als Wunsch. Doch die Menschen haben den Ponyhof nicht vergessen, wie einige Geschenke zeigen.

Diese Aufmerksam­keiten seien derzeit besonders wertvoll. Matthias Bongartz hält eins der Geschenke in die Höhe: drei Klopapier-Rollen: „Das Gold der Neuzeit, es sind gerade verrückte Zeiten“, sagt er und schüttelt lachend den Kopf.

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RP-FOTO: KNAPPE Matthias Bongartz sorgt sich um die Zukunft seines Ponyhofs. Im Augenblick muss der 77-Jährige die Arbeit dort fast ganz allein machen, denn seine Helfer musste er nach Hause schicken.

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