Gastronomen warnen vor schneller Öffnung
Manche Gastronomen sehnen sich danach, schnell wieder zum geregelten Betrieb zurückzukehren. Andere mahnen zur Vorsicht.
MÖNCHENGLADBACH Zuerst hieß es, die Gastronomie sei die letzte Branche, die mit Lockerungen rechnen darf. Nun kursiert zumindest in NRW ein Plan, der bereits für die zweite Maihälfte die Öffnung von Restaurants und Cafés vorsieht. Nähere Informationen wird es allerdings erst nach Konferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Länderchefs am 6. Mai geben. Während der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Dehoga für eine baldige Öffnung plädiert, sind Mönchengladbachs Gastronomen vorsichtiger.
„So schnell wie möglich“, wünscht sich der Mönchengladbacher Dehoga-Vorsitzende Andreas Graf die Öffnung. „Natürlich unter allen nötigen Vorkehrungen. Aber die Branche hat bereits einen hohen Hygienestandard.“Abstands- und erweiterte Hygieneregeln ließen sich innerhalb einer Woche organisieren. Die Kunden hätten sich inzwischen ohnehin auf die üblichen Maßnahmen eingestellt. Würde zu lange gewartet, könnten 30 Prozent der Betriebe wegfallen, weil sie insolvent seien. Damit ginge ein Stück Kultur in den Innenstädten verloren, mahnt Graf.
Gut gewappnet fühlt sich Tom Kleindiek vom Restaurant La Pampa. „Eine Wiedereröffnung im Mai wäre für uns ein Lichtblick“, sagt er. Sie sei auch nötig, damit Beschäftigte in der Gastronomie wieder ihrem Job nachgehen könnten. „Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist eine Öffnung dringend erwünscht.“Aber auch er warnt: „Aus gesundheitlicher Perspektive muss man natürlich sehr vorsichtig an die Sache herangehen.“Abstände von zwei Metern, Schutzmasken für das Personal und die Einhaltung der nötigen Hygienevorschriften seien für ihn kein Hindernis.
Etwas anders sehen das Oliver Segner und Kathrin Bisping vom Restaurant Mokka in der Gladbacher Innenstadt. „Die Gastronomie lebt doch vom Gefühl“, sagt Segner. Und Bisping
ergänzt: „Ich würde lieber noch etwas länger warten und dann mit weniger Einschränkungen öffnen.“Sie rechne damit, möglicherweise nur 30 Prozent der normalen Auslastung zu erreichen. Aus der finanziellen Not heraus werde es nötig sein, mit viel Abstand und möglicherweise sogar Acrylglasscheiben zwischen den Tischen zu starten. „Aber Spaß machen wird das nicht“, betont Segner. „Wir starten dann ja auch nicht mit vollem Personal. Das heißt, ich muss eine Auswahl treffen, wen ich aus der Kurzarbeit zurückhole.“Keine leichte Entscheidung.
„Nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen, sondern auch zur Wiederherstellung einer positiven Stimmung bei den Bürgern, bin ich absolut für eine vernünftige und stufenweise Öffnung der Gastronomie“, sagt Harald Gerstung, Wirt im Rheydter Ratskeller. Sollte sich die positive Entwicklung bei den Infektionszahlen fortsetzen, halte er die zweite Maihälfte für vertretbar. „Es ist bekannt, dass mit jedem weiteren geschlossenen Tag fast jedes Gastronomieunternehmen ernsthaft gefährdet ist.“Dies umso mehr, als auch Veranstaltungen, mit denen geplant worden sei, in seinem Fall etwa das Turmfest, ausfielen. Vorbereitet sei er: Namenslisten, Abstände, Hygienespender – all dies habe er in den Tagen vor der Schließung bereits eingerichtet. „Letztlich muss Gastfreundschaft mit größtmöglichem Schutz für Gäste und Mitarbeiter geboten werden.“
Sollte es so kommen, dass Gastronomen öffnen dürfen, aber bestimmte Abstände einhalten müssen, will Thorsten Neumann das Kette & Schuss vorerst im „Corona-Modus“belassen: „Wenn wir drinnen die Abstandsregeln einhalten, lohnt sich das finanziell nicht.“Da bleibe er lieber weiter beim Drive-in und richte für den Sommer einen Außenbereich ein. „,Schnell auf’ nützt uns nichts, wenn wir dann Zustände wie in Italien kriegen“, warnt er. Eine solche Entscheidung solle lieber reflektiert und mit dem Rat von Fachleuten getroffen werden. „Ich wünsche mir klare Definitionen der Vorgaben.“
„Volle Restaurants und Kneipen, in denen die Gäste dicht an dicht sitzen, darf es sicher auch nach den ersten Lockerungen nicht geben“, sagt Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein. Dessen sei sich die Branche bewusst. Es werde von den konkreten Vorgaben zum Infektionsschutz abhängen, inwieweit den Betrieben eine Teilöffnung helfe. 70 Prozent der Gastronomen würden den Abstand zwischen den Tischen vergrößern, die Hälfte plant, den Einlass der Kunden zu steuern. Das Aufstellen von Desinfektionsmittel und Hygienehinweisen ist obligatorisch.