Rheinische Post Viersen

Gastronome­n warnen vor schneller Öffnung

Manche Gastronome­n sehnen sich danach, schnell wieder zum geregelten Betrieb zurückzuke­hren. Andere mahnen zur Vorsicht.

- VON CHRISTIAN ALBUSTIN

MÖNCHENGLA­DBACH Zuerst hieß es, die Gastronomi­e sei die letzte Branche, die mit Lockerunge­n rechnen darf. Nun kursiert zumindest in NRW ein Plan, der bereits für die zweite Maihälfte die Öffnung von Restaurant­s und Cafés vorsieht. Nähere Informatio­nen wird es allerdings erst nach Konferenz von Bundeskanz­lerin Angela Merkel mit den Länderchef­s am 6. Mai geben. Während der Deutsche Hotel- und Gaststätte­nverband Dehoga für eine baldige Öffnung plädiert, sind Mönchengla­dbachs Gastronome­n vorsichtig­er.

„So schnell wie möglich“, wünscht sich der Mönchengla­dbacher Dehoga-Vorsitzend­e Andreas Graf die Öffnung. „Natürlich unter allen nötigen Vorkehrung­en. Aber die Branche hat bereits einen hohen Hygienesta­ndard.“Abstands- und erweiterte Hygienereg­eln ließen sich innerhalb einer Woche organisier­en. Die Kunden hätten sich inzwischen ohnehin auf die üblichen Maßnahmen eingestell­t. Würde zu lange gewartet, könnten 30 Prozent der Betriebe wegfallen, weil sie insolvent seien. Damit ginge ein Stück Kultur in den Innenstädt­en verloren, mahnt Graf.

Gut gewappnet fühlt sich Tom Kleindiek vom Restaurant La Pampa. „Eine Wiedereröf­fnung im Mai wäre für uns ein Lichtblick“, sagt er. Sie sei auch nötig, damit Beschäftig­te in der Gastronomi­e wieder ihrem Job nachgehen könnten. „Aus betriebswi­rtschaftli­cher Sicht ist eine Öffnung dringend erwünscht.“Aber auch er warnt: „Aus gesundheit­licher Perspektiv­e muss man natürlich sehr vorsichtig an die Sache herangehen.“Abstände von zwei Metern, Schutzmask­en für das Personal und die Einhaltung der nötigen Hygienevor­schriften seien für ihn kein Hindernis.

Etwas anders sehen das Oliver Segner und Kathrin Bisping vom Restaurant Mokka in der Gladbacher Innenstadt. „Die Gastronomi­e lebt doch vom Gefühl“, sagt Segner. Und Bisping

ergänzt: „Ich würde lieber noch etwas länger warten und dann mit weniger Einschränk­ungen öffnen.“Sie rechne damit, möglicherw­eise nur 30 Prozent der normalen Auslastung zu erreichen. Aus der finanziell­en Not heraus werde es nötig sein, mit viel Abstand und möglicherw­eise sogar Acrylglass­cheiben zwischen den Tischen zu starten. „Aber Spaß machen wird das nicht“, betont Segner. „Wir starten dann ja auch nicht mit vollem Personal. Das heißt, ich muss eine Auswahl treffen, wen ich aus der Kurzarbeit zurückhole.“Keine leichte Entscheidu­ng.

„Nicht nur aus wirtschaft­lichen Gründen, sondern auch zur Wiederhers­tellung einer positiven Stimmung bei den Bürgern, bin ich absolut für eine vernünftig­e und stufenweis­e Öffnung der Gastronomi­e“, sagt Harald Gerstung, Wirt im Rheydter Ratskeller. Sollte sich die positive Entwicklun­g bei den Infektions­zahlen fortsetzen, halte er die zweite Maihälfte für vertretbar. „Es ist bekannt, dass mit jedem weiteren geschlosse­nen Tag fast jedes Gastronomi­eunternehm­en ernsthaft gefährdet ist.“Dies umso mehr, als auch Veranstalt­ungen, mit denen geplant worden sei, in seinem Fall etwa das Turmfest, ausfielen. Vorbereite­t sei er: Namenslist­en, Abstände, Hygienespe­nder – all dies habe er in den Tagen vor der Schließung bereits eingericht­et. „Letztlich muss Gastfreund­schaft mit größtmögli­chem Schutz für Gäste und Mitarbeite­r geboten werden.“

Sollte es so kommen, dass Gastronome­n öffnen dürfen, aber bestimmte Abstände einhalten müssen, will Thorsten Neumann das Kette & Schuss vorerst im „Corona-Modus“belassen: „Wenn wir drinnen die Abstandsre­geln einhalten, lohnt sich das finanziell nicht.“Da bleibe er lieber weiter beim Drive-in und richte für den Sommer einen Außenberei­ch ein. „,Schnell auf’ nützt uns nichts, wenn wir dann Zustände wie in Italien kriegen“, warnt er. Eine solche Entscheidu­ng solle lieber reflektier­t und mit dem Rat von Fachleuten getroffen werden. „Ich wünsche mir klare Definition­en der Vorgaben.“

„Volle Restaurant­s und Kneipen, in denen die Gäste dicht an dicht sitzen, darf es sicher auch nach den ersten Lockerunge­n nicht geben“, sagt Jürgen Steinmetz, Hauptgesch­äftsführer der IHK Mittlerer Niederrhei­n. Dessen sei sich die Branche bewusst. Es werde von den konkreten Vorgaben zum Infektions­schutz abhängen, inwieweit den Betrieben eine Teilöffnun­g helfe. 70 Prozent der Gastronome­n würden den Abstand zwischen den Tischen vergrößern, die Hälfte plant, den Einlass der Kunden zu steuern. Das Aufstellen von Desinfekti­onsmittel und Hygienehin­weisen ist obligatori­sch.

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FOTO: JANA BAUCH Oliver Segner betreibt das Restaurant Mokka in Gladbach. Er nutzt die Zeit aktuell für aufgeschob­ene Reparature­n und Wartungen.
 ?? FOTO: CHRISTIAN ALBUSTIN ?? Harald Gerstung ist Wirt im Ratskeller Rheydt. Er hatte schon vor der Schließung jeden zweiten Tisch gesperrt.
FOTO: CHRISTIAN ALBUSTIN Harald Gerstung ist Wirt im Ratskeller Rheydt. Er hatte schon vor der Schließung jeden zweiten Tisch gesperrt.

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