Pommes-Kartoffeln sind jetzt Ladenhüter
Ein Großteil des Absatzes des Schwalmtaler Kartoffel-Großhändlers Weuthen landet in der Fritteuse. Doch weil wegen der Corona-Krise die Gastronomie geschlossen ist und Großveranstaltungen abgesagt sind, ist der Markt eingebrochen.
SCHWALMTAL „Wir schaffen das! Aber nur, wenn die Politik uns jetzt einen Ausweg zeigt und wir Planungssicherheit bekommen.“Das sagt Ferdi Buffen, Geschäftsführer des Schwalmtaler Kartoffel-Großhändlers Weuthen. Sars-CoV-2 und der damit einhergehende Lockdown haben das Unternehmen Wilhelm Weuthen in die wohl schwerste Krise in der 135-jährigen Firmengeschichte gestürzt. Ein Großteil des Umsatzes macht das Unternehmen mit Verarbeitungskartoffeln, die zu Pommes oder Chips weiterverarbeitet werden. Aber da Gaststätten und Kantinen geschlossen sind, ist der Absatz von Pommes und von Pommes-Kartoffeln eingebrochen.
In Bayern, wo Weuthen ein Tochterunternehmen hat, hat Buffen das Gros der 34 Mitarbeiter bereits in Kurzarbeit schicken müssen. Die 90-köpfige Weuthen-Belegschaft in NRW könnte es jeden weiteren Tag treffen. In der Zentrale in Waldniel blicken die 35 Mitarbeiter immer häufiger nach Düsseldorf oder Berlin, ob endlich eine zeitliche Perspektive für den Gastronomiebereich geboten wird.
Wie kaum ein anderer Geschäfts-zweig ist Weuthen abhängig von-Gastronomie und Tourismus. Gut besuchte Biergärten, einladende Gasthäuser, ausgelastete Hotels, volle Kantinen und ausgelassene Volksfeste und der damit verbundene Absatz von Pommes frites haben den Waldnieler Betrieb zu einem der größten Kartoffelhändler in Europa werden lassen.
Die schlanken Stängchen symboli-siert das Goldene Zeitalter der Kar-toffel. Auf dem Kartoffeltag, den Weuthen im vergangenen Spät-sommer nunmehr in 30. Auflage aufgezogen hat, haben sich nieder-ländische und belgische Frittener-zeuger die Klinke in die Hand ge-geben. Von den 1,7 Millionen Tonnen Kartoffeln, die Weuthen Jahr für Jahr in den Welthandel bringt, sind knapp 1,3 Millionen Tonnen Verarbeitungskartoffeln für Pommes.
Der Kartoffeltag Ende August 2020 musste abgeblasen werden, weil Großveranstaltungen bis 1. September verboten sind. Das ist nicht irgendeine Messe, sondern mit rund 400 Ausstellern einer der größten Kartoffel-Stelldicheins Europas. Die Expo der starken Knolle ist der Gradmesser im weltweiten Wettbewerb um den beliebten Erdapfel. Für die Region ist das vergleichbar mit der Absage des Münchener Oktoberfestes.
Der Blick vom Waldnieler Osten nach Düsseldorf und Berlin ist deshalb alles andere als abwartend. „Spätestens zu Pfingsten müssen die Schleusen wieder offener sein, sonst gehen die Leute auf die Bar-rikaden“, so die Einschätzung von Ferdi Buffen. Sonst werde nicht nur Weuthen, sondern eine ganze Branche
sehenden Auges gegen die Wand gefahren. „Ich sage das bei allem Respekt vor den Gesund-heitsvorkehrungen der Bundesre-gierung, die auch wir strikt befol-gen.“
In einem Punkt vermag der Dilkrather Ferdi Buffen, Jahrgang 1962 und seit vier Jahrzehnten bei Weuthen tätig, der Coronakrise etwas Gutes abzugewinnen. „Unsere Generation und unsere Kinder sind volle Regale gewohnt. Nun wissen sie vielleicht besser zu schätzen, welch wertvolle Lebensmittel die Landwirtschaft produziert und wie elementar wichtig dies für die Versorgung der Bevölkerung ist.“
Corona bedeutet für Weuthen „sehr große Umsatzverluste“und wirtschaftliche Schäden sowohl für das eigene Geschäft, aber auch für die Abnehmer und die Landwirte.
Wie sieht es bei der Pommes-Produktion aus?
75 Prozent der Kartoffeln, die in der Handelskette von Weuthen geliefert werden, landen als Pommes Frites auf dem Teller oder in der Tüte. Warum ist der Lockdown insbesondere für die Pommes-Produktion so einschneidend?
Zwei Drittel der Pommes-Kartoffeln werden außer Haus, vor allem auf Großveranstaltungen und Events verzehrt: Schützenfeste, Oktoberfest, Stadionbesuch, Maitanz, Vatertag, Pfingstfest et cetera.
Was bedeutet das für die Kartoffelernte
Wie sind die Auswirkungen auf die Weuthen-Belegschaft?
Stagnation statt Wachstum: Neueinstellungen oder die Besetzung der Ausbildungsplätze sind auf Eis gelegt. „Wir sind froh, wenn wir unsere Stammbelegschaft halten können“, sagt Ferdi Buffen. Den Saisonarbeitskräften hat Weuthen für den Sommer schon abgesagt.
Ist für die Kartoffelbranche Staatshilfe in Sicht?
Eher nicht. Weuthen ist zwar gemeinsam mit den Vertretern der
Wie ist die Stimmung bei den Kartoffelbauern?
Die Speisekartoffelanbauer – in NRW 20 Prozent der Anbaufläche – haben bisher einen positiven Marktverlauf zu verzeichnen. Die Stimmung unter den Pommes-Frites-Kartoffelanbauern ist hingegen im Keller, viele Betriebe fürchten um ihre Existenz.
Wie sieht’s bei den Direktvermarktern aus?
Bauernläden und Wochenmarkt-Beschicker haben von der Situation profitiert. Neben Hamsterkäufen in den Supermärkten haben sich dort die Verbraucher mit Lebensmitteln eingedeckt.