Gema kassiert beim Boom der Hauskonzerte mit
Wer auf eigenen Seiten streamt, muss Gebühren an die Rechtegesellschaft zahlen. Die will bei Härtefällen individuell reagieren.
DÜSSELDORF Seit Beginn der Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus lernen viele Menschen Wohnzimmer, Küchen oder Gärten ihrer Lieblingsmusiker kennen. Der von Zuhause aus ins Internet gestellte Live-Auftritt hat das Konzert vor Publikum ersetzt. Genau wie beim Live-Konzert müssen Musiker und Streaming-Anbieter sich allerdings Gedanken über die Abrechnung mit der Gema (Gesellschaft für musikalische Aufführungsrechte) machen. Das kann zu Kopfzerbrechen führen.
Kein Problem haben Musiker, deren bereits geplante und bei der Gema angemeldete Konzerte in die digitale Welt verlegen werden. Hier überträgt die Rechtegesellschaft die Gebühren einfach auf das neue Format. Keine Gedanken machen muss sich außerdem, wer seine Musik
auf Plattformen wie Facebook, Instagram oder Youtube streamt. Deren Inhaber haben pauschale Verträge mit der Gema. Musikerinnen wie Dota Kehr, die Fans in Erklär-Videos bei Facebook beibringt, wie man ihre Lieder auf der Gitarre spielt, kann das also weiter ungehindert tun.
Schwieriger wird es für Musiker, die auf eigenen Webseiten Live-Auftritte
streamen, oder neue Portale: Die Kölner Plattform Rausgegangen. de, die vor Corona Konzert-Ereignisse empfahl und eigene Reihen organisierte, nannte sich etwa kurzerhand um in Dringeblieben.de. Dort ist jetzt ein kuratiertes Programm von Live-Konzerten zu erleben. „Wir wollten uns nicht an die Algorithmen von Facebook oder Youtube binden“, sagt Tim Betzin, einer der drei Geschäftsführer, „deshalb haben wir – Kopf runter und Vollgas – in zwei Tagen einen eigenen Player für Live-Konzerte entwickelt.“
Auf Dringeblieben.de spielen Gruppen wie die Düsseldorf Düsterboys Konzerte. Die Fans am Bildschirm können das ohne Bezahlschranke genießen – und wenn sie wollen, eine freiwillige Spende abgeben. Immerhin über 1500 Euro kamen etwa für die Düsseldorf Düsterboys zusammen. „Insgesamt haben wir schon gut 180.000 Euro an Spenden gesammelt, über 90 Prozent davon gehen an die Künstler“, sagt Betzin.
Einen anderen Teil holt sich allerdings auch die Gema, deren bisherige Abrechnungsmodelle auf das plötzlich explodierende Streaming-Geschehen noch nicht besonders flexibel reagieren können: Abrechnen müssen Anbieter nach dem Tarif „VR-OD 10“für Musikinhalte
auf Webseiten. Für 72.900 Abrufe zahlt man da etwa 240 Euro (plus Steuern), bei 364.500 Abrufen (jeder Klick wird gezählt) sind schon 1200 Euro fällig. Für eine mittlerweile viel geklickte Plattform wie Dringeblieben.de können solche Summen das Ende des Geschäftsmodells bedeuten.
„Stellt die Vergütung eine unangemessene Härte dar für Kunden, die einen Live-Stream anbieten möchten, werden wir eine individuelle Lösung in diesen Fällen finden“, verspricht Gema-Sprecherin Christin Wenke-Ahlendorf. Um gleich dem Eindruck zu widersprechen, dass die Gema ihre Kunden beutele, verweist sie außerdem auf das umfangreiche Hilfspaket, das die Rechtegesellschaft für Mitglieder und Kunden für die aktuellen Krise zur Verfügung gestellt habe. Beim Thema Streaming muss die Gema trotzdem nacharbeiten.