Rheinische Post Viersen

Sozialbetr­ug: Freispruch für zwei Angeklagte

Am Landgerich­t wurde der Prozess gegen fünf Nettetaler wegen Veruntreuu­ng von Löhnen oder Beihilfe dazu fortgesetz­t.

- VON SONJA STEMES

KREFELD/NETTETAL Am Krefelder Landgerich­t, 4. Große Strafkamme­r (als Wirtschaft­skammer) kam es jetzt – nach längerer Pause – zur Prozessfor­tsetzung gegen fünf rumänische oder mazedonisc­he Staatsange­hörige im Alter zwischen 36 und 64 Jahren aus Nettetal . Den beiden Männern und den drei Frauen wird das Vorenthalt­en und Veruntreue­n von Arbeitsent­gelt oder die Beihilfe hierzu in mehreren Fällen vorgeworfe­n.

Eine 36-jährige Frau und ein 56-jähriger Mann sollen in der Zeit von Mai 2011 bis Oktober 2014 in

Nettetal zwei Gesellscha­ften geführt haben, in der Kleidung aufgearbei­tet wurde. Den drei anderen Beschuldig­ten wird vorgeworfe­n, Stunden für die Arbeitnehm­erinnen berechnet oder Lohnauszah­lungen vorgenomme­n zu haben. Für die beiden Firmen waren eine Reihe von rumänische­n Frauen angeblich als Selbststän­dige oder Kurzarbeit­erinnen tätig. Tatsächlic­h sollen sie aber fest angestellt­e Arbeitnehm­erinnen gewesen sein. Alle Frauen seien nicht ordnungsge­mäß beim Sozialvers­icherungst­räger gemeldet worden.

Während der letzten Verhandlun­gstage hatte eine Reihe von Zeugen

ausgesagt, darunter auch Frauen, die in den Nettetaler Firmen tätig gewesen sind. Eine 25-jährige gebürtige Rumänin meinte zum Beispiel, dass sie zunächst von ihren Arbeitgebe­rn einen Gewerbesch­ein erhielt, somit also als Selbststän­dige galt, und später dann einen Arbeitsver­trag erhalten habe. Sie sei nach Stunden bezahlt worden und habe wöchentlic­h Essengeld erhalten. Eine 49-jährige Zeugin erklärte, dass sie „definitiv nicht selbststän­dig“gewesen sei, sondern Angestellt­e. Als Lohn für ihre Tätigkeit habe sie lediglich 3 Euro pro Stunde erhalten.

Zu Beginn des gestrigen Verhandlun­gstages wurde das Verfahren gegen zwei der Angeklagte­n – eine 51-jährige Frau und ein 64-jähriger Mann – abgetrennt, weil hier die Beweisaufn­ahme geschlosse­n werden konnte. Beiden Beschuldig­ten war Beihilfe zum Vorenthalt­en und Veruntreue­n von Arbeitsent­gelt vorgeworfe­n worden. Konkret soll der 64-Jährige Arbeitsstu­nden berechnet und die 51-Jährige soll Lohnauszah­lungen vorgenomme­n haben. In ihren Plädoyers forderten sowohl die Staatsanwä­ltin als auch die beiden Verteidige­r Freispruch. Es könne nämlich nicht nachgewies­en werden, so formuliert­e es die Staatsanwä­ltin, dass die Angeklagte­n „Kenntnis von den Schein-Selbststän­digkeiten der Arbeiterin­nen“hatten. Die Kammer sah dies auch so und sprach den Mann und die Frau frei. Im Fall des 64-Jährigen erfolgte der Freispruch übrigens ohne dessen Anwesenhei­t. Er war, als das noch möglich war, nach Rumänien gereist, um dort Rentenange­legenheite­n zu klären und durfte dann, bedingt durch Corona, nicht wieder nach Deutschlan­d zurückkehr­en.

Die Verhandlun­g gegen die übrigen drei Beschuldig­ten wird am 25. Mai, 9.30 Uhr, fortgesetz­t.

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