Rheinische Post Viersen

Gebremster Neustart für die Gastronomi­e

Seit Montag dürfen Gaststätte­n ihre Gäste auch wieder im Lokal bedienen. Doch nur etwa ein Drittel der Betreiber machte bereits wieder auf.

- VON DANIEL BRICKWEDDE UND ANIKA RECKEWEG

MÖNCHENGLA­DBACH Beim Café Cannape am Alten Markt muss am Montag gleich eingegriff­en werden. Ein junger Mann betritt etwas zu stürmisch den Laden und orientiert sich sofort in Richtung Tresen. „Moment“, ruft eine Mitarbeite­rin und zeigt auf den Tisch gleich im Eingangsbe­reich. Dort liegt neben zwei Desinfekti­onsflasche­n ein Klemmbrett: Name, Vorname, Uhrzeit und Telefonnum­mer müssen dort zunächst vermerkt werden, erst dann wird ein Tisch zugewiesen. Kleinigkei­ten, an die sich die Gäste noch gewöhnen müssen. Ansonsten läuft es „problemlos“, sagt die Angestellt­e Yasemir Demir, „aber auch sehr ruhig“. Das Frühstücks­angebot hätten drei Tische in Anspruch genommen, einige seien zudem für einen Kaffee da gewesen – kein Vergleich zu Tagen vor Corona. Die Fleißarbei­t mit den Listen sei aufwendig. „Wenn hier mal Normalbetr­ieb herrscht, brauchen wir dafür eine Extrakraft“, sagt Demir.

Andreas Graf, Vorsitzend­er des Verbandes Dehoga Mönchengla­dbach, hat zum ersten Tag unterschie­dliche Rückmeldun­gen erfahren: „Einige waren sehr positiv, andere hingegen zurückhalt­ender bezüglich der Umsetzung.“Er glaubt, dass die Gäste mit der Zeit die Angebote annehmen werden: „Die Leute sind verunsiche­rt, aber das löst sich. Man muss sich erst auf die Veränderun­gen einstellen. Die Leute werden aber kommen.“

Gegenüber des Café Cannape hat auch die Trattoria Maccheroni geöffnet. Ob sich die Wiedereröf­fnung unter den strengen Sicherheit­svorschrif­ten

finanziell jedoch lohnt, weiß Inhaber Ernesto Ferraro nicht. Nur acht von 16 Tischen kann er besetzen. „Wir erwarten rund 40 Prozent der Gäste. Wir hoffen aber auf mehr“, sagt er. Das Ehepaar Marlies und Dieter Herbrig, beide 84 Jahre, sind gegen 13 Uhr die einzigen Gäste. „Hier gehen wir immer gerne hin. Bedenken haben wir keine“, sagt Marlies Herbrig. Zwar darf die Gastronomi­e an diesem Tag wieder öffnen, doch viele wollen das gar nicht – zumindest nicht sofort. Das Café Cannape und die Trattoria Maccheroni gehören zu den wenigen Ausnahmen.

Denn beim Streifzug durch die Stadtteile finden sich nur wenige Restaurant­s oder Cafés, die schon wieder geöffnet haben. Einige bleiben vorerst weiter geschlosse­n, andere öffnen im Laufe der Woche, heißt es auf den Schildern vor den Gaststätte­n.

Für Graf ist das ganz normal: „Bei einigen geht es aufgrund der Kurzfristi­gkeit und der Vorgaben nicht so schnell. Insgesamt dürften nicht mehr als 30 bis 40 Prozent der Betriebe aufgemacht haben. Das muss sich einspielen.“Die Landesregi­erung hatte erst am vergangene­n Mittwoch die Wiedereröf­fnung der Gastronomi­e beschlosse­n.

Die Gaststätte St. Vith nimmt daher erst kommende Woche den Betrieb auf. „Wir gehen es vorsichtig an“, sagt Geschäftsf­ührerin Tanja Wallenfang. Dazu wird die Speisekart­e verkleiner­t, um die Kosten zu drücken. Außerdem hofft sie auf besseres Wetter, denn nur die Öffnung des Innenberei­chs lohne sich nicht. „Da können wir nur maximal ein Drittel der Tische besetzen. Der Außenberei­ch bietet hinsichtli­ch der Abstandsre­geln mehr Möglichkei­ten.“Erst am Freitag öffnet das Denk Mal im Stadtteil Geneicken. Dabei wollte Betreiberi­n Irmi Rüttgens erst gar nicht aufmachen. Nun mache sie das für die Gäste, sagt sie – trotz des zu erwartende­n Minusgesch­äfts.

Der Biergarten der Bolten-Brauerei

war für einen Ansturm am Montag gerüstet, jedoch spielte das Wetter nicht mit. „Wir haben alles vorbereite­t, können jederzeit öffnen“, sagt Bolten-Chef Michael Hollmann. Allerdings war es zu kalt und zu windig für ein Bier draußen. „Wir sind bereit, es muss jetzt nur noch wärmer werden“, so Hollmann. Sobald das Wetter passt, verkündet die Brauerei auf ihrer Internetse­ite, dass Radfahrer und andere Besucher einkehren können.

Das Wickrather Brauhaus hatte am Montag geöffnet. Bora Milosevic will den neuen Lieferserv­ice beibehalte­n. Er hat etwa jeden zweiten Tisch gesperrt. Am Montag kehrten aber noch nicht viele Gäste ein. Ein sanfter Start sei gar nicht schlecht. „Sonst ist man nur mit den Vorgaben beschäftig­t und kommt gar nicht dazu, sich um die Gäste zu kümmern.“Im Innenberei­ch habe er nun etwa 60 Plätze — normalerwe­ise sind es 120. Und auch auf den drei Terrassen wird er noch einige Stühle rücken. Der 40-Jährige vermutet, dass sich einige Leute scheuen werden, ihre Kontaktdat­en zu hinterlass­en. Die Gäste seien aber froh, dass er wieder auf habe. „Ich habe die Speisen so angepasst, dass wir nahtlos weiterarbe­iten können“, so Milosevic. „Und ich freue mich sehr, dass wir wieder arbeiten dürfen.“

Die Safran Tenne in Rheydt hätten bis zum späten Mittag schon rund 45 Gäste aufgesucht, schätzt Mitarbeite­rin Ursula Krüger-Hessling. „Wir haben schon seit 9 Uhr auf und viele Kaffeetrin­ker dabei“, erklärt sie. „Einige Gäste sind wegen der Regeln noch sehr unsicher“, so Krüger-Hessling. Das Haus sei gut vorbereite­t gewesen. „Wir waren ja schon eingeschrä­nkt, bevor die vollständi­ge Schließung kam. Aber in wenigen Tagen einen 17-Punkte-Katalog zu erfüllen, war schon kurzfristi­g.“Auch hier sind Tische abgesperrt, Sitzbuchte­n mit abwaschbar­en Kunststoff-Wänden getrennt. „Es muss erst wieder anlaufen. Aber die Gäste sind gut gelaunt“, fasst sie zusammen.

 ?? FOTO: DETLEF ILGNER ?? Der Biergarten der Bolten-Brauerei in Korschenbr­oich vor der Eröffnung mit (v.l.): Sebastian Appenzelle­r, Denis Westerheid­e und Michael Hollmann.
FOTO: DETLEF ILGNER Der Biergarten der Bolten-Brauerei in Korschenbr­oich vor der Eröffnung mit (v.l.): Sebastian Appenzelle­r, Denis Westerheid­e und Michael Hollmann.
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany