Einkaufen am früheren Brauerei-Gelände
Am Areal der Schlossbrauerei in Schwalmal-Waldniel rollen die Bagger. Für einen kleinen zweistelligen Millionenbetrag entstehen ein neuer Discounter und eine Drogerie. Zur Erinnerung wird der Gambrinus-Brunnen wieder aufgebaut.
SCHWALMTAL Bagger in Aktion: immer wieder blieben am Dienstag Eltern mit ihren Kindern an der Roermonder Straße, Ecke Lüttelforster Straße stehen: Dort konnten sie beobachten, wie ein Bagger den noch am Samstag geöffneten Lidl-Markt sowie das direkt angrenzende Gebäude von Bäckerei Stinges und Metzgerei Esser lärmend niederriss. Der Nachwuchs war von der Baustelle begeistert – und die Schwalmtaler werden es wohl vom Ergebnis sein.
Zufrieden waren Schwalmtals Bürgermeister Michael Pesch (CDU) und sein allgemeiner Vertreter Bernd Gather beim Vor-Ort-Termin. „Es hat über 20 Jahre gedauert, für das Gelände der früheren Schlossbrauerei eine Nachfolgelösung zu finden“, sagte Gather. Ein Grund für die lange Entwicklungsphase: So seien die Verkaufsverhandlungen zwischen Eigentümern und dem Kaufinteressenten wegen unterschiedlicher Preisvorstellungen schwierig gewesen. Beim Inestitionsvolumen nannten Lidl-Vertreter einen kleinen zweistelligen Millionen-Betrag.
Bürgermeister Pesch erinnerte an die anfängliche Überlegung, die Fläche für Wohnungen und Gastronomie zu nutzen. Seit zwei Jahren existieren die Pläne für schöneres Einkaufen unweit des Waldnieler Zentrums: Der Discounter Lidl vergrößert seine Verkaufsfläche an seinem einzigen Standort in der Gemeinde; zudem öffnet dort Rossmann seine erste Filiale in Schwalmtal auf 700 Quadratmetern. Die Zahl der Parkplätze wird um rund ein Drittel auf 87 erhöht.
Besondere Anforderung gab es bei der Planung wegen der Topographie des Geländes, auf dem ein starkes Gefälle herrscht. „Zudem mussten wir Auflagen des Lärmschutzes erfüllen“, sagt Daniela Bittner, bei Lidl zuständig für den Bereich Immobilien. Deshalb wurde die Anlieferung verlegt; auch die Einkaufswagen werden mit geräuscharmen Rollen ausgestattet werden. „Dieser Markt gehörte mit der Eröffnung im September 1995 zu den ältesten in meinem Bereich“, erläutert Bittner. Das alte Gebäude mit einer Verkaufsfläche von 707 Quadratmetern wird jetzt abgerissen, damit dort ein moderner Nachfolger Platz findet: Die Verkaufsfläche umfasst 1150 Quadratmeter; dabei ist das Sortiment
angepasst an die Vorgaben zum Zentrenrelevanten Einzelhandel..
„Eine Besonderheit ist ein begrüntes Dach“, so Daniela Bittner. Durch die Umstellung auf ein LED-Beleuchtungskonzept könnten 40 Prozent Strom und 30 Prozent
CO2 eingespart werden. Dadurch sei auch der Kühlaufwand geringer. Weitere Energie soll eingespart werden durch bodentiefe Schaufenster; dadurch soll das natürliche Licht genutzt werden. Zudem werden auf den Parkplatz zwei E-Lade-Säulen installiert.
Zur Erinnerung an die frühere Nutzung der Fläche für die Schlossbrauerei soll der Gambrinus-Brunnen im Kreisverkehr wieder aufgebaut werden. „Der Kreisverkehr bleibt erhalten, soll aber durch Sitzgelegenheiten einen Verweilcharakter erhalten“, erläutert Bernd Gather die Pläne.
Das Areal war Jahrzehnte mit dem Namen der „Schloß-Brauerei“verbunden. Gegründet am 1. Mai 1880 als „Bayrische Exportbierbrauerei Heinrich Leven“, legte Leven damit den Grundstein für eine 116-jährige Geschichte des Bierbrauens in Schwalmtal-Waldniel. Im Karneval wurde mit „Prinzensud“angestoßen, zur Fastenzeit gab es „Jubel-Bock“mit sieben Prozent und als Spezialität kam „Schwalmtal Caramel“weit über die Grenzen hinaus in die Biergläser. Neben besonderen Bieren wurden Pils, Alt und Export hergestellt. Im Jahr 1906 folgte die Umbenennung: Der Sohn des Firmengründers wählte den Namen „Schloß-Brauerei“– der Überlieferung zufolge, weil er mit Eduard Roßbach eng befreundet war. Und dessen Familie gehörte das Schloss Clee, das der Brauerei gegenüber lag. Gehörte das Unternehmen noch Anfang der 1970er Jahre zu den größten Bierproduzenten, begann 20 Jahre später der Abstieg. Im Jahr 1996 wurde der Sudturm abgerissen.
An die Glanzzeit soll der Gambrinus-Brunnen erinnern. Er wurde 1972 eingeweiht, aus seinen Hähnen soll bei Festen goldener Gerstensaft geströmt sein. Darauf müssen die Schwalmtaler 2020 wohl verzichten.