Rekordjahr für Versicherer Arag
Vorstandschef Paul-Otto Faßbender nimmt mit Bestmarken seinen Abschied.
DÜSSELDORF Beim Versicherungskonzern Arag geht am 4. Juli eine Ära zu Ende. Dann verabschiedet sich der bisherige Vorstandsvorsitzende Paul-Otto Faßbender aus dem Tagesgeschäft. Sein längst auserkorener Nachfolger wird Renko Dirksen, der aber „nur“noch Vorstandssprecher wird, also Primus inter pares. Faßbender selbst möchte in den Aufsichtsrat wechseln; außerdem bleibt er Vorstandsvorsitzender der Dachgesellschaft Arag Holding SE. Aber das operative Geschäft findet ab dem zweiten Halbjahr ohne Mitwirkung der Familie statt. Ein radikaler Wandel in der Geschichte des Konzerns, der stets Wert auf die Tatsache gelegt hat, ein Familienunternehmen zu sein. Beteiligt am Unternehmen sind noch Paul-Otto Faßbender (77,25 Prozent der Anteile) und seine Schwester Petra (22,75 Prozent).
Faßbenders Abschied ist nicht nur wegen der langen Amtszeit denkwürdig, sondern auch insoweit, als er mitten in die Corona-Krise fällt und den Konzern somit gezwungen hat, die traditionelle Pressekonferenz zu einer reinen Online-Veranstaltung zu machen. Dafür endet die Ära des Mehrheitseigentümers an der Konzernspitze mit Bestmarken. Erstmals sind die Beitragseinahmen
im Inland auf mehr als eine Milliarde Euro gestiegen. Verdient hat die Arag unter dem Strich den Rekordbetrag von 77,5 Millionen Euro, was mehr als eine Verdoppelung des Jahresüberschusses aus dem Vorjahr bedeutet. Das Rechtsschutz-Geschäft wächst im Inland deutlich (plus 5,3 Prozent), im Ausland noch stärker (9,9 Prozent), auch Kranken- und Kompositversicherung legen zu. Das Kapitalanlage-Ergebnis hat sich verdoppelt. Insgesamt sind die Beitragseinnahmen um 6,6 Prozent auf 1,76 Milliarden Euro gestiegen. In Deutschland hat die Arag etwa 2,2 Millionen
Kunden, das sind vier Prozent mehr als im Vorjahr.
Mehr kann man sich zum Abschied kaum wünschen. Dass das im laufenden Jahr so weitergeht, erwartet allerdings angesichts der Pandemie niemand. Entsprechend hat der künftige Vorstandssprecher Dirksen die Latte vorsorglich schon mal niedriger gehängt. Die Beitragseinnahmen sind im ersten Quartal zwar noch um 6,5 Prozent auf 530 Millionen Euro gewachsen, doch an eine Fortsetzung des Trends glaubt er nicht. Und sagt schon jetzt: „Unser Beitragsziel von 1,84 Milliarden Euro für 2020 wird nicht zu erreichen sein.“Man sei aber zuversichtlich, dass man das Niveau des Vorjahres werde halten können. Eine Prognose für den weiteren Geschäftsverlauf sei aber nicht möglich.
Die Krise verändert nicht nur das Zahlenwerk, sondern auch das Miteinander bei der Arag. „Wir alle leben in einem Krisenmodus, privat wie beruflich“, so Faßbender. Etwa 95 Prozent der Belegschaft sind nach Vorstandsangaben im Homeoffice. „Das Unternehmen läuft aktuell national wie international hocheffizient ohne klassische Präsenzarbeit im Büro. Hieraus ergäben sich eben sich neue Ideen für Arbeitsmodelle, „die möglicherweise viel näher an den Bedürfnissen der Belegschaft liegen“, so Dirksen.