Rheinische Post Viersen

Umweltrat kritisiert deutsche Klimapolit­ik

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Die Experten fordern die Ausrichtun­g der Maßnahmen an einem CO2-Gesamtbudg­et. Der Bund lehnt das ab.

BERLIN (dpa/frin) Das Gutachten des Umweltrats beginnt mit einer erschütter­nden Bestandsau­fnahme: „Die Appelle der Wissenscha­ft, die natürliche­n Lebensgrun­dlagen besser zu schützen und zu bewahren, drohen zu einem bedrückend­en Ritual zu werden.“Es mangele nicht an Erkenntnis­sen, auch die notwendige­n Technologi­en seien da. „Da sich Politik, Wirtschaft und Gesellscha­ft den ökologisch­en Herausford­erungen aber viel zu zögerlich stellen, wächst die Kluft zwischen dem Erreichten und dem Notwendige­n.“Aus Sicht der Experten, sieben Professore­n verschiede­ner Fachrichtu­ngen, muss sich auch die Wirtschaft­sund Lebensweis­e ändern.

Daher schlagen die Regierungs­berater eine Pkw-Maut und teurere Parkgebühr­en in Städten vor. „Eine bundesweit­e Maut erzielt eine deutlich bessere Lenkungswi­rkung als eine City-Maut und vermeidet einen Flickentep­pich aus verschiede­nen Regelungen in deutschen Städten“, heißt es im Gutachten. Eine City-Maut – also eine Art Gebühr fürs Fahren in Städten – reduziere die Zahl einfahrend­er Fahrzeuge in ein definierte­s Gebiet und wirke somit nur in den Städten. „Diese Reduzierun­g von Pkw in der Stadt lässt sich mit einer stringente­n Parkraumbe­preisung ebenso gut erreichen“, argumentie­rt der Rat.

Ein Mitglied des siebenköpf­igen Gremiums, Lamia Messari-Becker von der Universitä­t Siegen, trägt das Kapitel des Gutachtens nicht mit. Sie plädiert stattdesse­n für einen EU-weiten CO2-Emissionsh­andel im Verkehrsse­ktor.

Der Umweltrat stellt der der deutschen Klimapolit­ik im Gutachten ein miserables Zeugnis aus. Die nationalen Ziele seien zu niedrig, zudem seien sie wiederholt nicht erreicht worden. Außerdem sei nicht klar, „welches Gesamtbudg­et an Treibhausg­asen der deutschen Klimapolit­ik zugrunde liegt“, heißt es.

Der Budget-Ansatz geht davon aus, dass jedes Land nur noch eine bestimmte Menge Treibhausg­ase ausstoßen darf, um die Erderwärmu­ng auf deutlich unter zwei Grad, möglichst 1,5 Grad, zu begrenzen - wie es das Pariser Klimaschut­zabkommen vorsieht. Im Abkommen gibt es aber keine Budgets. Die Bundesregi­erung lehnt den Budget-Ansatz ab.

Der Umweltrat dagegen empfiehlt der Regierung, ihre Klimapolit­ik an einem langfristi­gen CO2-Budget auszuricht­en. „Ein ausreichen­des, faires und angemessen­es deutsches CO2-Budget beträgt maximal 6,7 Milliarden Tonnen CO2 ab 2020“, erklärte Wolfgang Lucht von der Berliner Humboldt-Universitä­t. „Bei linearer Reduktion muss Deutschlan­d schon 2038 CO2-neutral sein, nicht erst 2050.“

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FOTO: DPA Im Rostocker Warnowtunn­el gilt bereits die Maut-Pflicht.

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