„Von Rebellion kann keine Rede sein“
Der Vize-Präsident des DFB über Ärger von Vereinen in der 3. Liga und finanzielle Belastungen durch Corona.
DÜSSELDORF Nach der ersten und der zweiten Bundesliga bereitet sich nun auch die dritte Fußballliga auf einen Neustart vor. Das Stimmungsbild, was die Rückkehr zum Spielbetrieb betrifft, ist extrem gespalten. Peter Frymuth ist als Vize-Präsident des DFB für die Spielklasse zuständig. Er ist auch Aufsichtsratsmitglied von Fortuna Düsseldorf.
Herr Frymuth, haben Sie Angst vor einer Rebellion gegen den DFB in der 3. Liga?
FRYMUTH Moment. Eine Rebellion würde eine signifikante Mehrheit voraussetzen. Davon kann hier keine Rede sein. Es wird teilweise ein völlig falsches Bild vermittelt. Der Ausschuss 3. Liga hat die klare Empfehlung ausgesprochen, den Spielbetrieb – sobald erlaubt – wiederaufzunehmen. Die Mehrheit der Vereine arbeitet konzentriert darauf hin. Wir machen nichts, weil wir es unbedingt wollen. Unsere Aufgabe als Ligaträger ist es, die Saison sportlich zu Ende zu bringen. Es gibt Verpflichtungen für Verband und Klubs, unter anderem im Rahmen der Zentralvermarktung.
Der DFB drängt darauf, die Saison zu Ende zu spielen. Einige Vereine wollen das nicht und wehren sich öffentlich.
FRYMUTH Es sind einige Vereine, ja. Aber es ist bei Weitem nicht die Mehrheit. Auch das aktuelle Tabellenbild spielt in den einzelnen Betrachtungen sicher eine Rolle. Wir müssen die Interessen von allen im Blick behalten. Wichtig ist, dass alle lösungsorientiert denken, weniger problemorientiert. Gerade die lautesten Kritiker sind angehalten, ihre konkreten Alternativen aufzuzeigen. Der FC Carl Zeiss Jena hat dazu heute in einem offenen Brief einen Anfang gemacht. Ein solches Vorgehen begrüßen wir.
Reiner Haseloff, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, hat unlängst darüber geklagt, es sei unerträglich, wie viel Druck der DFB auf Politik und Vereine ausübe. In dem Bundesland darf bis zum 27. Mai kein Wettkampfsport und damit auch kein Training stattfinden. Können Sie seinen Ärger verstehen?
FRYMUTH Wir müssen seine Äußerungen ernst nehmen, aber richtig nachvollziehen kann ich sie nicht. Ich war nicht bei den Gesprächen dabei, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass DFB-Präsident Fritz Keller und Generalsekretär Friedrich Curtius Druck ausgeübt haben. Das haben beide auch deutlich gemacht. Sie haben über mögliche Szenarien informiert. Die Konsequenzen aus dem weiteren Vorgehen sind erheblich. Sie sind den Vereinen auch schon länger bekannt.
Empfinden Sie es nicht als ungerecht, dass die Klubs aus Halle und Magdeburg sich derzeit überhaupt nicht auf eine Fortsetzung der Saison vorbereiten können, der KFC Uerdingen in NRW dagegen schon wieder fleißig trainieren darf? FRYMUTH Es gibt einen Ausschuss 3. Liga. Der ist dafür da, die Interessenslage von allen Beteiligten einzusammeln. Bisher ist noch kein offizieller Vorschlag aus Sachsen-Anhalt eingegangen. Wie würde es nach einem selbst gewählten Abbruch weitergehen? Klar ist: In der Corona-Krise kann es die Lösung, die allen gerecht wird, nicht geben. Da gibt es natürlich Härtefälle, übrigens nicht nur im Fußball.
Sie wollen es also irgendwie zu Ende spielen.
FRYMUTH Priorität hat die Gesundheit. Die Entscheidung darüber treffen die Politik und die Gesundheitsbehörden,
sie geben den Rahmen mit ihrer Expertise vor. Wir hoffen von dort auf ein baldiges, übergeordnetes Signal, ob die 3. Liga den Spielbetrieb wiederaufnehmen kann. Der DFB ist statuarisch und per Zulassungsvertrag in der Pflicht, Spielbetrieb anzubieten und eine sportliche Lösung zu realisieren. Würde nicht weitergespielt werden können, hätte das erhebliche Auswirkungen.
Die 3. Liga geht in ihr zwölftes Jahr als Spielklasse. Ist es die härteste Bewährungsprobe für das Konstrukt?
FRYMUTH Ja.
Viele Klubs ächzen seit Jahren unter finanziellen Belastungen. Fürchten Sie, dass einige in der nächsten Saison nicht mehr dabei sind?
FRYMUTH Aktuell haben wir dafür keine konkreten Anzeichen. Die Rahmenbedingungen sind nicht einfach. Daher wurde auch das Zulassungsverfahren gelockert. Aus wirtschaftlichen Gründen wird es keine Zulassungsverweigerungen geben.
Könnte der DFB zur Not einspringen und besonders klamme Klubs unterstützen?
FRYMUTH Das ist alleine aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Der DFB darf Klubs im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nicht direkt bezuschussen. Der DFB nimmt die Zentralvermarktung für die 3. Liga vor, diese Einnahmen werden an die 20 Klubs ausgeschüttet. Das sind mehr als 20 Millionen Euro pro Saison. Hinzu kommen knapp drei Millionen Euro aus dem Nachwuchsfördertopf. Die Kassen beim DFB sind aufgrund der Corona-Krise ohnehin nicht prall gefüllt. Bis Ende September wird der Verband ohne Länderspiele Verluste von rund 55 Millionen Euro machen. Wir alle müssen den Gürtel enger schnallen.
Muss es im Fußball noch mehr Solidarität zwischen den Großen und Kleinen geben?
FRYMUTH Solidarität ist wichtiger denn je. Es gab viele gute Signale. Die vier deutschen Vertreter in der Champions League haben 7,5 Millionen Euro zur Unterstützung der Frauen-Bundesliga und der 3. Liga zur Verfügung gestellt. Doch Solidarität muss auch innerhalb der 3. Liga gelten. Durch das öffentliche Auftreten von einigen Vertretern läuft man Gefahr, schweren Schaden anzurichten.
Glauben Sie, dass die Bundesliga zu Ende gespielt werden kann? FRYMUTH Ich hoffe es sehr.
Warum wird der Fußball in diesen Tagen so kritisch beäugt?
FRYMUTH Der Nährboden dafür ist schon in der Zeit vor Corona entstanden. Das hat mit verschiedenen Auswüchsen in der Branche zu tun. Der Fußball ist in eine Richtung gegangen, die sich immer weiter von den Fans entfernt hat. Wir müssen das alles aufarbeiten und vernünftige Schlüsse ziehen.