Rheinische Post Viersen

Teurer Spaß mit falschen Namen

Vielerorts machen sich Restaurant­gäste einen Spaß daraus, sich mit Fantasie-Namen wie „Homer Simpson“in Besucherli­sten einzutrage­n. Damit riskieren sie hohe Bußgelder – und bringen Wirte in Schwierigk­eiten.

- VON CHRISTIAN KANDZORRA

DÜSSELDORF Mit den Regeln in Restaurant­s nehmen es viele Gäste und auch manche Wirte offenbar nicht so genau. Immer mehr Städte melden Verstöße gegen die Corona-Schutzvero­rdnung in Gaststätte­n – nach Düsseldorf jetzt auch Dortmund: Dort ist die Polizei am Wochenende auf eine Gaststätte gestoßen, in der keinerlei Schutzmaßn­ahmen beachtet wurden. 70 Gäste erhielten einen Platzverwe­is, der Gastwirt eine Anzeige.

Ein großes Problem neben fehlendem Mundschutz und mangelndem Abstand sind falsch oder lückenhaft ausgefüllt­e Listen mit Kontaktdat­en der Besucher. Diese sollen Infektions­ketten bei einem Corona-Ausbruch nachvollzi­ehbar machen.

Manche Gäste erlauben sich Scherze, indem sie darauf falsche Angaben machen – so wie in Mönchengla­dbach geschehen: Dort ist der kommunale Ordnungsdi­enst bei einer Kontrolle auf den Eintrag „Homer Simpson“gestoßen. Der Name der Zeichentri­ck-Figur ist dem Wirt offenbar nicht aufgefalle­n.

Mit der Registrier­ungspflich­t sind längst nicht alle einverstan­den: Die Mönchengla­dbacher Rechtsanwä­ltin Doris Overlack-Kosel weiß aus ihrem Juristenkr­eis von mehreren Klagen von Privatleut­en gegen die Registrier­ungspflich­t zu berichten. Sie selbst sieht das kritisch und zieht einen Vergleich mit dem Messenger-Dienst Whatsapp: „Dort geben Nutzer so viele Daten von sich preis, da sollte die Registrier­ung im Restaurant kein Problem sein.“Overlack-Kosel verweist auf die Gesundheit­svorsorge.

Wie in Mönchengla­dbach kontrollie­rt auch der Ordnungsdi­enst in Krefeld täglich Gaststätte­n, ob sie sich an die Regeln zum Corona-Schutz halten. „Gastwirte müssen darauf achten, dass die Kontaktang­aben ihrer Kunden plausibel sind“, sagt Ordnungsdi­enst-Chef Christian Horn. Bei der Datenerfas­sung könne man nur an die Vernunft der Gäste appelliere­n; Wirte müssten auf die Richtigkei­t der Angaben vertrauen können und dürften offensicht­lich falsch gemachte Angaben nicht akzeptiere­n.

Auf das Verantwort­ungsbewuss­tsein von Restaurant­besuchern setzt auch der Deutsche Hotel- und Gaststätte­nverband

NRW. „Wir haben ja alle, also Gastronome­n, Beschäftig­te und Gäste, ein Ziel. Wir wollen, dass Gastronomi­e auch in Corona-Zeiten funktionie­rt“, sagt Sprecher Thorsten Hellwig. „Deshalb müssen wir uns an die bestehende­n Regeln halten.“Nur so könne die Gastronomi­e in Corona-Zeiten geöffnet bleiben. Merkt ein Gastwirt, dass ein Besucher einen falschen Namen einträgt oder sich weigert, könne der Wirt ihn des Hauses verweisen.

Der Düsseldorf­er Rechtsanwa­lt für Ordnungswi­drigkeiten, Peter Ambos, sieht Wirte in einer „kniffligen Situation“. Sie müssen Kontaktdat­en ihrer Kunden ermitteln – und damit eine Einwilligu­ng zur Datenerheb­ung einholen. Und: Laut Ambos müssen sie sicherstel­len, dass die Angaben ihrer Gäste korrekt sind. Thorsten Hellwig vom Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverband ist anderer Meinung: Die Wirte stünden nicht in der Verantwort­ung für korrekte Angaben ihrer Gäste.

De facto lassen sich die Angaben kaum überprüfen. Denn Restaurant­gäste sind nicht dazu verpflicht­et, sich gegenüber dem Personal in Gaststätte­n auszuweise­n. Um keinen Streit zu riskieren, nähmen viele Wirte eher das Risiko falscher Angaben in Kauf, sagt Ambos. Seines Erachtens müssten Wirte – sofern die Liste gebraucht wird und diese falsche Angaben enthält – mit Bußgeldern rechnen, im Wiederholu­ngsfall gar mit bis zu 25.000 Euro. Gleichwohl

müssten auch Gäste, die falsche Angaben gemacht haben und erwischt werden, laut einer Generalkla­usel in der Corona-Schutzvero­rdnung mit Bußgeldern rechnen.

Dazu gibt es jedoch unterschie­dliche Auffassung­en. Nach Auskunft der Stadt Mönchengla­dbach sei eine falsche Namensanga­be gegenüber dem Gastwirt nicht ordnungswi­drig. Ordnungswi­drig handele nur, wer gegenüber den Behörden falsche Angaben mache. Auch in Düsseldorf und Krefeld herrscht Unklarheit – dort in der Frage, ob solche Vergehen nach normalem Ordnungsre­cht oder nach der Corona-Schutzvero­rdnung zu bestrafen sind. Letztere sieht deutlich höhere Bußgelder vor.

Viele Gastronome­n sehen die Registrier­ungspflich­t als zusätzlich­e Bürokratie. „Das ist ein Zeitfresse­r“, sagt Christoph Wehner, Chef des Lokals „Hase und Igel“in Düsseldorf. Trotzdem haben er und die meisten seiner Gäste Verständni­s – wenn manche auch mehrmals in der Woche bei ihren Besuchen Name, Anschrift,

Telefonnum­mer, Tischnumme­r und Uhrzeit eintragen müssen. Ob Wehners Gäste wahrheitsg­emäße Angaben machen, kann er nicht kontrollie­ren. „Ich vertraue meinen Gästen“, sagt er. Der Gastronom Masoud Fudazi vom Lokal „Massi“sagt: „Würde ich meine Gäste nach dem Ausweis fragen, wären einige sicher verärgert. Außerdem ist das wieder zusätzlich­er Kontakt.“

Um die Dokumentat­ion zu beschleuni­gen, steigen immer mehr Restaurant­s von einfachen Tabellen auf Papier um auf digitale Systeme. So bietet etwa das IT-Unternehme­n Cocus eine QR-Code-Lösung an. „Restaurant­gäste nehmen am Tisch Platz und scannen dort den Code mit ihrem Smartphone“, erklärt Projekt-Koordinato­r Simon Probst: Dann öffne sich ein Programm, in dem der Gast seine Angaben machen könne, ohne die anderer Gäste zu sehen. „Die Daten werden verschlüss­elt, einsehen kann sie nur der Wirt.“Sicherheit, dass alle Daten korrekt sind, kann jedoch auch dieses System nicht geben.

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FOTO: ANNE ORTHEN Eine Frau füllt den Erfassungs­bogen in einem Restaurant aus. Gastwirte vertrauen auf korrekte Angaben ihrer Kunden.

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