Teurer Spaß mit falschen Namen
Vielerorts machen sich Restaurantgäste einen Spaß daraus, sich mit Fantasie-Namen wie „Homer Simpson“in Besucherlisten einzutragen. Damit riskieren sie hohe Bußgelder – und bringen Wirte in Schwierigkeiten.
DÜSSELDORF Mit den Regeln in Restaurants nehmen es viele Gäste und auch manche Wirte offenbar nicht so genau. Immer mehr Städte melden Verstöße gegen die Corona-Schutzverordnung in Gaststätten – nach Düsseldorf jetzt auch Dortmund: Dort ist die Polizei am Wochenende auf eine Gaststätte gestoßen, in der keinerlei Schutzmaßnahmen beachtet wurden. 70 Gäste erhielten einen Platzverweis, der Gastwirt eine Anzeige.
Ein großes Problem neben fehlendem Mundschutz und mangelndem Abstand sind falsch oder lückenhaft ausgefüllte Listen mit Kontaktdaten der Besucher. Diese sollen Infektionsketten bei einem Corona-Ausbruch nachvollziehbar machen.
Manche Gäste erlauben sich Scherze, indem sie darauf falsche Angaben machen – so wie in Mönchengladbach geschehen: Dort ist der kommunale Ordnungsdienst bei einer Kontrolle auf den Eintrag „Homer Simpson“gestoßen. Der Name der Zeichentrick-Figur ist dem Wirt offenbar nicht aufgefallen.
Mit der Registrierungspflicht sind längst nicht alle einverstanden: Die Mönchengladbacher Rechtsanwältin Doris Overlack-Kosel weiß aus ihrem Juristenkreis von mehreren Klagen von Privatleuten gegen die Registrierungspflicht zu berichten. Sie selbst sieht das kritisch und zieht einen Vergleich mit dem Messenger-Dienst Whatsapp: „Dort geben Nutzer so viele Daten von sich preis, da sollte die Registrierung im Restaurant kein Problem sein.“Overlack-Kosel verweist auf die Gesundheitsvorsorge.
Wie in Mönchengladbach kontrolliert auch der Ordnungsdienst in Krefeld täglich Gaststätten, ob sie sich an die Regeln zum Corona-Schutz halten. „Gastwirte müssen darauf achten, dass die Kontaktangaben ihrer Kunden plausibel sind“, sagt Ordnungsdienst-Chef Christian Horn. Bei der Datenerfassung könne man nur an die Vernunft der Gäste appellieren; Wirte müssten auf die Richtigkeit der Angaben vertrauen können und dürften offensichtlich falsch gemachte Angaben nicht akzeptieren.
Auf das Verantwortungsbewusstsein von Restaurantbesuchern setzt auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband
NRW. „Wir haben ja alle, also Gastronomen, Beschäftigte und Gäste, ein Ziel. Wir wollen, dass Gastronomie auch in Corona-Zeiten funktioniert“, sagt Sprecher Thorsten Hellwig. „Deshalb müssen wir uns an die bestehenden Regeln halten.“Nur so könne die Gastronomie in Corona-Zeiten geöffnet bleiben. Merkt ein Gastwirt, dass ein Besucher einen falschen Namen einträgt oder sich weigert, könne der Wirt ihn des Hauses verweisen.
Der Düsseldorfer Rechtsanwalt für Ordnungswidrigkeiten, Peter Ambos, sieht Wirte in einer „kniffligen Situation“. Sie müssen Kontaktdaten ihrer Kunden ermitteln – und damit eine Einwilligung zur Datenerhebung einholen. Und: Laut Ambos müssen sie sicherstellen, dass die Angaben ihrer Gäste korrekt sind. Thorsten Hellwig vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband ist anderer Meinung: Die Wirte stünden nicht in der Verantwortung für korrekte Angaben ihrer Gäste.
De facto lassen sich die Angaben kaum überprüfen. Denn Restaurantgäste sind nicht dazu verpflichtet, sich gegenüber dem Personal in Gaststätten auszuweisen. Um keinen Streit zu riskieren, nähmen viele Wirte eher das Risiko falscher Angaben in Kauf, sagt Ambos. Seines Erachtens müssten Wirte – sofern die Liste gebraucht wird und diese falsche Angaben enthält – mit Bußgeldern rechnen, im Wiederholungsfall gar mit bis zu 25.000 Euro. Gleichwohl
müssten auch Gäste, die falsche Angaben gemacht haben und erwischt werden, laut einer Generalklausel in der Corona-Schutzverordnung mit Bußgeldern rechnen.
Dazu gibt es jedoch unterschiedliche Auffassungen. Nach Auskunft der Stadt Mönchengladbach sei eine falsche Namensangabe gegenüber dem Gastwirt nicht ordnungswidrig. Ordnungswidrig handele nur, wer gegenüber den Behörden falsche Angaben mache. Auch in Düsseldorf und Krefeld herrscht Unklarheit – dort in der Frage, ob solche Vergehen nach normalem Ordnungsrecht oder nach der Corona-Schutzverordnung zu bestrafen sind. Letztere sieht deutlich höhere Bußgelder vor.
Viele Gastronomen sehen die Registrierungspflicht als zusätzliche Bürokratie. „Das ist ein Zeitfresser“, sagt Christoph Wehner, Chef des Lokals „Hase und Igel“in Düsseldorf. Trotzdem haben er und die meisten seiner Gäste Verständnis – wenn manche auch mehrmals in der Woche bei ihren Besuchen Name, Anschrift,
Telefonnummer, Tischnummer und Uhrzeit eintragen müssen. Ob Wehners Gäste wahrheitsgemäße Angaben machen, kann er nicht kontrollieren. „Ich vertraue meinen Gästen“, sagt er. Der Gastronom Masoud Fudazi vom Lokal „Massi“sagt: „Würde ich meine Gäste nach dem Ausweis fragen, wären einige sicher verärgert. Außerdem ist das wieder zusätzlicher Kontakt.“
Um die Dokumentation zu beschleunigen, steigen immer mehr Restaurants von einfachen Tabellen auf Papier um auf digitale Systeme. So bietet etwa das IT-Unternehmen Cocus eine QR-Code-Lösung an. „Restaurantgäste nehmen am Tisch Platz und scannen dort den Code mit ihrem Smartphone“, erklärt Projekt-Koordinator Simon Probst: Dann öffne sich ein Programm, in dem der Gast seine Angaben machen könne, ohne die anderer Gäste zu sehen. „Die Daten werden verschlüsselt, einsehen kann sie nur der Wirt.“Sicherheit, dass alle Daten korrekt sind, kann jedoch auch dieses System nicht geben.