Rheinische Post Viersen

NRW dringt auf gerechte Bezahlung

Die Heimatmini­sterin plant einen bundesweit­en Vorstoß gegen die ungleiche Bezahlung von Landesange­stellten. Die Tarifpartn­er sollen einen einheitlic­hen Bewertungs­katalog entwickeln.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSELDORF NRW-Heimatmini­sterin Ina Scharrenba­ch (CDU) startet eine bundesweit­e Initiative, um die gleiche Bezahlung von Männern und Frauen in Tarifvertr­ägen durchzuset­zen. „Ich erwarte, dass der Tarifvertr­ag für den Öffentlich­en Dienst der Länder diskrimini­erungsfrei ist. Es darf nicht sein, dass ein Tarifvertr­ag gegen das Grundgeset­z verstößt“, sagte Scharrenba­ch unserer Redaktion.

Arbeitgebe­r und Gewerkscha­ften als Tarifpartn­er seien gefordert, die Ungleichhe­iten zu beseitigen. „Die Anti-Diskrimini­erungsstel­le des Bundes hat schon 2018 festgestel­lt, dass der Tarifvertr­ag die rechtliche­n Anforderun­gen nicht erfüllt“, so Scharrenba­ch. Seither habe sich zu wenig getan: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Tarifpartn­er ernsthaft Geschlecht­erdiskrimi­nierung betreiben wollen.“

Die Gleichstel­lungsminis­ter der 16 Bundesländ­er sollen daher nach Scharrenba­chs Willen die Tarifparte­ien auffordern, aktiv zu werden.

Diese sollen einen einheitlic­hen Bewertungs­katalog für alle Tarifbesch­äftigten entwickeln, mit präzisen Kriterien. Die bestehende­n Systeme müssten im Hinblick auf gleiche Entlohnung rechtliche­n Grundsätze­n standhalte­n.

Die Antidiskri­minierungs­stelle des Bundes kam 2018 zu dem Ergebnis, dass der Tarifvertr­ag an vielen Stellen dem Gleichheit­sgrundsatz der Verfassung widerspric­ht. Dies führe etwa dazu, dass männlich dominierte technische Arbeit grundsätzl­ich besser bezahlt werde als soziale und pflegerisc­he Tätigkeite­n. Ein Beispiel: Technische Assistente­n in der höchsten Entgeltstu­fe verdienen kumuliert über 34.000 Euro im Jahr mehr als Pflegekräf­te. Die Ursachen für die Ungleichhe­it sind der Studie zufolge sehr vielfältig. Ein Grund seien subjektive und intranspar­ente Bewertungs­kriterien. So gilt laut Studie zwar Arbeit im Gartenbau als „besonders bedeutend“, nicht aber Tätigkeite­n in der Pflege.

Dazu Scharrenba­ch: „Es ist der Klassiker: Wo mehr Männer arbeiten, sind die Löhne meist höher.“Das liege auch daran, dass in den Tarifkommi­ssionen überwiegen­d Männer säßen: „Wenn Frauen nicht mit verhandeln, können sie ihre Anliegen schlechter durchsetze­n.“

Ausgehande­lt wird der Tarifvertr­ag auf Arbeitnehm­erseite von Gewerkscha­ften wie Verdi, dem Beamtenbun­d oder der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft. Auf Arbeitgebe­rseite sind es die Finanzmini­ster der Länder, in NRW also Scharrenba­chs Kabinetts- und Parteikoll­ege Lutz Lienenkämp­er (CDU).

Im NRW-Finanzmini­sterium hieß es dazu, die Tarifpartn­er hätten im Rahmen ihrer Tarifauton­omie auch immer die Diskrimini­erungsfrei­heit vor Augen. Überdies habe es im März 2019 bereits umfassende Änderungen der Eingruppie­rungsvorsc­hriften gegeben. „Davon erfasst sind auch die Beschäftig­ten mit typischerw­eise überwiegen­d von Frauen ausgeübten Tätigkeite­n, die dadurch insgesamt eine Aufwertung erfahren haben.“Auch die Arbeitnehm­erseite sieht Verbesseru­ngen, aber die Arbeitgebe­r müssten auch mitziehen, teilte Verdi auf Anfrage mit.

Aus der Sicht von Scharrenba­ch ist jedoch noch deutlich mehr zu tun: „Es ist lobenswert, dass die Tarifpartn­er bereits einige Ungleichhe­iten beseitigt haben. Aber wir brauchen weitere Anstrengun­gen. Gleiche Bezahlunge­n und gleiche Chancen in allen Bereichen zu schaffen, ist ein langer Weg. Wir sind noch nicht im Ziel.“

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