Rheinische Post Viersen

Rezo feiert die Presse – und kritisiert sie

- VON PHILIPP JACOBS

Der Youtuber knöpft sich den Boulevard vor und richtet einen Appell an die „seriösen Medien“.

DÜSSELDORF Als Rezo vor einem Monat den Henri-Nannen-Preis erhielt, war die Medienbran­che gespalten. Sie ist es noch. Ein Youtuber bekommt den wichtigste­n Journalist­enpreis in der Kategorie Web-Projekt. Das ließ aufhorchen. Rezo wurde für sein Video „Die Zerstörung der CDU“ausgezeich­net. Darin geht er mit der Partei hart ins Gericht. 17 Millionen Menschen haben den Beitrag bisher angeklickt. Nun gibt es ein neues Video, das das Wort „Zerstörung“im Titel trägt: „Die Zerstörung der Presse“.

In dem Beitrag beklagt Rezo Missstände bei den „seriösen Medien“. Doch es ist vor allem der Boulevard, auf den sich der 27-Jährige zunächst einschießt. So rügt er die Art der Berichters­tattung von Blättern des Springer- und Bauer-Verlags, die sich in Teilen nicht vom Vorgehen von Verschwöru­ngsideolog­en unterschei­de. Als Beispiele nennt er unter anderem Verfehlung­en gegen den Opferschut­z, reißerisch­e und irreführen­de Überschrif­ten sowie Falschmeld­ungen. In seiner Community habe sich mittlerwei­le ein großes Misstrauen gegenüber den Medien breitgemac­ht, sagt Rezo. Und das könne er verstehen. „Wenn eine Instanz keine moralische Integrität besitzt, dann ist ein gewisses Maß von Verachtung deren Verhalten gegenüber absolut konstrukti­v.“

Gleichwohl ermahnt er seine Gemeinde, nicht alle Medien über einen Kamm zu scheren. Immer wieder ist von den „seriösen Medien“ die Rede. Gemeint sind damit eigentlich alle Zeitungen und Magazine, die traditione­ll nicht dem Boulevard frönen. Doch auch für sie hat Rezo eine Botschaft. Und die lautet: Ihr seid besser als der Boulevard, also zeigt es auch. Die etablierte­n Medien müssten deutlicher machen, wie sie zu den Arbeitsmet­hoden der „unseriösen Medien“stehen würden. „Wenn ihr schweigt, dann wissen eure Leser nicht, ob ihr das duldet, gut findet – oder selber auch so machen würdet.“

Das Thema Fakten spielt hierbei für Rezo auch eine wichtige Rolle. In dem Video präsentier­t er eine eigens durchgefüh­rte Auswertung von Medienberi­chten, die zuletzt über ihn geschriebe­n wurden. Rund 400 Artikel habe er einem Faktenchec­k unterzogen. 34 Prozent der Beiträge enthielten Falschbeha­uptungen über seine Person, sagt Rezo. Darunter seien banale (falscher Studiengan­g), aber auch schwerwieg­endere Fehler gewesen. Die „seriösen Medien“fordert er dazu auf, ihre Quellen transparen­ter zu machen. Dabei könnten sie sich an diversen Youtubern ein Beispiel nehmen, sagt Rezo, der seine Videobeitr­äge stets mit einer umfangreic­hen Quellenlis­te veröffentl­icht. Die etablierte Presse müsse darauf achten, sich nicht von Youtubern abhängen zu lassen, sondern mitzuziehe­n. So sei es auch möglich, die Glaubwürdi­gkeit wieder zu erhöhen.

„In seinem Video macht sich Rezo in erster Linie für einen seriösen, handwerkli­ch sauber gemachten Journalism­us stark. Da kann ich ihm nur zustimmen“, sagt Frank Überall, Vorsitzend­er des Deutschen Journalist­enverbands: „Seine Sicht auf die Medien, seine Medienkrit­ik, ist spannend und liefert viele wichtige Impulse, auch wenn ich nicht jede Kritik im Detail teile.“Rezo lege den Finger in die Wunde – „das tut dann vielleicht mal weh, kann uns insgesamt in der Diskussion um die Qualität im Journalism­us aber auch wirklich weiterbrin­gen“.

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