Streit um Sexismus im „Donaulied“
Eine Petition will das alte Volkslied aus den Passauer Kneipen verbannen. Die Initiative einer Studentin hat bundesweites Interesse ausgelöst. Sie findet viele Fürsprecher, es gibt aber auch einige kritische Stimmen.
PASSAU Ein Volkslied sorgt aktuell für eine heftige Debatte. Begründet ist sie in einer Online-Petition, die sich an die Stadt Passau wendet. Eine Studentin hat die Petition gestartet und verlangt darin, das „Donaulied“in den örtlichen Kneipen und Bierzelten zu verbieten. Die Anzahl der Unterschriften stieg zuletzt rapide an. Dienstagnachmittag unterstützten bereits über 24.000 Personen die Petition.
Das „Donaulied“existiert in verschiedenen Versionen, die eine ähnliche Geschichte erzählen. Darin findet ein Mann eine entblößte Frau am Stand der Donau und vollzieht mit ihr den Beischlaf. Danach geht der Mann weiter, lässt die werdende Mutter allein und zieht eine Moral. Doch welche Moral das ist und ob der Akt einvernehmlich waren, sind je nach Version unterschiedlich.
So singt Mickie Krause in einer 2012 veröffentlichten Version des „Donauliedes“etwa: „Da wachte sie und sie sagte: ‚Komm her.‘“Diese Fassung ist jedoch verharmlost. In einer volkstümlichen Version – vermutlich aus Zeiten des Ersten Weltkrieges – heißt es nämlich: „Ich machte mich über die Schlafende her.“Diese Version des Volksliedes vermittle „ein Weltbild, welches sexuelle Gewaltfantasien gegen Frauen normalisiert und verherrlicht“, steht in der Petiton. Das Lied sei „eine Form sexueller Gewalt“. Deshalb fordert die „Aktion gegen Bierzelt-Sexismus“um die Petitionsstellerin das Verbot des Donauliedes in den Passauer Kneipen. Doch mehr noch: Die Petition wolle zugleich einen Denkanstoß zu jeglicher Form von Sexismus anregen.
Das ist gelungen, denn das „Donaulied“sorgt für eine Debatte im Internet – und wird dabei überwiegend positiv bedacht. Größter Kritikpunkt ist allerdings, dass sich in der Petition nicht mit den verschiedenen Fassungen des Liedes beschäftigt wird, die verschiedene Versionen der Geschichte erzählen. Darauf wurde mittlerweile reagiert und die Petition erweitert (siehe Infokasten). Weiter wird kritisiert, dass das Singen eines solchen Textes nicht zu vergleichbaren Taten anstachele. Auch wird die Petitionsstellerin angefeindet. Ein Kritiker schreibt, sie solle ihre „Corona-Freizeit zukünftig sinnvoll nutzen und sich nicht unnötige Gedanken über Dinge machen, die sicher jahrzehntelang keinen gestört haben“. Sogar eine Petition für das „Donaulied“ist erstellt worden.
Befürworter der Petition hingegen nennen das Lied „sexistischer Mist“, der nichts mit Humor zu tun habe und in Festzelten völlig fehl am Platz sei. Der Text sei „widerlich“, „ekelhaft“
und „frauenfeindlich“. Lieder wie diese mit „Brauchtum“zu legitimieren, sei nicht richtig. Vielmehr sei es erschreckend, dass das Lied schon so lange gesungen werde und ein Verbot überfällig. Michael Fischer, dem Direktor des Zentrums für Populäre Kultur und Musik an der Universität Freiburg, sagte im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur: Das Lied sei aus heutiger Sicht „unerträglich, nicht nur aus der Perspektive von Frauen, sondern auch aus der Perspektive der Männer, die als Vergewaltiger dargestellt werden“.
Die Passauer Studentin hat das Lied nach eigenen Angaben schon länger im Blick. Als die Moderatoren Joachim „Jok“Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf mit „Männerwelten“das Thema „Sexuelle Belästigung von Frauen“in den Fokus rückten, entschied sie sich für die Petition gegen das „Donaulied“.