Gerry Weber einig mit Gläubigern
Der Modekonzern bekommt Schulden bis 2023 gestundet. 200 Jobs fallen weg.
HALLE/WESTFALEN Erst vor fünf Monaten hat der Modekonzern Gerry Weber das Insolvenzverfahren hinter sich gelassen. Doch aus der danach erhofften Ruhe ist im bisherigen Jahresverlauf nichts geworden. Wie andere Textilunternehmen sind dem Konzern aus Halle in der Corona-Krise wegen der damit verbundenen Zwangsschließungen Einnahmen weggebrochen. Das Unternehmen beziffert die Umsatzverluste auf 100 Millionen Euro. Wieder musste ein Konzept zur Bewältigung einer Krise her, und dem haben die Gläubiger jetzt zugestimmt. Wie Gerry Weber am Dienstag mitteilte, verzichtet ein Großteil von ihnen bis Ende 2023 auf 35 Prozent seiner Forderungen. Das Unternehmen selbst baut weitere 200 Arbeitsplätze ab, nachdem im Zuge der Insolvenz bereits 1000 Stellen gestrichen worden waren.
Die früheren Insolvenzgläubiger hätten dem Konzept zur Bewältigung der Folgen der Corona-Krise „mit überragender Mehrheit zugestimmt“, teilte Gerry Weber am Dienstag mit. „Wir haben in den vergangenen Wochen unter Hochdruck ein umfangreiches Zukunftskonzept erarbeitet, das alle Beteiligte überzeugt, auch wenn es ihnen schmerzhafte Beiträge abverlangt“, sagte Vorstandsmitglied Florian Frank. Dazu gehört auch der Jobabbau, auf den sich die Unternehmensführung mit den Arbeitnehmervertretern verständigt hat. Dazu kommen neu verhandelte Verträge mit Lieferanten und die Aufstockung der Betriebsmittel durch die Eigentümer des Unternehmens.
Von neuerlichen Schließungen (im April vergangenen Jahres war das Aus für 120 Läden verkündet worden) ist bei Gerry Weber gegenwärtig nicht die Rede. Aber bleibt das auch so? Das Programm sehe
„weitere Zugeständnisse der Vermieter vor, ohne die Schließungen nicht zu vermeiden wären“, schreibt Gerry Weber in einer Pflichtmitteilung. Dabei dürfte es um weitere Stundungen von Mietzahlungen gehen. Zwar sind seit der entsprechenden Lockerung der Corona-Regeln wieder alle Geschäfte in Deutschland geöffnet, aber wie bei anderen Einzelhändlern außerhalb des Lebensmittelgeschäfts kehren die Kunden nur langsam in die Filialen zurück. Die Umsätze per Kundin sowie die Erlöse im Online-Geschäft seien in den vergangenen Wochen kontinuierlich gestiegen, erklärte Gerry Weber am Dienstag.
Die Gruppe hat gegenwärtig noch mehr als 3000 Mitarbeiter und ist in mehr als 60 Ländern aktiv. Das Unternehmen ist nicht nur unter der gleichnamigen Marke bekannt, sondern auch unter den Marken Taifun und Samoon. In den großen Zeiten war die Belegschaft doppelt so stark wie heute. Gerry Weber, das 1973 von Gerhard Weber und Udo Hardieck gegründet worden war, gehört heute je zur Hälfte den britischen Finanzinvestoren Robus und Whitebox. Die Familie des Gründers hat bereits vor zwei Jahren das Feld für neue Kapitalgeber geräumt.