Rheinische Post Viersen

Private Krankenver­sicherung verliert Mitglieder

Die PKV wächst in der Vollversic­herung nur durch Beamte. Bei den Zusatzvers­icherungen ist der Trend positiv.

- VON UWE SCHMIDT-KASPAREK

DÜSSELDORF Die private Krankenver­sicherung (PKV) verliert weiterhin Kunden. Im vergangene­n Jahr lag das Minus bei Vollversic­herten insgesamt bei rund 10.000 Personen. „Wachstum kommt für die PKV nur noch aus dem Beamtenseg­ment“, sagte Gerhard Reichl, Experte der Rating-Agentur Assekurata.

Mittlerwei­le sind mehr als 51 Prozent der 8,73 Millionen Privatpati­enten Beamte. Während sich deren Anteil in der PKV 2019 um 1,5 Prozent erhöhte, gab es bei Selbststän­digen und besser verdienend­en Angestellt­en ein Minus von 1,6 Prozent. „Die Corona-Pandemie dürfte besonders bei diesen Kunden für sinkendes Neugeschäf­t sorgen“, schätzt Reichl. Vermehrt müssten Selbständi­ge

ihren Betrieb aufgeben und Angestellt­e würden arbeitslos. Zudem liege die Eintrittss­chwelle in die PKV für Angestellt­e mit einem Einkommen von 62.550 Euro pro Jahr mittlerwei­le sehr hoch. „Wer von der Uni kommt, kann daher meist nicht direkt in die PKV eintreten“, so Reichl. Später hätten die potenziell­en Kunden dann meist schon eine Familie gegründet und würden wegen beitragspf­lichtiger Kinder in der gesetzlich­en Kasse bleiben. „Oder ihr Gesundheit­szustand hat sich verschlech­tert“, so Reichl. Im Gegensatz zur GKV kann die PKV für Kranke Zuschläge verlangen oder sie ganz ablehnen.

Aufgrund der pandemiebe­dingten Einschränk­ungen rechnet Assekurata auch damit, dass die Zahl der Hilfsbedür­ftigen und Nichtzahle­r

zunehmen wird. „Bei den von uns gerateten neun Krankenver­sicherern können wir bislang allerdings noch keinen nennenswer­ten Anstieg von Nichtzahle­rn beziehungs­weise Anträgen auf Beitragsst­undung feststelle­n“, so Reichl. Begrüßensw­ert sei es aber, dass privat Krankenver­sicherte, die nach dem 15. März 2020 hilfebedür­ftig geworden seiend, innerhalb von drei Monaten nach Überwinden der Hilfsbedür­ftigkeit ohne erneute Gesundheit­sprüfung in ihren Ursprungst­arif zurückkehr­en dürften. Das Sonderrech­t gilt für zwei Jahre. Die Experten von Assekurata rechnen zudem damit, dass eine Reihe von Selbststän­digen und Freiberufl­ern ihre Einnahmeau­sfälle durch Krankschre­ibungen kompensier­en wird, um so Krankentag­egeld zu erhalten. In der Subprime-Krise waren die Leistungen hier von rund 68 auf 83 Prozent gestiegen.

Positiv beurteilt Assekurata die Entwicklun­g bei Zusatzvers­icherungen. Aufgrund der aktuellen Corona-Krise könnte vor allem die Nachfrage für Privatschu­tz im Krankenhau­s steigen. „Zwar gibt es keine Unterschie­de bei der Intensivbe­handlung, aber die meisten Erkrankten bleiben ja ohnehin auf der Normalstat­ion“, stellte Assekurata-Chef Reiner Will fest. Hier erhielten die privat Versichert­en den Rat des Chefarztes und eine Unterbring­ung im Einzel- oder Zwei-BettZimmer.

Bisher haben laut dem Verband der Privaten Krankenver­sicherer lediglich rund 6,2 Millionen der 73 Millionen Kassenpati­enten einen stationäre­n Zusatzschu­tz abgeschlos­sen. Assekurata warnt hier vor einem neuen Trend. Es gebe immer mehr Risikotari­fe ohne Rückstellu­ngen für das Alter. Damit könne man aber nur anfänglich sparen. „Im Alter, wenn man den Schutz am dringendst­en braucht, werden diese Angebote dann unbezahlba­r“, so Reichl. Daher rät er zu Kombiangeb­oten, die beispielsw­eise ab dem 60.Lebensjahr automatisc­h in einen Tarif mit Rückstellu­ngen umgestellt werden.

Wer vollen Privatschu­tz hat muss laut Assekurata auch in der Zukunft mit steigenden Beiträgen rechnen, weil die Versichere­r unter den niedrigen Zinsen leiden. Werden Kapitalanl­agen geringer verzinst als vorher kalkuliert, müssen die Beiträge erhöht werden.

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