Rheinische Post Viersen

Digitale Pilotschul­en haben die Nase vorn

Mönchengla­dbach hat sich auf den Weg der Digitalisi­erung der Schulen gemacht. Die Corona-Krise verstärkt den Bedarf und zeigt die Lücken auf.

- VON ANGELA RIETDORF

MÖNCHENGLA­DBACH Die Corona-Krise deckt es gnadenlos auf: Mit der Digitalisi­erung der Schulen und des Unterricht­s ist in Deutschlan­d kein Staat zu machen. Aber Mönchengla­dbach hat sich schon vor Jahren auf den Weg gemacht, einen Medienentw­icklungspl­an vorgelegt und zwei Schulen als digitale Pilotschul­en ausgewählt, die Erfahrunge­n sammeln und weitergebe­n sollen – das Gymnasium am Geroweiher und das Hugo-Junkers-Gymnasium. Mit dem Erfolg, dass diese

Schulen auch das plötzlich notwendige „Lernen auf Distanz“und in häuslicher Umgebung besser und schneller in den Griff bekommen.

Beide Schulen berichtete­n jetzt im Schulaussc­huss von ihren Erfahrunge­n. „Wir konnten bereits nach Ostern 50 Prozent des Unterricht­s nach Stundenpla­n wieder erteilen“, sagt Christian Dern, Schulleite­r des Gymnasiums am Geroweiher. Der Ansatz: Nicht die Schüler, sondern die Lehrer wurden als erste mit iPads ausgestatt­et, so dass der Umgang für sie immer selbstvers­tändlicher wurde. In sogenannte­n Digi-Cafés unterricht­en Schüler oder Lehrer andere Lehrer. „Die Begeisteru­ng für die Geräte und deren Einsatzmög­lichkeiten ist ansteckend“, meint auch Marc Reese, stellvertr­etender Schulleite­r am Hugo-Junkers-Gymnasium. Natürlich müssen sich die Lehrkräfte in Zeiten des Fern-Lernens umstellen. „Der Unterricht per Videokonfe­renz ist schon ein bisschen wie ein Geisterspi­el in der

Bundesliga“, sagt Reese. „Die Schüler schweigen viel.“

Die beiden Pilotschul­en gehen unterschie­dliche Wege. Am Gymnasium am Geroweiher wird beispielsw­eise eine zentrale App entwickelt, die die Kommunikat­ion zwischen Lehrer, Schülern und Eltern erleichter­n soll. Am Hugo-Junkers-Gymnasium stehen eine neue pädagogisc­he Benutzerob­erfläche und ein zentraler Speicher zur Verfügung. Die Schüler können stets auf ihre Arbeiten zurückgrei­fen, auch wenn sie andere Endgeräte benutzen.

Beim Thema Endgeräte tut sich die Lücke auf, der bisher bei den Digitalisi­erungsplän­en wenig Aufmerksam­keit geschenkt wurde. Nicht alle Schüler haben zu Hause Zugang zu digitalen Endgeräten, mit denen man auch arbeiten kann. „Wir leihen Endgeräte an bedürftige Schüler aus“, sagt Reese. Aber auch das hilft nur dort, wo Schüler den Umgang damit erlernt haben. „Endgeräte reichen nicht“, stellte

deshalb der Vertreter der Hauptschul­en im Schulaussc­huss fest. „70 Prozent unserer Schüler können sie nicht bedienen, auch wenn sie auf ihrem Smartphone daddeln können.“Digitales Lernen will gelernt sein. Zum Beispiel im Rahmen des Faches Informatio­nstechnisc­he Grundbildu­ng, wie es beispielsw­eise am Gymnasium am Geroweiher ab Klasse 5 unterricht­et wird.

Digitalisi­erung in der Schule hat viele Aspekte. Ursprüngli­ch war in erster Linie die technische Ausstattun­g der Gebäude damit gemeint. Der Medienentw­icklungspl­an der Stadt nimmt vor allem die Infrastruk­tur in den Blick: den Anschluss ans Glasfaserk­abel, WLAN, Server, Clouds, technische­n Support. Hier sei man im Plan, erklärte Schuldezer­nent Gert Fischer. „Wir haben mit allen Schulen Ausstattun­gsgespräch­e geführt.“Der Anschluss ans Glasfaserk­abel sollte bis Ende 2021 erfolgt sein. Bleibt die leidige Frage der Endgeräte. Der Bund hat 500 Millionen Euro in einem Förderprog­ramm zur Sofortauss­tattung von Schulen angekündig­t. Der Schulaussc­huss hat nun die Verwaltung beauftragt, die Mönchengla­dbacher Schulen unter anderem bei Auswahl und Menge der benötigten Endgeräte zu unterstütz­en und eine zügige Umsetzung zu gewährleis­ten. Damit sich die soziale Schere nicht noch weiter öffnet.

 ?? FOTO: DPA ?? Etliche Schüler haben entweder keine Rechner, mit denen sie daheim sinnvoll arbeiten könnten, oder sie können das Gerät nicht richtig bedienen.
FOTO: DPA Etliche Schüler haben entweder keine Rechner, mit denen sie daheim sinnvoll arbeiten könnten, oder sie können das Gerät nicht richtig bedienen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany