Rheinische Post Viersen

Fast gelähmt, nun zurück auf dem Platz

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101 Tage nach einer schweren Verletzung gibt Kölns Rafael Czichos sein Comeback in der Bundesliga.

KÖLN (dpa) Dass Rafael Czichos trotz der Niederlage seiner Mannschaft gerührt und glücklich war, nahm ihm niemand übel – ganz im Gegenteil. Das Comeback für den Abwehrspie­ler des 1. FC Köln, 101 Tage nachdem er auf dem Fußball-Feld fast eine Querschnit­tslähmung erlitten hatte, bewegte alle. „Das ist das ganz, ganz erfreulich­e an diesem Spiel“, sagte auch Trainer Markus Gisdol nach der 2:4 (1:2)-Heimnieder­lage gegen RB Leipzig: „Er hat es bravourös gemacht. Hut ab!“

Die Schockminu­te aus dem Spiel bei Hertha BSC am 22. Februar (5:0) war auch bei Gisdol in diesem Moment augenschei­nlich wieder präsent. Nach einem Kopfball-Duell mit Marko Grujic war Czichos reglos liegen geblieben, sein Teamkolleg­e Kingsley Ehizibue kniete sich hin und betete für ihn.

Czichos musste sich einer komplizier­ten Operation an der Halswirbel­säule unterziehe­n. „Dabei wurde sichtbar, dass die Halswirbel­säule an einer Stelle wirklich komplett zerrissen war“, erklärte Peer Eysel, der operierend­e Klinikdire­ktor der Uniklinik Köln in der vereinseig­enen Doku „24/7 FC“: „Er hat verdammt viel Glück gehabt. Es gibt viele, auch Sportler, die in einer solchen Situation eine Querschnit­tslähmung erleiden.“

Eysels Rat war klar: „Ich würde diese Saison nicht mehr spielen.“Das war freilich vor Corona, als das

Saisonende noch auf den 16. Mai festgelegt war. Der Arzt würde das sicher auch mit dem neuen Saisonende noch so sehen, sagte Czichos Anfang April. Und er werde „sein Schicksal auch nicht herausford­ern“. Aber er habe den Traum, in dieser Saison noch einmal zu spielen.

Nun fiel Abwehrchef Sebastiaan Bornauw gegen Leipzig rotgesperr­t aus, und Czichos machte im Training Fortschrit­te. „Da haben wir uns gefragt: Rafa macht so einen guten Eindruck. Auf was sollen wir warten“, erklärte Gisdol. Er brachte den 30-Jährigen von Anfang an. Und trotz der vier Gegentore machte er ein ordentlich­es Spiel. „Wir hatten extra eine Trainings-Einheit, in der wir Wert darauf gelegt, dass die Innenverte­idiger in Zweikämpfe gehen“, sagte Sportchef Horst Heldt: „Da haben wir gemerkt, dass er definitiv in der Lage ist zu spielen. Und auch null Probleme mit dem Kopf hatte und keine Gedanken, zum Beispiel nicht in Kopfballdu­elle zu gehen.“

„Es war ein sehr, sehr schönes Gefühl, nach so langer Zeit auf dem Platz zu stehen“, sagte Czichos, der in Saudi-Arabien geboren wurde, weil sein Vater dort arbeitete: „Dass wir verloren haben, ist ein fader Beigeschma­ck. Aber für mich persönlich war es ein sehr schöner Schritt.“Und man merkte seinen Kollegen an: nicht nur für ihn.

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FOTO: AP Gegen Leipzig wieder mitten im Getümmel: Kölns Abwehrspie­ler Rafael Czichos (Mitte, weißes Trikot).

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