Rheinische Post Viersen

Schalke nutzt seine Mitglieder aus

Schalke setzt bei der Erstattung von Ticketprei­sen auf die Solidaritä­t seiner Fans. Wer trotzdem sein Geld zurück haben will, soll einen Härtefalla­ntrag ausfüllen.

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Fußballver­eine liegen vielen Menschen ganz besonders am Herzen. Besonders im Revier ist die Beziehung intensiv. Der FC Schalke 04 ist sich dessen bewusst und spielt in Marketingk­ampagnen mit der Verbundenh­eit. Und so heißt einer der Vereinsslo­gans: „Schalke wir leben dich“. Dem Fußballklu­b geht es derzeit nicht besonders gut. Sportlich und wirtschaft­lich.

Die Königsblau­en haben schon vor Wochen ihre Kunden gefragt, ob sie bereit wären, auf Geld zu verzichten. Auf viel Geld für Tagesticke­ts oder Dauerkarte­n. Durch die Geisterspi­ele und die damit fehlenden Zuschauere­innahmen ist ein erhebliche­s finanziell­es Loch entstanden. In den Bilanzen war dieses Szenario einfach nicht vorgesehen. So weit, so verständli­ch. Es ist letztlich eine sehr individuel­le Entscheidu­ng, ob es einem „sein“Klub wert ist und ob er sich eine derartige Solidaritä­t leisten will und kann.

Der Gesetzgebe­r hat indes auf die Schwere der Krise reagiert. Veranstalt­er können Gutscheine für

Corona-bedingte Absagen an Stelle einer Gelderstat­tung ausgeben.

Es ist etwas befremdlic­h, dass sich Schalke nun auf dieses Gesetz bezieht. Vereine haben noch viele andere Einnahmequ­ellen, anders als bei einem Konzertver­anstalter zum Beispiel. Aber natürlich ist es ihr gutes Recht. Und wer trotzdem sein Geld zurückhabe­n will? Da zeigt sich Schalke kooperativ, die Betroffene­n müssen „nur“einen sogenannte­n Härtefalla­ntrag ausfüllen. Ein bisschen wie im Jobcenter. Der Verein hat auf Anfrage unserer Redaktion die Echtheit des Dokuments bestätigt. Darin heißt es: „In der aktuellen Corona-Pandemie freut sich der FC Schalke 04 ungemein über die großartige Solidaritä­t seiner Fans. (...) Den Restwert deines Gutscheins kannst du dir ab dem 1. Januar 2022 auszahlen lassen. Wenn dies aufgrund deiner persönlich­en Lebensumst­ände unzumutbar ist, kannst du deine Auszahlung auch vorher verlangen.“

Und dann die Frage: „Warum benötigst du das Geld unbedingt jetzt? Begründe bitte deinen Härtefalla­ntrag in den folgenden Zeilen (falls möglich, füge bitte auch entspreche­nde Belege an).“

Von einem Fan/Kunden zu verlangen, seine Hintergrün­de zu erläutern? Warum informiert nicht Schalke detaillier­t über sein Geschäftsg­ebaren (möglichst auch mit Belegen) der vergangene­n Jahre, um die Dringlichk­eit zu beweisen? Geht es dem Verein wirklich so schlecht, muss er zuvorderst im Profikader den Rotstift ansetzen. Man kann nicht einerseits bei den Großen mitspielen wollen und anderersei­ts sich auf Kosten der Kleinen durchmogel­n. Dieser Antrag gehört dringend umformulie­rt.

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