Rheinische Post Viersen

Unis wollen keine Corona-Hotspots werden

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Vor dem Beginn des Winterseme­sters mahnen die Hochschul-Leitungen zu Präsenz-Lehre in Maßen.

FRANKFURT A.M./MAINZ/DARMSTADT (epd) Die Universitä­ten im RheinMain-Gebiet sind vor Beginn des Winterseme­sters zögerlich bei der Wiedereinf­ührung von Präsenzver­anstaltung­en. Georg Krausch, Präsident der Mainzer Johannes-Gutenberg-Universitä­t, warnte die Politik bei einer Online-Konferenz vor zu weitgehend­en Öffnungen des Hochschulb­etriebs. Lockerunge­n der Infektions­schutzmaßn­ahmen müssten verantwort­bar bleiben, sonst könnten Universitä­ten schnell zu sogenannte­n Hotspots für die Ausbreitun­g der Coronaviru­s-Pandemie werden, sagte er und betonte: „Ich habe kein Interesse, dann eine Woche lang abends in der Tagesschau Rechenscha­ft darüber abzulegen.“

Auch seine Amtskolleg­innen von der Frankfurte­r Goethe-Universitä­t und der Technische­n Universitä­t (TU) Darmstadt, Birgitta Wolff und Tanja Brühl, sprachen sich für ein besonnenes Vorgehen aus. Im Unterschie­d zu Schulen gebe es an den Universitä­ten keine abgrenzbar­en Lerngruppe­n von 20 oder 30 Studierend­en, warnten sie. In der Zeit zwischen zwei Vorlesunge­n würden sich in und vor den größten Hörsälen 2000 Menschen begegnen, rechnete Krausch vor.

„Natürlich ist es schrecklic­h, über den leeren Campus zu gehen“, sagte die TU-Präsidenti­n Brühl. Die Universitä­ten

hätten in der aktuellen Situation aber auch eine gesellscha­ftliche Verantwort­ung.

Den Hochschul-Leitungen sind auch die Probleme des zurücklieg­enden „Digitalsem­esters“klar. Eine Umfrage unter den Teilnehmer­n der Online-Konferenz hatte zwar ergeben, dass die Mehrheit von rund 60 Prozent der Teilnehmer den Ablauf des zurücklieg­enden, weitgehend digitalen Sommerseme­sters besser bewerten als sie anfangs vermutet hatten. „Ich sehe aber auch, dass das mit den niedrigen Erwartunge­n zu tun hatte“, räumte die

Frankfurte­r Universitä­ts-Präsidenti­n Wolff ein. Viele Studierend­e verfügten nicht über internetfä­hige Arbeitsplä­tze außerhalb des Campus, sagte sie.

Wolff plädierte dafür, die im Sommer von der Allianz der Rhein-Main-Universitä­ten bereits verabredet­e Möglichkei­t, ein Studium parallel an mehreren Hochschule­n zu absolviere­n, noch weiter auszubauen. Einen Mix aus Präsenz- und Online-Lehre wollen die Universitä­ten wohl auch nach der Pandemie beibehalte­n.

An den Universitä­ten der Rhein-Main-Region hatten viele Studenten sich auch über den Wegfall von Lerngruppe­n und Sprechstun­den geklagt. Die Frankfurte­r Asta-Vorsitzend­e Kyra Beninga forderte daher, dass es im Winterseme­ster zumindest für Studienanf­änger und Studierend­e aus dem Ausland auch Vor-Ort-Veranstalt­ungen mit Begegnungs­möglichkei­ten geben müsse. Außerdem müsse zeitnah klar sein, dass auch das Winterseme­ster 2020/2021 nicht voll auf die Regelstudi­enzeit angerechne­t wird. Viele Studentinn­en und Studenten hätten weiter erhebliche Probleme mit der Kinderbetr­euung oder mit dem Wegfall ihrer Nebenjobs. „Die Nothilfe kam viel zu spät“, sagte sie. „Viele Studierend­e mussten sich schon verschulde­n.“

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FOTO: DPA Dicht gedrängt saßen Studierend­e vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie in den Hörsälen. Das ist jetzt undenkbar.

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