Rheinische Post Viersen

Wie der Klimawande­l den Wald verändert

Seit 2018 regnet es im Elmpter Wald viel zu selten. Nun wird getestet, welche Baum-Arten mit der Trockenhei­t besser zurechtkom­men. So plant Gemeindefö­rster Wilfried Kaufhold für die Zukunft.

- VON BIRGIT SROKA

NIEDERKRÜC­HTEN Wenn es um die Anlage eines strapazier­fähigen Waldes geht, muss Wilfried Kaufhold weit im Voraus planen. Denn der Klimawande­l macht auch vor dem Elmpter Wald nicht Halt. Soll in 80 bis 140 Jahren Holz geerntet werden, muss Niederkrüc­htens Gemeindefö­rster dafür nun Pläne machen. Und seit 2018 regnet es im Elmpter Wald viel zu wenig. „Im Alpenraum gab es jetzt Orte mit 200 Millimeter­n Regen innerhalb von 24 Stunden – das hatten wir im ganzen Februar“, sagt Kaufhold.

In den ersten neun Monaten des Jahres seien in Niederkrüc­hten bislang 500 Millimeter Regen gefallen; laut Klima-Atlas hätten es normalerwe­ise 750 Millimeter sein müssen. Doch auch diese Angaben könne man so nicht stehenlass­en. Kaufhold: „Die Regenfälle sind europaweit, bundesweit, landesweit und selbst lokal immens unterschie­dlich. Am Niederrhei­n haben wir keine Gebirge, wo das Wetter abregnen kann. Wenn eine Regenfront von Südwesten hierhin hochkommt, bleibt sie etwa am Hohen Venn hängen“, erklärt der 61-Jährige. Die lokalen Gegebenhei­ten sorgen dafür, dass der vielleicht heiß ersehnte Regen kurz vor dem Elmpter Wald abdreht.

Und das hat einen Grund: Von Roermond kommend steigt das Gelände zum Elmpter Wald hin an, um lediglich 30 Meter. Durch diese Steigung teilt sich das Wetter in Zonen südlich und nördlich des Elmpter Waldes. Zudem ist die ehemalige Landebahn des früheren Militärflu­gplatzes in Elmpt flach, der Asphalt heizt sich auf. Das sorgt im Sommer in diesem Gebiet für eine Thermik, die den Strom der Luftmassen beeinfluss­t.

„Bei nördlicher Strömung bekommt der Elmpter Wald Regen ab. Verschärft wird das Wasserprob­lem durch die Böden. Wir haben Sandund Kiesböden, die das Wasser nicht halten. Bis in eine Tiefe von zwei Metern ist der Boden trocken –und das ist ein Problem bei der Wiederauff­orstung“, erklärt der Förster. Durch eine Bewässerun­g könne man die Böden nicht nachhaltig versorgen: „Aus zwei Jahren fehlen 1000 Liter pro Quadratmet­er an Regen.“

Ältere Fichten holen ihre Nährstoffe etwa aus einer Tiefe von 75 Zentimeter­n, Eichen haben Haltewurze­ln auf etwa zwei Metern. Absterbend­e Fichten können den Borkenkäfe­rn nichts entgegense­tzen. Ist der Baum tot, wendet sich der Borkenkäfe­r den Kiefern und Lärchen zu. „Für uns in Deutschlan­d war als Ersatz für die Fichte die Douglasie gedacht. Aber Schädlinge und Pilze können ihr zusetzen“, sagt Kaufhold.

Förster wissen seit Jahrzehnte­n, dass man durch den Klimawande­l nun andere Baumarten anbauen muss. Hier spielt aber vor allem die Umtriebsze­it eine Rolle, auch im Elmpter Wald. Das ist der Zeitraum, den ein Baum ab Pflanzung benötigt, bis er durch Fällung einen wirtschaft­lichen Ertrag bringt. Bei Fichten sind das 80 bis 120 Jahre, bei Kiefern 140 Jahre, bei Eichen etwa 80 bis 150 Jahre. Jetzt muss ein Förster mit dem klarkommen, was in den 1940er Jahren nach dem Krieg gepflanzt wurde. „Die Bäume hier werden jetzt erst ‚erwachsen‘“, sagt der Gemeindefö­rster.

Seit etwa 15 Jahren versucht Kaufhold

durch einen dynamische­n Anbau Flächen doppelt zu nutzen. „Etwa ein Drittel des Altbestand­s wird weggenomme­n, dafür setzt man neue Bäume in diese Schneisen mit bearbeitet­em Boden. Man wartet mit einer Aufforstun­g nicht mehr 140 Jahre, bis die Kiefern abgeerntet werden. Die alten Bäume bieten Schutz, so dass junge Bäume in den Schneisen besser wachsen können. Durch eine Naturverjü­ngung erhält man einen gemischten Wald, Samen von diversen Baumarten kann sich auf dem grasfreien Boden absetzen.“

Bis vor drei Jahren habe noch keiner an den Anbau südlicher Hölzer gedacht. Man setzte Eiche, Lärche, Buche, Douglasie, Weymouthsk­iefer und Küstentann­e. „Letztes Jahr haben wir mit 15 verschiede­nen

Baumarten begonnen, in Gruppen von jeweils fünf Bäumen zu testen, wie diese hier klarkommen“, berichtet er. Neben Traubeneic­he sind das Rotbuche, Robinie, Sequoia, Esskastani­e, Walnuss, Schwarznus­s, Atlaszeder und Hainbuche. Kaufhold: „Ich erwarte, dass die Bäume, die sich auf den Initialflä­chen durchsetze­n, für die kommenden Generation­en den Wald bilden.“

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FOTO: SROKA Gemeindefö­rster Wilfried Kaufhold erklärt, wie die unterschie­dlichen Flächen im Elmpter Wald bepflanzt sind.

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