Prozessstart nach Tod eines Jungen
Ab 21. Oktober müssen sich die Mutter und ihr Lebensgefährte vor Gericht verantworten.
MÖNCHENGLADBACH Am 21. April starb ein fünfjähriger Junge in einer kleinen Wohnung in Dahl nach „massiver Gewalteinwirkung“. Genau ein halbes Jahr später, also ab 21. Oktober, muss sich der mutmaßliche Täter vor Gericht verantworten. Mitangeklagt ist die Mutter (23) des kleinen Jungen. Ihr wird vorgeworfen, nicht eingeschritten zu sein, als ihr gleichaltriger Lebensgefährte ihren Sohn misshandelte.
Zwölf Verhandlungstage sind bisher angesetzt für den Prozess vor dem Landgericht Mönchengladbach. Dann soll geklärt werden, was genau in der Zwei-Zimmer-Wohnung geschah, in der die Mutter mit ihrem Lebensgefährten sowie dem fünfjährigen Sohn und dessen dreijährigem Halbbruder lebte. Bei der Polizei hatten die 23-Jährige und ihr Freund die Verletzungen des Kindes mit einem Sturz aus dem Hochbett erklärt. Doch das, so fanden Rechtsmediziner heraus, konnte nicht stimmen. Bei der Obduktion des kleinen Körpers registrierten sie massive Hämatome an Kopf und Rumpf, innere Verletzungen, ein schweres Schädelhirntrauma
und eine Hirnschwellung. Schon der Notarzt, der am 21. April zu der Wohnung gerufen worden war, hatte an der „Sturz-Geschichte“gezweifelt. Als die hinzugezogenen Polizisten das Hochbett untersuchen wollten, war es abgebaut.
Mutter und Lebensgefährte wurden von einem Richter in Untersuchungshaft geschickt, wo sie bis heute einsitzen. Der Lebensgefährte soll im Gefängnis einen Ausbruch mit Geiselnahme geplant haben. „Es blieb aber beim Vorhaben“, wie Staatsanwalt Stefan Lingens sagte. Die Ausführung des Plans konnte verhindert werden.
Bei der Verhandlung soll auch geklärt werden, ob der Fünfjährige bereits längere Zeit verprügelt und misshandelt wurde. Im Kindergarten war der Junge nach einem Besuch des Jugendamtes nicht mehr aufgetaucht. Das war bereits vor dem corona-bedingten Lockdown Mitte März. Auch die Staatsanwaltschaft hat Anhaltspunkte, dass das Kind der Öffentlichkeit offenbar ferngehalten werden sollte.
Schon vor dem angeblichen Sturz aus dem Hochbett soll der Junge sichtbare Wunden gehabt haben. „Uns liegen Fotos davon vor“, berichtete Stefan Lingens damals. Aufgenommen worden seien sie von Menschen aus dem persönlichen Umfeld des Paares.
Der dreijährige Halbbruder des getöteten Kindes ist nach dem tragischen Geschehen in die Obhut des Jugendamtes gekommen. Er war im Frühjahr 2020 mit Hämatomen im Gesicht ins Krankenhaus gekommen. Auch diese Verletzungen sollen die Mutter und ihr Lebensgefährte damals mit einem Sturz aus dem Hochbett erklärt haben.
Vor dem Prozess hatte der Staatsanwalt mehrere Gutachten einholen lassen.