Doppelpass zweier Specialhockey-Botschafter
Mahmut Gerdan und Selin Oruz unterstützen die Bewerbung des DHB für die Aufnahme bei den Special Olympic World Games 2023.
SPECIALHOCKEY Selin Oruz ist fast ein bisschen neidisch. Interessiert schaut sie sich den Hockeyschläger von Mahmut Gerdan an, der wegen einer Beeinträchtigung an der rechten Hand mit einer Spezialanfertigung spielt. „Das ist schon cool. Ich bin Linkshänderin, für mich gibt es aber keinen individuellen Schläger“, sagt die Hockey-Nationalspielerin vom Düsseldorfer HC, ehe sie mit Gerdan ein paar Bälle schlägt und im Anschluss das gesamte Training des Specialhockey-Teams Mönchengladbach begleitet.
Mit dieser Aktion auf dem Kunstrasenplatz des Rheydter SV machte der Deutsche Hockey-Bund (DHB) auf eine Bewerbung aufmerksam: Er möchte mit Specialhockey als eine von zwei neuen Demonstrationssportarten in das Programm der Special Olympic World Games aufgenommen werden, die 2023 in Berlin stattfinden. „Wir arbeiten auf europäischer Ebene mit viel Engagement daran, diese Variante des Hockeysports weiterzuentwickeln und zu etablieren. Deshalb wäre die Aufnahme bei den World Games 2023 ein weiterer Anschub – nicht nur in Deutschland“, sagt Carola Meyer, die nicht nur DHB-Präsidentin, sondern als Vizepräsidentin des Europäischen Hockeyverbandes (EHF) auch für die Entwicklung des Specialhockeys international verantwortlich ist.
Dass der DHB für die Verkündung seiner Bewerbung Mönchengladbach als Standort ausgewählt hat, ist alles andere als Zufall. So begannen
Ottima und Walter Mayer bereits vor mehr als 40 Jahren damit, mit geistig behinderten Menschen Hockey zu spielen. Das Walter-Mayer-Gedächtnisturnier gilt als das weltweit traditionsreichste Turnier im Specialhockey. Zudem wurde es 2006 in das Rahmenprogramm der Männer-Weltmeisterschaft 2006 sowie späterer Champions-Trophys und der Doppel-Europameisterschaft 2011 aufgenommen.
„Das war letztlich für den Hockey-Weltverband der ausschlaggebende Punkt, um Specialhockey voranzubringen. So hat von Mönchengladbach aus eine Bewegung Fahrt aufgenommen, deren Tempo nicht zu erwarten war“, sagt Maren Boyè. Die Direktorin Sportentwicklung
beim DHB hat die Bewerbungsunterlagen bereits abgeschickt, spätestens am 2. November soll die Entscheidung fallen, ob Specialhockey den Zuschlag erhält.
Mahmut Gerdan wird die Daumen drücken. Der 35-Jährige ist Specialhockey-Nationalspieler und war mit der deutschen Auswahl auch schon bei der EM 2017 in Amsterdam.
„Es macht großen Spaß, mit meinen Freunden auf dem Platz zu stehen. Die World Games wären eine super Möglichkeit, ein großes Turnier zu spielen“, sagt Gerdan, dessen Mönchengladbacher Teamkollegen Dennis Steins (33) und Florian Bresch (29) ebenfalls in der Nationalmannschaft spielen. Gerdan ist nun jedoch zusätzlich Specialhockey-Botschafter.
„Wir haben uns für ihn entschieden, weil er offen auch auf Spieler anderer Nationen zugeht“, sagt Linda van Overmeire-Sandkaulen, die seit Jahren Claus Heinze bei der Betreuung des Gladbacher Teams unterstützt und zugleich Beauftragte für Specialhockey/Inklusion beim DHB ist.
Das deutsche Specialhockey-Team darf sich bei Turnieren auch immer großer Unterstützung sicher sein. „Bei der EM 2019 in Antwerpen haben wir mit den Damen die Mannschaft angefeuert“, sagt Selin Oruz, die selbst einen Bruder mit geistiger Behinderung hat. Als neue Specialhockey-Botschafterin sei sie gerne nach Gladbach gekommen, um das Projekt zu unterstützen. „Auch durch meinen persönlichen Bezug habe ich großes Interesse daran, eine gewisse Chancengleichheit für Parasportler auch im Hockey zu schaffen“, sagt sie. Dann gilt ihre ganze Aufmerksamkeit wieder Mahmut Gerdan und seinen Teamkollegen.