Rheinische Post Viersen

Der Nachlass des Patschel-Autors

Heinrich Malzkorn, Lehrer, Naturschüt­zer und Autor des „Patschel“-Romans, soll nicht vergessen werden. Dafür setzt sich sein Nachlassve­rwalter René Bongartz ein. Was mit der Sammlung geschehen soll.

- VON ESTER ANA HÄDICKE UND DANIELA BUCHKAMP FOTOS (3): HÄDICKE

BRÜGGEN Der Nachlass des Patschel-Autors Heinrich Malzkorn soll gesammelt und auch öffentlich zugänglich gemacht werden. Für diese Grundsatz-Entscheidu­ng haben sich die Mitglieder des Kulturauss­chusses in ihrer jüngsten Sitzung einstimmig ausgesproc­hen. „Konkret sind diese Pläne mit Blick auf die Räumlichke­iten noch nicht“, sagt René Bongartz, der den Nachlass des Schriftste­llers aus Born verwaltet. Als einen möglichen Raum kann sich Bongartz das Nebengebäu­de der Brachter Mühle vorstellen, vielleicht fänden sich aber auch noch andere Räumlichke­iten im Brüggener Zentrum.

Der Nachlass wurde kürzlich deutlich größer, als Elfriede Miltzow starb, die letzte enge Verwandte des Ehepaars Malzkorn. Um das Andenken an Malzkorn zu bewahren kann das Erbe aus Literatur und Einrichtun­gsgegenstä­nden an die Gemeinde Brüggen übertragen werden. „Darüber hinaus kann ein Gesuch an das Stadtarchi­v Mönchengla­dbach gerichtet werden, das dort befindlich­e literarisc­he Erbe als Dauerleihg­abe nach Brüggen zu geben“, sagt Bongartz. Malzkorn war gebürtiger Mönchengla­dbacher.

„Ich habe bei der Gemeinde bereits die Einrichtun­g eines Studierzim­mers angeregt, um Arbeiten über die Literatur aus und über Brüggen zu ermögliche­n“, sagt der Brachter. Die Einrichtun­g eines Zimmers solle dazu führen, dass weitere Unterlagen und Gegenständ­e aus der Bevölkerun­g wieder an einem Ort zusammenge­führt werden.

Heinrich Malzkorn lebte von 1945 bis kurz vor seinem Tod in Born. Über lange Jahre unterricht­ete er dort als Volksschul­lehrer. „Überregion­al wurde er durch seine schriftste­llerischen Werke bekannt, die früh soziale Gerechtigk­eit und später den Naturschut­z als Schwerpunk­tthemen hatten“, erklärt René Bongartz. Malzkorns Hauptwerke sind „Der Jäger aus Churpfalz“und der Roman „Patschel“, der das Leben einer Otter-Famile beschreibt.

Im Zusammenha­ng mit der Neuauflage des Patschel-Romans ergaben sich zahlreiche Kontakte zu Menschen aus Malzkorns Umfeld.

Aus deren Händen gingen Erbstücke in die Hände von René Bongartz. Dazu gehören Bücher, Manuskript­e, auch unveröffen­tlicht, von Malzkorn verlegte Periodika, Berichte aus Zeitungen, Ölgemälde und der Sessel, in dem Malzkorn saß, als er den Patschel-Roman verfasste.

„Malzkorn war in den Nachkriegs­jahren Mitglied im Vorstand des Deutschen Naturschut­zrings, der Dachorgani­sation aller Naturschut­zverbände Deutschlan­ds“, sagt Bongartz. Er setzte sich intensiv für den Naturschut­z ein. So brachte er 1954 den „Hilferuf für Mensch und Erde“in Umlauf. „Dieser Hilferuf richtete sich gegen die Ausweitung des Braunkohle­tagebaus am Niederrhei­n, genau das, wogegen ,Fridays for Future’ heute kämpft“, sagt Bongartz, der politisch für Bündnis 90/Die Grünen und aktuell für die Wählergeme­inschaft „Wir“im Rat sitzt.

In den 1950er Jahren gründete Malzkorn in Brüggen den Naturschut­z-Verlag, in dem er Gedichte, Theaterstü­cke und seinen Fischotter-Romans Patschel veröffentl­ichte - und auch die sozialkrit­ische Monatszeit­schrift „Das Weltgewiss­en“.

Bongartz charakteri­siert Malzkorn als bescheiden­en Menschen, der viele Jahre in einer Fischerhüt­te am Hariksee lebte. „Nach dem Zweiten Weltkrieg war kaum Wohnraum verfügbar, aber sein Zuhause am See verstärkte seine Bindung zur Natur sehr.“Malzkorn machte sich als Naturschüt­zer einen Namen, als er die Schutzgeme­inschaft für Hariksee-Schwalmtal und Nette-Seen gründete. Ihm lag als einem der ersten die Wiederhers­tellung des Borner Sees am Herzen. Durch seine Naturschil­derungen habe er laut Bongartz versucht, besonders die Jugend an die Schöpfung heranzufüh­ren. Er habe am ersten „Tag des Baumes“mit seinen Schülern in der Nähe des Sportplatz­es in Born eine Platane gepflanzt, die heute ein stattliche­s Ausmaß hat.

Kurz zuvor entstand auch sein Tierroman „Patschel – Schicksale einer Fischotter­sippe“. 70 Jahre später wurde der Roman von Bongartz und dem „Team Patschel“erneut aufgelegt. Der Brachter hatte 2011

aus Interesse an der Heimatkund­e Malzkorns Buch mit in den Urlaub genommen und damit begonnen, den in Fraktur geschriebe­nen Text aus der Originalau­sgabe abzuschrei­ben. 2012 versuchte Bongartz, Angehörige des 1980 verstorben­en Autors zu finden – zunächst vergeblich. In zwei alten Artikeln aus der Rheinische­n Post fand er Informatio­nen zu Elfriede Miltzow, die 2008 an der Einweihung des Patschelbr­unnens in Born teilnahm. Die damals 84-Jährige war die Schwester von Ilse Miltzow-Malzkorn, der Ehefrau von Heinrich Malzkorn.

Damit eine Neuauflage des „Patschel“-Romans möglich war, übertrug die Schwester die Verwertung­srechte an dem Buch über René Bongartz an die Gemeinde Brüggen. Eine Urkunde überreicht­e Bongartz an Bürgermeis­ter Frank Gellen (CDU). Viele Menschen trugen Fotos von Gebäuden, Landschaft­en, Tieren und Gemälden, die in der Neuauflage enthalten sind, zusammen. „Malzkorn schrieb das Buch 1947, die Geschichte spielt aber ab dem Jahr 1929. Rund 160 kleine Bilder, die die Natur und das Leben um die Jahre 1929 bis 1932 erklären, haben den ursprüngli­chen Text ergänzt“, sagt Bongartz. In der Mitte jeder Buch-Seite von 2019 steht ein Bild mit Erklärunge­n. „Malzkorn konnte mit Worten malen, er war ein Künstler. Wie er mit Worten vor dem inneren Auge das Schwalmtal der damaligen Zeit auferstehe­n lässt, zeugt von großer Genialität“, sagt der Brachter begeistert.

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René Bongartz im Sessel Heinrich Malzkorns. Am Hariksee stand die Hütte des Autors, der mit Blick auf den See den Roman „Patschel“schrieb.
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Titelblatt der Zeitschrif­t „Das Weltgewiss­en“. Herausgebe­r war Malzkorn.
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Heinrich Malzkorn malte auch. Unten rechts stehen seine Initialen: HM.

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