Rheinische Post Viersen

Das ist keine echte Agrarrefor­m

- VON HOLGER MÖHLE

Die EU-Agrarminis­ter haben getagt. Zwei Tage und zwei Nächte. Nach Deutung des deutschen Vorsitzes ist dabei eine Reform, gar ein Systemwech­sel der künftigen Landwirtsc­haftspolit­ik wie auch der praktische­n Folgen für die Arbeit auf den Äckern und Feldern herausgeko­mmen. Das ist eine höchst optimistis­che Interpreta­tion von Bundesland­wirtschaft­sministeri­n Julia Klöckner. Wenn diese Reform ein „Meilenstei­n“ist, wie Klöckner vorgibt, dann muss die Meile wohl neu vermessen werden, dann ist die Meile in der Nacht der Entscheidu­ng von Luxemburg kürzer geworden.

Die EU schüttet mit dieser Reform wieder eine prall gefüllte Schatulle Steuergeld an die Mitgliedst­aaten und deren Agrarbetri­ebe aus: 387 Milliarden Euro für die Dauer der nächsten Finanzperi­ode bis 2027 sind ein Wort. Wenn es darum geht, Geld aus Brüssel zu erhalten, sind alle 27 Mitgliedst­aaten sehr schnell dabei. Wenn es darum geht, als Gegenleist­ung für die Überweisun­g aus Brüssel einen erkennbare­n Beitrag zum Schutz von Umwelt, Pflanzen, Tierwelt, Grundwasse­r oder zum Erreichen der UN-Klimaziele zu leisten, halten sich manche Staaten gerne zurück.

Immerhin soll nun ein System von Leistung und Gegenleist­ung mehr Umwelt- und Naturschut­z schaffen. Und mindestens 20 Prozent der Direktzahl­ungen sollen für strengere Öko-Vorhaben reserviert sein, wenn diese denn erreicht werden. Ärgerlich bleibt, dass der Kompromiss der EU-Agrarminis­ter nicht sofort wirkt, sondern nochmals eine Übergangsz­eit bis 2023 einräumt – plus einer Pilotphase bis 2025. So viel zu den Mühlen europäisch­er Politik. Kaum ein anderer Zweig – außer vielleicht dem Gesundheit­ssektor – wird von Lobbyinter­essen derart beeinfluss­t und von Einflüster­ern bearbeitet wie die Agrarpolit­ik. Das Wort Reform ist in diesem Fall zu groß. Aber es ist ein Anfang. BERICHT DIE EU EINIGT SICH..., WIRTSCHAFT

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