Hört auf die Alten!
In Mönchengladbach tritt der jüngste OB des Landes an. Wessen Rat wird er suchen?
Als Lebenserfahrung noch allseits anerkannt wurde, war es oft eine besondere Auszeichnung, „der Alte“genannt zu werden. Das war bei Konrad Adenauer so, der im Opa-Alter zum Vater des freien Deutschland wurde. Das hat über Jahrzehnte im Fernsehen funktioniert, wo „Der Alte“(legendär in dieser Rolle: Siegfried Lowitz) für spannende, kluge Krimi-Unterhaltung stand.
Der um sich greifende Jugendwahn aber hat zu einem Bewusstseinswandel geführt. Heute heißt es schnell: Der Alte muss weg. Am Niederrhein beobachtet derzeit eine ganze Stadt, ob ein Generationswechsel auch ohne Altersdiskriminierung möglich ist: Am 1. November tritt in Mönchengladbach der mit 31 Jahren jüngste Oberbürgermeister des Landes seinen Dienst an. Ein sensationeller Wahlerfolg hat Felix Heinrichs (SPD) – Anzugträger mit dem Charisma der „Fridays for Future“-Bewegung – an die Spitze der größten Stadt am linken Niederrhein gebracht. Er selbst, schlau wie der Alte im Krimi und wortgewandt wie Kanzler Adenauer, gibt sich demütig: Es sei ein gutes Zeichen, dass der Wähler einem jungen Menschen so viel Vertrauen geschenkt habe, sagt Heinrichs. Er zeigt sich stolz (zu Recht, angesichts der Zustimmung von 74 Prozent), hat aber auch „Respekt vor dem Amt“.
Seine Wahl kann die Stadt verändern. Seine Bereitschaft, auf alle zuzugehen und mit vielen zu sprechen, hat ihm die Stimmen gerade der Generation seiner Eltern eingebracht. Vielleicht gelingt ihm auch im hohen Amt, was in dieser Gesellschaft nachgelassen hat: Rat auch von Älteren zu suchen, Leistung zu würdigen und Wertschätzung zu vermitteln. Die Erwartungen an ihn und sein Team sind groß – so groß, dass „der Junge aus Mönchengladbach“vielleicht einmal nachlesen sollte, was „der Alte aus Rhöndorf“an Weisheiten hinterlassen hat. Adenauer war milde und versöhnlich: „Erwarten Sie nichts Übermenschliches von anderen und sich selbst.“