Der Staat gegen Google
Deals mit Geräteherstellern sichern dem Konzern die Dominanz in vielen Browsern. Die US-Justiz geht dagegen vor.
WASHINGTON (dpa/mah/rtr) Mitten im Präsidentschaftswahlkampf steht dem Internetriesen Google in den USA das größte Wettbewerbsverfahren seit über 20 Jahren bevor – und einer der spektakulärsten Wirtschaftsprozesse der US-Geschichte überhaupt: Das Justizministerium und elf US-Bundesstaaten verklagten den weltgrößten Suchmaschinenbetreiber.
Der Vorwurf hat es in sich. Und er könnte die Tochter des Internetkonzerns Alphabet teuer zu stehen kommen: Google missbrauche seine marktbeherrschende Stellung, um Konkurrenten auszubooten, so die US-Justiz. Googles wettbewerbsfeindliches Verhalten müsse gerichtlich gestoppt und der Wettbewerb wiederhergestellt werden, heißt es in der Klage. Der Konzern sorge dafür, dass Konkurrenten im werbeträchtigen Suchmaschinenmarkt nicht Fuß fassen könnten, argumentiert die Behörde. Ein Beispiel dafür seien bestehende Deals, etwa mit Apple, Samsung oder dem Firefox-Anbieter Mozilla, dank derer die Google-Suche als Standard im Webbrowser der Geräte voreingestellt wird. Viele Verbraucher änderten dann die Grundeinstellung nicht.
Apple bringe diese Exklusiv-Vereinbarung mit Google 15 bis 20 Prozent des Gewinns, heißt es in der Klage – offenbar unter Bezugnahme auf Schätzungen zur Höhe der Zahlungen. Auf die Frage, welche Maßnahmen konkret ergriffen werden sollten, betonte ein Vertreter des US-Justizministeriums, keine Option sei ausgeschlossen.
Google wies die Vorwürfe energisch zurück: „Die Menschen nutzen Google, weil sie sich dafür entscheiden, nicht weil sie dazu gezwungen werden oder keine Alternativen finden können“, hieß es. Schließlich gebe es Alternativen, erklärte der Konzern. Bei einem Erfolg der Klage würden alternative Suchmaschinen mit niedrigerer Qualität in den Vordergrund rücken und Smartphones teurer werden. Außerdem sei es problemlos möglich, die Standard-Suchmaschine umzustellen – auch auf einem Android-Gerät. „Wenn die Regierung nicht das Kartellrecht durchsetzt, laufen wir Gefahr, die nächste Welle von Innovationen zu verpassen“, hält Vize-Justizminister Jeffrey Rosen dem entgegen. „Wenn es so kommen sollte, könnten Amerikaner nie das nächste Google erleben.“
Google kontrolliert laut der Klageschrift fast 90 Prozent des gesamten Suchmaschinenmarkts in den USA, bei Internet-Recherchen von Mobiltelefonen aus beträgt der Marktanteil sogar fast 95 Prozent. Mit einem Umsatz von 162 Milliarden Dollar zählt der Konzern zu den größten Unternehmen der Welt. In den USA werden bereits seit über einem Jahr Wettbewerbsermittlungen gegen den Suchmaschinenbetreiber geführt. In Europa haben die Wettbewerbshüter der EU-Kommission Google schon seit Jahren im Visier und verhängten Milliarden-Strafen unter anderem wegen des Geschäfts mit der Shopping-Suche und dem Smartphones-Betriebssystem Android. Insgesamt addierten sich die Strafen auf 8,25 Milliarden Euro. Der Konzern wehrte sich vor Gericht letztlich erfolglos dagegen, konnte die Zahlungen am Ende finanziell aber leicht verdauen.
Die Anzeigen im Umfeld der Websuche sind seit jeher die zentrale Einnahmequelle in Googles Geschäftsmodell. Die Werbeslots werden im Auktionsverfahren angelehnt an den Inhalt der Suchanfrage vergeben. Das Besondere: Die Werbekunden zahlen erst, wenn jemand tatsächlich die Anzeige anklickt. In den vergangenen Jahren sanken die Erlöse pro Klick kontinuierlich, vor allem weil die Tarife auf den kleinen Smartphone-Bildschirmen niedriger sind. Die steigende Zahl der Anzeigen machte das aber mehr als wett.
Anleger zeigten sich von der Klage im US-Handel zunächst wenig beeindruckt.