Ethikrat berät über Sterbehilfe
Das Verfassungsgericht hatte eine Neuregelung des assistierten Suizids verlangt.
BERLIN Wann darf, soll oder muss ein Mensch einem anderen bei der Selbsttötung helfen? Der Deutsche Ethikrat hat dazu am Donnerstag seine Beratungen begonnen. Sie sind gewöhnlich intern, finden bei diesem Thema aber in aller Öffentlichkeit statt, mit der Möglichkeit für jeden, Nachfragen zu stellen.
Gesundheitsminister Jens Spahn hatte den Ethikrat gebeten, das Thema zu durchdenken, bevor der Gesetzgeber eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts umsetzt und das Verbot geschäftsmäßigen assistierten Suizids durch eine neue Regelung ersetzt. Sie soll die verfassungsgerichtliche Vorgabe erfüllen, wonach es zur Würde und zur Entscheidungsfreiheit
jedes Menschen gehört, sein Leben selbstbestimmt beenden zu können. Deshalb hatte das Verfassungsgericht das Verbot von Sterbehilfevereinen gekippt.
Der Gerontologe Andreas Kruse aus Heidelberg wies darauf hin, dass bei vielen Selbsttötungen psychische Störungen oder Erkrankungen zu verzeichnen seien. In beträchtlichem Umfang hingen die Suizide auch mit Arbeitslosigkeit, materieller Not und Isolation zusammen. Die Sorge, anderen Menschen zur Last zu fallen, und die Erfahrung, nicht mehr gebraucht zu werden, seien weitere Motive. Der katholische Moraltheologe Franz-Josef Bormann aus Tübingen folgerte daraus die Notwendigkeit, „Erlebnisräume“zu schaffen, in denen
Menschen mit Suizidabsicht wieder Lust am Leben finden könnten.
Für die Kölner Strafrechtlerin Frauke Rostalski steckt bei den Versuchen, das Recht an die Vorgaben des Verfassungsgerichts anzupassen, der Teufel im Detail. Sie sprach sich gegen starre Altersgrenzen für die Entscheidungsfreiheit aus und unterstrich, auch Menschen mit Demenz hätten „lichte Momente“, in denen sie die Tragweite ihres Beschlusses überblicken könnten. Auch Suizid aus Liebeskummer könne nicht pauschal als unfreie Entscheidung gesehen werden. „Zu einem freien Leben gehört ein freies Sterben“, unterstrich Rostalski. Das schließe den Willen ein, durch die Hand eines anderen zu sterben.