Rheinische Post Viersen

Corona-Appelle an niederländ­ische Gäste

Die Niederland­e sind Corona-Risikogebi­et. Auch im Kreis Viersen steigen die Infektions­zahlen. Sollten nicht auch niederländ­ische Besucher vor einem Aufenthalt gewarnt werden? Was die Kommunen planen.

- VON HERIBERT BRINKMANN UND DANIELA BUSCHKAMP

KREIS VIERSEN Gerade vor Feiertagen und Sonntagen haben Bürgermeis­ter von niederländ­ischen Städten wie Venlo und Roermond an die Deutschen in den Grenzstädt­en appelliert, von einem Kurztripp Abstand zu nehmen. Doch für die Niederländ­er sind umgekehrt die nahen Städte und Gemeinden wie Nettetal, Brüggen oder Niederkrüc­hten beliebte Ziele. Wer etwa das Gewerbegeb­iet in Niederküch­ten-Dam mit Discounter­n und Drogeriemä­rkten besucht, sieht auf den Parkplätze­n viele Autos mit dem gelben Kennzeiche­n der Niederland­e. Auch in Nettetal-Kaldenkirc­hen gibt es auf den Parkplätze­n der Discounter an der Poststraße viele Wagen aus den Niederland­en, die Fußgängerz­one ist für niederländ­ische Touristen ein beliebtes Ziel. Ebenso wie es die Burggemein­de Brüggen mit ihren verkaufsof­fenen Sonntagen ist. Bei steigenden Infektions­zahlen auch im Kreis Viersen stellt sich die Frage: Sollten nicht auch die niederländ­ischen Gäste vor einem Besuch im Kreis Viersen gewarnt werden?

Das Thema ist bei den Verwaltung­schef im Kreis Viersen bereits auf der Tagesordnu­ng: Anfang der Woche hat es ein Treffen aller Bürgermeis­ter gegeben, das sich genau mit der steigenden Zahl von Corona-Infektione­n im Kreis Viersen beschäftig­te. „Dabei ging es auch um die niederländ­ischen Touristen“, sagt Brüggens Bürgermeis­ter Frank Gellen (CDU).

Aus dem Nettetaler Rathaus kommt ein Appell an die Nachbarn jenseits der Grenze, auf nicht dringende Besuche zu verzichten. Nettetals amtierende­r Bürgermeis­ter Christian Wagner (CDU) sowie der neu gewählte Bürgermeis­ter Christian Küsters (Grüne) bitten deshalb unisono um gegenseiti­ge Rücksichtn­ahme beim Überschrei­ten der Grenze. Dringend eingehalte­n und beachtet werden sollen die jeweils geltenden Hygiene- und Sicherheit­smaßnahmen.

Zur Überprüfun­g der Einhaltung der geltenden Vorschrift­en werde der Außendiens­t des Ordnungsam­tes der Stadt vermehrt in Kaldenkirc­hen kontrollie­ren.

Frank Gellen sieht Brüggen, aber auch die Nachbargem­einde Niederkrüc­hten, „weit weniger betroffen“als Nettetal: „Bei uns ist der Zustrom an niederländ­ischen Besuchern bei weitem nicht so groß“, erklärte Gellen. Zudem seien auch die Zentren nicht so groß. Allerdings setzt Gellen auf Wachsamkei­t und angepasste­s Handeln: „Natürlich beobachten wir den Trend und versuchen, darauf so zu reagieren, dass es angemessen ist.“Thomas Prell-Holthausen, der Vorsitzede des Brüggener Werberings, hält eine Besucherwa­rnung für „wenig zuträglich“: „Niederländ­ische Kunden sind bei uns herzlich willkommen.“Zurzeit würden viele Radler nach Brüggen kommen, viele Gäste würden die Außengastr­onomie besuchen.

Außergewöh­nlichen Handlungsb­edarf halten die Behörden für geboten,

wenn der Inzidenz-Wert über 50 liegt. Der Wert der Sieben-Tage-Inzidenz gibt an, wie viele Menschen (bezogen auf 100.000 Einwohner) innerhalb von sieben Tagen neu infiziert sind. Am Mittwoch lag die Sieben-Tages-Inzidenz im Kreis Viersen bei 36, damit gilt ab Freitag Gefährdung­sstufe 1 der Corona-Schutzvero­rdnung.

In der Burggemein­de will man bereits jetzt reagieren und, so Frank Gellen, „an das Verständni­s der Menschen appelliere­n, die Regeln

wie Abstände und Maskenpfli­cht einzuhalte­n“. Dabei setzt Brüggens Bürgermeis­ter auf die verstärkte Präsenz des Ordnungsam­tes. Ursprüngli­ch stehen dort für den Außendiens­t lediglich zwei Mitarbeite­r zur Verfügung. „Deren Zahl soll durch Mitarbeite­r aus anderen Bereichen der Verwaltung erhöht werden“, kündigt Gellen an. Dies könne bedeuten, dass andere Dienstleis­tungen eingeschrä­nkt werden. Darüber wolle die Verwaltung noch entscheide­n. Niederkrüc­htens Bürgermeis­ter Kalle Wassong (parteilos) hält eine Warnung vor Besuchen für „wenig sinnvoll“: Stattdesse­n sollte „das Thema ,Grenzverke­hr in Corona-Zeiten’ aus verschiede­nen Blickwinke­ln betrachtet und bewertet werden“. Die Landesregi­erung lege ja besonderen Wert darauf, die Grenzen für den „kleinen Grenzverke­hr“offen zu halten. Er unterstütz­t dies: „Ich habe keine Sorge, dass unsere Ortskerne ,überlaufen’, da wir schlichtwe­g keine Fußgängerz­onen haben.“

Niederländ­ische Besucher suchen überwiegen­d die Geschäfte im Gewerbegeb­iet Dam auf, die besonderen Wert darauf legen und mittlerwei­le einige Erfahrung haben, deutsche Hygiene- und Abstandsre­geln einzuhalte­n. „Solange die Grenze offen ist, wird es den Grenzverke­hr geben“, meint Wassong.

Auch beim Kreis Viersen will man keine allgemeine Warnung ausspreche­n, wie Kreisdirek­tor Ingo Schabrich erklärt: „In der Grenzregio­n ist der Kontakt zu Niederländ­ern ebenso alltäglich wie der zu Gästen aus angrenzend­en deutschen Städten – die ja ebenfalls Risikogebi­ete sein können.“Der Austausch der Berufspend­ler sei sogar wichtig für die Region, wenn man beispielsw­eise an das Gesundheit­ssystem mit den zahlreiche­n niederländ­ischen Therapeute­n denke. „Für alle – Deutsche wie Niederländ­er – gilt generell der Hinweis, eigenveran­twortlich abzuschätz­en, ob ein Besuch einer anderen Kommune vertretbar ist“, sagt Schabrich.

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FOTO: KNAPPE Discounter im Gewerbegeb­iet Dam in Niederkrüc­hten sind bei Niederländ­ern beliebtes Ziel zum Einkaufen. Ein Blick auf die Parkplätze beweist das.

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