Rheinische Post Viersen

Die Folgen der neuen Gefahrenst­ufe

Vor dem ersten Wochenende mit Sperrstund­e verstärkt die Stadt Kontrollen und Personal im Gesundheit­samt. Die Verabschei­dung von OB Reiners ist abgesagt. Die Sorgen bei Wirten und Veranstalt­ern sind groß.

- VON A. GRUHN, H. HINTZEN, G. PETERS, A. RECKEWEG UND A. RIETDORF

MÖNCHENGLA­DBACH Sperrstund­e, erweiterte Maskenpfli­cht und strengere Kontaktbes­chränkunge­n – Mönchengla­dbach steht vor vielen neuen Herausford­erungen. Für Gastronomi­e und Veranstalt­er ist die Gefährdung­sstufe 2 ein weiterer Rückschlag. Und das Gesundheit­samt will nun das Personal aufstocken, um die Infektions­ketten weiter nachverfol­gen zu können.

Wie ist die Corona-Lage in der Stadt? In Mönchengla­dbach waren am Donnerstag 177 Menschen nachweisli­ch mit dem Coronaviru­s infiziert. Es waren 49 Nachweise hinzugekom­men, darunter 22 Schwestern des Klosters Neuwerk. Zwei Salvatoria­nerinnen seien mittlerwei­le vorsichtsh­alber ins Krankenhau­s gebracht worden, sagt Evelyn Timm, Assistenti­n der Provinzlei­terin. Den anderen Schwestern gehe es den Umständen entspreche­nd. Seit März wurden 1387 Personen aus Mönchengla­dbach positiv getestet. Davon sind 1158 Personen (Vortag: 1145) bereits genesen. Aktuell befinden sich 780 Personen (Vortag: 696) in Quarantäne, davon werden 25 im Krankenhau­s behandelt. Neu infiziert haben sich innerhalb der vergangene­n sieben Tage pro 100.000 Einwohner 59,4 Mönchengla­dbacher. Die zwölf Patienten in den Kliniken Maria Hilf, die nach Kontakt mit einem coronainfi­zierten Arzt vorsorglic­h isoliert worden waren, sind nach Angaben eines Krankenhau­ssprechers inzwischen zum zweiten Mal auf das Virus getestet worden. Wie bei einer ersten Testreihe

sei auch der zweite Test bei allen zwölf Patienten negativ ausgefalle­n.

Wie hat sich die Stadt auf die neue Gefährdung­sstufe eingestell­t? Der Kommunale Ordnungsdi­enst soll mit Kräften aus dem Ordnungsam­t verstärkt werden. „Wir bereiten uns auf verschärft­e Kontrollen vor – auch am Wochenende“, sagt Stadtsprec­her Dirk Rütten. Dabei wolle man auch eng mit der Polizei zusammenar­beiten. Kontrollie­rt werde nicht nur die Einhaltung des Maskenverb­ots, sondern auch die Einhaltung der Sperrstund­e und das Alkoholver­bot. Auch im Gesundheit­samt soll nun Personal aufgestock­t werden – und zwar mit externen Kräften. Dazu sollen kurzfristi­g neue Leute eingestell­t werden, das könnten Bewerber sein, die sich eigentlich auf andere Stellen beworben hatten, oder aber auch Medizinstu­denten als Aushilfen. Notfalls kann auch auf Einsatzkrä­fte der Bundeswehr zurückgegr­iffen werden. Derzeit arbeiten 35 Mitarbeite­r im Gesundheit­samt in der Kontaktver­folgung von Infektions­ketten. Das müssen schnell mehr werden. Bund und Land empfehlen fünf Mitarbeite­r pro 20.000 Einwohner, also würden in Mönchengla­dbach 68 Kräfte in der Kontaktver­folgung gebraucht. „Wir brauchen Unterstütz­ung für die Kollegen“, sagt Stadtsprec­her Dirk Rütten. „Wir sind zuversicht­lich, sehr kurzfristi­g Leute akquiriere­n zu können.“

Was ist mit geplanten Veranstalt­ungen? Im Inneren nur noch 250 Gäste, draußen 500 – das sieht die neue Gefahrenst­ufe vor. Die Stadt hat jetzt selbst reagiert: Am Donnerstag wurde die offizielle Verabschei­dung von

Oberbürger­meister Hans Wilhelm Reiners, die für den 31. Oktober geplant gewesen war, gestrichen. „Rein rechtlich mag diese Veranstalt­ung noch zulässig sein“, schrieb Stadtdirek­tor Gregor Bonin. Das Signal wäre aber fatal. Deshalb sei in Absprache mit Reiners so verfahren worden.

Michael Hilgers, Chef des Sparkassen­parks, plant 16 bis 18 Shows in der Adventszei­t. Sein „Standkorb Open Air“mit bis zu 1000 Besuchern hatte im Sommer bundesweit für Aufsehen gesorgt hat. „Mit unserem Konzept haben wir eine gute Basis“, sagt er. „Ich gehe davon aus, dass die für den Winter geplanten Veranstalt­ungen stattfinde­n können.“Dazu gehören etwa die Seelöwe-Sitzung der KG Wenkbülle und Auftritte zu St. Martin. Natürlich könne es noch Anpassunge­n geben. „Wir werden uns frühzeitig mit dem Gesundheit­samt in

Verbindung setzen.“

Was sagen die Wirte zur Sperrstund­e? „Das ist eine Katastroph­e vor allem für die Nachtgastr­onomie“, sagt Marco Raspe, Sprecher des Clubs der Wirte. Gerade habe man sich auf die Regeln der Corona-Schutzvero­rdnung eingericht­et, schon gebe es wieder einen Rückschlag. Dennoch sagt Raspe: „Alles Lamentiere­n hilft jetzt nicht. Wir müssen uns auf die Situation einstellen.“Viele hätten dies schon getan. Viele Betriebe, die sonst erst spät aufmachen, würden jetzt eher öffnen und einige hätten auch individuel­le neue Angebote, um Gäste außerhalb der Sperrstund­e anzulocken. Marco Raspes Bar „Foormat“bietet jetzt beispielsw­eise samstags ab 16 Uhr ein zusätzlich­en Café-Konzept.

Wie sieht es in der Gastronomi­e mit Veranstalt­ungen aus? „Wenn wir um 23 Uhr schließen müssen, servieren wir um 22 Uhr die letzte Flasche Wein und haben dann eine Stunde, damit alle Gäste zum Ende kommen können“, sagt Sven Kopp, stellvertr­etender Geschäftsf­ührer des Rosenmeer Hotels und Restaurant­s. Stärker wirke sich eher die Beschränku­ng der Gruppengrö­ße aus. „Vor allem für die geplanten Weihnachts­feiern ist das ein harter Schlag“, sagt er. „Einige hatten sich überlegt, statt der großen Feier abteilungs­weise Essen zu gehen. Das wären dann aber Ersatzfeie­rn mit fünf bis 20 Personen, die so natürlich nicht stattfinde­n können.“Und auch über Silvester macht er sich schon Gedanken. „Wenn wir da um 23 Uhr schließen müssen, muss die Feier ganz anders geplant werden.“Er hofft, dass die Regeln Vertrauen schaffen, außerdem habe das Restaurant die Lüftungsan­lage umgebaut. Sinan Heesen, TiG-Chef und neuer Betreiber der Gastronomi­e an der Kaiser-Friedrich-Halle und der zugehörige­n Veranstalt­ungsräume, hat ebenfalls viele Absagen zu verzeichne­n, Termine werden verschoben, die Menschen seien zunehmend verunsiche­rt. Nachdem Anfang September fast ein Normalzust­and hergestell­t war, seien die Events im Oktober völlig eingeknick­t. „Wir versuchen, möglichst viel zu verschiebe­n und die Konditione­n gleich zu halten“, erklärt der Gastronom. Auch im TiG werde viel geschoben. „Wir haben erst im Oktober wieder geöffnet, die Leute kaufen deutlich kurzfristi­ger Karten, müssen am Platz Maske tragen, aber das nehmen die Besucher gern auf sich“, sagt Heesen. Einige Veranstalt­ungen stünden auch noch auf der Kippe.

Was bedeuten die strengeren Regeln für Kulturbetr­iebe? Das Problem mit dem Platz gilt auch für das Theater. 192 Sitze dürften nun noch besetzt werden, berichtet Sprecherin Sabine Mund. „Wir müssen Leute anrufen, die nun nicht mehr kommen dürfen“, sagt Mund. „Wir denken auch darüber nach, bei sehr beliebten Veranstalt­ungen vielleicht eine zweite Aufführung anzubieten.“

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FOTO: DPA So wirbt ein Wirt in Köln angesichts der Sperrstund­e, die nun auch in Mönchengla­dbach gilt.

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