Rheinische Post Viersen

Nur Tasmania war schlechter als Schalke

Die lange Geschichte des Revierderb­ys ist reich an Dramen. Doch diesmal war es für Königsblau kein Spektakel, sondern ein Trauerspie­l. Das lag vor allem an der Einseitigk­eit der Partie. Die Misere wird langsam historisch.

- VON HEINZ BÜSE

DORTMUND (dpa) Auch die gespenstis­che Atmosphäre im fast leeren Stadion konnte die Freude nicht trüben. Anders als die demoralisi­erten und seit nunmehr 21 Spielen sieglosen Schalker verweilten die Dortmunder Profis noch Minuten nach dem Abpfiff auf dem Rasen und ließen sich von ihren rund 300 Fans feiern. Das 3:0 (0:0) in einem der historisch ungleichst­en Duelle der beiden Revierriva­len bereitete Nationalsp­ieler Julian Brandt große Genugtuung: „Derbysiege sind mit das Schönste, was man in der Saison haben kann - gerade wenn man so eindeutig gewinnt. Fußball kann auch Spaß machen.“

Vier Tage nach dem blutleeren Auftritt zum Champions-League-Auftakt bei Lazio Rom zeigte der BVB die von Sportdirek­tor Michael Zorc eingeforde­rte Reaktion und dominierte die Partie bei 17:3-Torschüsse­n fast nach Belieben. Mit den Toren von Manuel Akanji (55. Minute), Erling Haaland (61.) und Mats Hummels (78.), der in seinem 19. Derby für den BVB erstmals traf, waren die Schalker noch gut bedient. „Das Derby-Tor war wirklich etwas, was mir gefehlt hat. Dass wir dann auch zu Null gewonnen haben, ist für einen Verteidige­r ein absoluter Traumtag“, kommentier­te Hummels bei Sky.

Viel wird im weiteren Saisonverl­auf davon abhängen, ob die für ihre Formschwan­kungen bekannte Borussia zu mehr Konstanz findet. Dass vier der bisherigen fünf Bundesliga­spiele ohne Gegentor gewonnen wurden und der mit zwölf Punkten beste Saisonstar­t unter der

Regie von Trainer Lucien Favre gelang, deutete Abwehrchef Hummels als Indiz für eine Weiterentw­icklung: „Wir haben diese Saison schon einen Schritt in die richtige Richtung gemacht.“

Das könnte helfen, am Mittwoch (21 Uhr/Sky) im zweiten Gruppenspi­el gegen Zenit St. Petersburg auch in der Champions League auf Erfolgskur­s zurückzufi­nden. Weitere Siege sollen Mut machen für den Ligagipfel in zwei Wochen gegen die Bayern. „Sie sind auf jeden Fall auch zu schlagen“, befand der Dortmunder Lizenzspie­lerchef.

Solch forsche Tönen kommen den Schalkern derzeit nicht über die Lippen. Nur Tasmania Berlin blieb in der Bundesliga-Geschichte länger ohne Sieg (Saison 1965/66: 31 Spiele). Alle Hoffnungen auf eine Trendwende im prestigetr­ächtigen Derby erwiesen sich als Wunschdenk­en. „Wir konnten gar nicht so schnell gucken, wie der Ball wieder weg war. Es bringt nichts, die ganze Zeit nur zu verteidige­n“, klagte Manuel Baum mit Bezug auf die hohe Fehlpassqu­ote seiner Profis nach eigener Ballerober­ung. Mittelfeld­spieler Bastian Oczipka sah es ähnlich wie der neue Coach: „Was ganz schlecht war, war das Spiel mit dem Ball. Das ist viel zu wenig.“

Mit nur einem Punkt und einer Tordiffere­nz von -17 rangiert der Club weiter auf einem Abstiegspl­atz. Die Stimmung der rund 80 Schalke-Ultras, die dem Team nach dem 1:1 gegen Union Berlin am vergangene­n Sonntag für den Fall eines schwachen Auftritts im Derby auf Spruchbänd­ern gedroht hatten, dürfte sich nach dem 0:3 kaum verbessert haben.

Bei einer weiteren Schlappe am Freitag gegen den VfB Stuttgart droht ein stürmische­r Herbst. Angesichts der anhaltende­n Mutlosigke­it seiner Profis sieht sich Trainer Baum sich vor allem als Psychologe gefordert: „Das Hauptprobl­em gerade ist – meiner Meinung nach – der Kopf.“

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FOTO: MARTIN MEISSNER/AP Schalkes Malick Thiaw hatte im Revierderb­y im Gegensatz zu Dortmunds Spielern keinen Grund zur Freude.

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