Düsseldorf zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Fortuna hat viele Probleme. Manche liegen auf dem Platz, manche daneben. Das größte ist, die Länge und Dicke des Geduldsfadens der Beteiligten zu bestimmen. Bei Traditionsvereinen ist das generell nicht so leicht.
HANNOVER Es ist gar nicht so lange her, da sprachen Sportvorstand Uwe Klein und Trainer Uwe Rösler über die Pläne für die anstehende Zweitliga-Saison. Tenor: Wir wollen etwas aufbauen – in Ruhe. Das alles gehe natürlich nicht von heute auf morgen, man brauche Zeit. Das war Ende August. Knapp zwei Monate später findet sich Fortuna Düsseldorf nach einem 0:3 bei Hannover 96 auf dem 16. Tabellenplatz der 2. Fußball-Bundesliga wieder.
Fünf Spiele sind gespielt, drei wurden verloren, nur eines gewonnen. Eigentlich könnte man nun sagen: Die Prognose der Verantwortlichen trifft ein, kein Grund für panische Reaktionen. Doch so einfach ist es eben in der Fußballwelt nicht. Denn:
Die Düsseldorfer haben sich in der vorvergangenen Woche das Saisonziel direkter Wiederaufstieg auf die Fahnen geschrieben, wenn auch mit einigen Einschränkungen. Das 0:3 sorgt somit für ein klaffendes Loch zwischen Anspruch und Wirklichkeit.
In Hannover bot Fortuna eine Halbzeit lang immerhin ganz soliden Defensivfußball. Sie ließ wenig zu, hatte bei einem Lattentreffer dennoch Glück, nicht schon früher in Rückstand zu geraten. Offensiv war es allerdings in jeglicher Hinsicht ein Offenbarungseid. Kristoffer Peterson schaufelte den Ball in der 88. Minute aufs Hannoveraner Gehäuse. Statistisch musste dieser Versuch als Torschuss gewertet werden. Es war der erste und einzige im gesamten Spiel.
Die Problemstellung: Können diese 90 Minuten der Anspruch einer Mannschaft sein, die um den Aufstieg mitspielen möchte? Wohl eher nein. Das weiß auch Rösler, der dann auch sagte: „Wir müssen den Ist-Zustand verbessern. Wir brauchen mehr Punkte, wir haben zu wenige Punkte. Ich spüre das Vertrauen von den Verantwortlichen, die Kommunikation ist sehr gut. Wir sitzen in einem Boot, und nur so kommen wir aus der Situation heraus.“
Einer der Verantwortlichen ist Klaus Allofs, Ende September als neuer Vorstand Fußball bestellt. Seine Verpflichtung sorgte sicher nicht dafür, dass das Umfeld bei Fortuna plötzlich aufhört, Luftschlösser zu bauen. Es ist ohnehin eines der großen Probleme von Traditionsvereinen, dass Geduld ein äußerst rares
Gut ist – in Zeiten, in denen schon während eines Spiels über die Sozialen Medien Köpfe von Verantwortungsträgern gefordert werden, ganz besonders.
Allofs, der bei der Formulierung des Saisonziels intern naturgemäß mitgewirkt hat, gab Anfang Oktober zu Protokoll, dass er Uwe Rösler die Aufgabe bei Fortuna zutraue. Er erwarte vom Trainer aber, dass er jeden Spieler besser machen und natürlich auch Punkte liefern müsse.
Nach fünf Spielen hat Fortuna gerade mal vier Zähler auf dem Konto. Die Verantwortlichen – allen voran Uwe Rösler – verweisen immer wieder auf die besonderen Umstände diese Saison: den großen Umbruch im Kader, die schwierige Vorbereitung inklusive Corona-Quarantäne und immer wieder verletzte Spieler. Doch sie müssen aufpassen, dass dies nicht als ewige Ausrede genutzt wird und somit ein Alibi für die Spieler geschaffen wird. Wenn das Saisonziel direkter Wiederaufstieg heißt, müssen andere Leistungen her als beim 0:3 am Samstag.