Polizei und KOS setzen Sperrstunde durch
Am ersten Wochenende mit Sperrstunde ab 23 Uhr sind Einsatzkräfte in Gladbach und in Rheydt unterwegs. Die meisten Menschen halten sich an die Sperrstunde, während das Partyvolk Auswege sucht. Das Nachtleben kommt zum Erliegen.
MÖNCHENGLADBACH Es ist gegen 22.45 Uhr in der Gladbacher Altstadt am Freitagabend, als das erste Polizei-Auto vom Alten Markt in die Waldhausener Straße einbiegt. In der Gaststätte „Foormat“hat Wirt Marco Raspe, Sprecher des Clubs der Wirte, da schon längst die letzte Runde ausschenken lassen. Das mit Mund-Nasen-Schutz maskierte Personal wischt schon über die Theke, während Gäste die letzten Schlucke Bier im Glas wiegen wie ein kostbares Gut. Wenig später werden die Stühle hochgestellt. Gegenüber lassen die Kioske schon die Rollläden runter, der Pizza-Imbiss lässt das Gitter vor der Tür herab.
23 Uhr. Feierabend in der Gladbacher Altstadt. Es ist der erste Freitagabend auf Gladbachs Partymeile mit der seit dieser Woche gültigen Sperrstunde. Zwischen 23 und 6 Uhr müssen Gastronomie-Betriebe geschlossen bleiben, Kioske und Tankstellen dürfen keinen Alkohol verkaufen. Notwendig geworden war die neue Regelung, weil Mönchengladbach am Mittwoch den Inzidenz-Wert von 50 deutlich überschritten hat. Die Party ist aus, sofern es sie denn seit der Wiedereröffnung der Bars und Kneipen überhaupt gegeben hat. Jedenfalls nicht so wie früher.
Dass das so bleibt, dafür sorgen die Polizei und der Kommunale Ordnungsund Servicedienst (KOS) der Stadt. Sie setzen die Sperrstunde in der Altstadt, in Rheydt und in den Außenbezirken in einer gemeinsamen Aktion durch. Dabei hat es am Freitag sechs Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeiten im Bereich der Gaststätten gegeben, die ein Bußgeld nach sich ziehen werden. Drei Platzverweise wurden ausgesprochen, sagt Polizei-Sprecher Wolfgang Röthgens am Samstagmorgen: „Es war ein insgesamt ruhiger Verlauf. Die weit überwiegende Anzahl der Betriebe hat sich an die Sperrzeiten gehalten.“Auch aus Sicht des Ordnungsamtes sei die Sperrstunde gut eingehalten worden, sagt Stadtsprecher Dirk Rütten: „Die Reaktionen waren größtenteils einsichtig, es gab vereinzelt Diskussionen,
aber keinen Widerstand.“Gegen 1.45 Uhr war der Einsatz des Ordnungsdienstes beendet.
Die Maßnahmen wirkten offenbar: Am Samstag war noch weniger los als noch am Freitag. In einer Bar außerhalb der Altstadt wurde am Samstag aber auch um 23.30 Uhr noch fröhlich weiter gefeiert. Der Schankbetrieb lief noch mit 20 Gästen, als die Ordnungskräfte eintrafen. Den Betreiber erwartet jetzt ein Bußgeld, hieß es am Sonntag bei der Stadt. In vier weiteren Betrieben wurden Ermahnungen
ausgesprochen.
Die Sperrstunde vertreibt die Partygäste nicht erst um 23 Uhr, viele kommen gar nicht erst. „Ich habe schon am Donnerstag ab 22 Uhr keinen einzigen mehr erlebt, der durch die Altstadt gelaufen ist“, sagt Marco Raspe. Er und Ugur Bilgic, Betreiber des „Graefen“am Alten Markt, ahnen, wo die Leute hin sind. „Ich habe von vielen gehört, dass sie nach Viersen und Krefeld fahren wollten“, sagt Bilgic. Oder sie treffen sich in Wohnungen zum Feiern. „Ich habe den
Eindruck, dass sich das nur verlagert“, sagt Bilgic, der das „Graefen“gar nicht erst geöffnet hat.
Andernorts klagen Wirte gegen die Sperrstunde. Ob das etwas bringt? Raspe ist skeptisch. „Das Alkoholverbot bliebe ja. Alkohol ist für viele etwas Wesentliches in der Nachtgastronomie“, sagt Raspe. Cola ab 23 Uhr würde da wohl gar nicht so viele Gäste in den Lokalen halten. Viele Wirte haben deshalb die Öffnungszeiten vorgezogen, bedienen Gäste jetzt schon ab 18 Uhr. Raspe öffnet samstags das „Foormat“um 16 Uhr. „Wir haben Kaffee ins Programm genommen.“
Andreas Ochotta, Betreiber des Projekt 42, verzichtet darauf. Er hat seinen Club zur Bar umfunktioniert und bietet Kulturveranstaltungen an. „Wir wollen auch weiter mit Kulturveranstaltungen einen Funken Freiheit bieten und ein Signal senden“, sagt Ochotta.
Es ist nach 23 Uhr, die Gäste sind auf dem Weg nach Hause – oder woanders hin. Besucher Arne Stümges sagt: „Ich glaube nicht, dass die Gastronomie Auslöser für die jetzt erhöhten Infektionen ist. Es ist etwas ungerecht, so kurzfristig eine derart drastische Maßnahme zu ergreifen.“Rabea Funken findet: „Ich bin bereit, im Sinne des Infektionsschutzgesetzes Einschränkungen in Kauf zu nehmen. Aber was ändert es, ob wir hier bis 23 Uhr am Tisch sitzen oder bis 3 Uhr?“Die Sperrstunde gilt weiter, und es wird auch weitere Kontrollen geben. Am kommenden Samstag ist der 31. Oktober, Halloween. Wirt Marco Raspe: „Halloween ist der stärkste Tag im Jahr.“