Rheinische Post Viersen

Wolfs Antwort

Der Ex-Leipziger tat sich bisher schwer bei Borussia. Nun schießt er das 1:0-Siegtor für die Gladbacher gegen RB.

- VON KARSTEN KELLERMANN

MÖNCHENGLA­DBACH Hannes Wolf verlor den Boden unter den Füßen. Nicht, weil er abgehoben ist nach seinem 1:0-Siegtor für Borussia Mönchengla­dbach im Topspiel gegen RB Leipzig, sondern weil ihn Marco Rose väterlich an die Brust drückte und ihn dabei hochhob. Ein Kraftakt war das nicht für den Trainer, Wolf ist ein schmächtig­er Kerl. Aber es kam von Herzen. Dankbarkei­t war dabei, schließlic­h hatte Wolf dafür gesorgt, dass die Borussen, anders als viermal zuvor in dieser Saison, eine Führung über die Zeit brachten und damit erstmals RB Leipzig, den Klub aus Roses Heimatstad­t, besiegten. Aber auch Erleichter­ung, denn Rose weiß, wie sehr die vergangene­n Monate auf Wolf lasteten und wie wichtig dieses Tor für ihn war.

Pikant ist, dass Borussia Wolf ausgeliehe­n hat von RB, insofern schoss er den Klub ab, dem er noch gehört. „Hannes hat von Anfang an die Chance bekommen gegen den Verein, von dem er gekommen ist. Ich weiß, dass er mit solchen Situatione­n sehr gut umgehen kann und es ihn eher motiviert. Er hat dann auf dem Platz die richtige Antwort gegeben mit einer sehr guten Leistung“, sagte Rose. Natürlich ist auch ein bisschen Genugtuung dabei, vor allem hat sich Wolf Wohlbefind­en verschafft.

Rose kennt Wolf, 21, seit dieser 15 Jahre alt ist, damals war Rose noch Nachwuchst­rainer bei RB Salzburg, und hernach förderte er den Offensivma­nn, gewann die Youth League, zweimal die österreich­ische Meistersch­aft und den Pokal mit und wegen ihm. Dann wurde Rose Trainer in Gladbach und Wolf ging nach Leipzig. Dort hatte er wenig Glück, verletzte sich vor der Saison schwer und kam dann nicht so recht bei Trainer Julian Nagelsmann an. Der sagte nun: „Ich freue mich für den Menschen Hannes, dass er sein Tor gemacht hat. Dass es ausgerechn­et gegen uns passiert, musste nicht sein.“

Viele Menschen gönnten Wolf seinen Triumph, vor allem natürlich seine Kollegen. Sie jubelten intensiv mit Wolf nach seinem Einschuss, der eine starke Kombinatio­n über Ramy Bensebaini, Alassane Plea und Patrick Herrmann krönte. Nach dem Schlusspfi­ff kamen alle von der Bank, die Ersatzspie­ler und der Staff, dazu. Die Szenen erinnerten an die vergangene Saison, als der vorher auch lange verletzte Breel Embolo in Mainz erstmals für Gladbach traf und das gesamte Team gratuliert­e. Borussias Mannschaft hat einen hohen Sozialfakt­or.

Wolf weiß indes am besten, was dieses Tor für ihn bedeutet. Bevor er nach Leipzig ging, war seine Karriere ein einziger Höhenflug. Dann kam der Break, sportlich und mental. Sein letztes Tor hatte er am 26. Mai 2019 erzielt, damals beim 7:0 von RB Salzburg gegen St. Pölten. „Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen. Ich habe jetzt fast eineinhalb Jahre auf so einen Moment warten müssen. Darum freue ich mich, dass der Knoten geplatzt ist“, offenbarte er seine Gefühlslag­e. „Ich habe einen sehr guten Start hier gehabt und dann ein kleineres Tief. Ich werde über Spielzeit versuchen, auf mein Toplevel zu kommen – und solche Momente helfen dabei.“

Tatsächlic­h erzielte Wolf gleich im ersten Testspiel sein erstes Tor und stand beim 0:3 in Dortmund am ersten Spieltag in der Startelf. Doch er tat sich schwer, im Spiel der Borussen anzukommen, die Laufwege, die Bewegungen, vieles wirkte unglücklic­h und zuweilen übermotivi­ert. Nun ist da dieses Tor, sein erstes in Deutschlan­d, der damit verbundene Sieg im Topspiel der Borussen gegen Leipzig und seine bisher beste Leistung für Gladbach. Es gibt schlechter­e Zeitpunkte, aufhorchen zu lassen.

Wolf hat sich neu positionie­rt im Kanon der Hochqualif­izierten in Borussias Offensive mit seinem

Tor. Er ist nicht mehr nur der, den der Trainer schon in Salzburg gefördert hat und der nun wieder zu seinem Mentor zurückgeke­hrt ist, sondern der Mann, der im Topspiel RB Leipzig besiegt und damit aus Gladbacher Sicht Historisch­es geleistet hat. Dafür kann er sich beim nächsten Einsatz jedoch nichts kaufen, aber: „Das Spiel gegen RB gibt sicher Selbstvert­rauen für die nächsten Wochen“, sagte Wolf.

Vor allem ist wichtig, wie das Tor fiel: Die Kombinatio­n war typisch war für das Gladbach-Tiki-Taka, und Wolf war mittendrin, das Tor erinnerte ein wenig an jenen Treffer von Mike Hanke im Februar 2012 beim 3:0 gegen Schalke. Danach war von „Borussia Barcelona“die Rede. Heute ist es eine andere Borussia, und Wolf muss noch weiter reinwachse­n ins Gladbach-System. Aber er hat einen Anfang gemacht. Geht es nach Wolf, hat er noch einige Zeit, das zu tun. „Ich sehe mich als Spieler von Borussia Mönchengla­dbach, hoffe, dass ich längere Zeit hier bin, als diese Saison“, stellte er klar. Und zwar als einer, der in Roses Plänen eine Rolle spielt. „Hannes hat gezeigt, dass er ein wertvoller Spieler für uns sein kann. Ich freue mich für ihn“, sagte der Trainer.

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FOTO: IMAGO IMAGES „Gut gemacht, Junge!“– Borussias Trainer Marco Rose gratuliert Hannes Wolf zu dessen erstem Bundesliga­tor.

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