Kreis Viersen fordert neue Rohstoffpolitik
In Schwalmtal-Lüttelforst kämpfen Anwohner gegen eine geplante weitere Auskiesung. Neue Hoffnung schöpfen sie durch einen Forderungskatalog des Kreises Viersen an das Land NRW. Was der Kreis darin vorschlägt.
SCHWALMTAL Für die Mitglieder der Interessengemeinschaft (IG) „Schwalmtal for Future“ist es laut Sprecherin Wobine Crisp aus Lüttelforst ein „gutes Signal“. Der Kreistag hat jetzt einen Forderungskatalog an das Land NRW zum Abbau von Kies, Sand und Ton mit Mehrheit verabschiedet.
Wie lautet die zentrale Forderung des Kreises Viersen?
Das ist Rohstoffabbau mit Augenmaß: „Unser Ziel ist eine nachhaltige Rohstoffpolitik, die die Umwelt am Niederrhein schützt“, sagt Landrat Andreas Coenen (CDU). „Wir stellen uns nicht gegen den Abbau generell, aber er muss maßvoll bleiben und Rücksicht auf unsere niederrheinische Kulturlandschaft und kommende Generationen nehmen.“
Worauf drängt der Kreis Viersen außerdem?
Der Abbau von oberflächennahen Material soll sich am konkreten örtlichen Bedarf orientieren; es soll „ein generationenübergreifendes Gesamtkonzept für den Kies-, Sand- und Tonabbau in NRW“aufgestellt werden. Damit sollen zum einen die Fördermengen im Sinne eines nachhaltigen Umgangs mit Rohstoffen reduziert werden. Zum anderen soll über Kontrollmechanismen sichergestellt werden, dass das geförderte Material primär vor Ort verwendet wird.
Was stckt hinter dem vom Kreis vorgeschlagenen „Kies-Euro“?
Eine finanzielle Abgabe bei der Entnahme von Kies, Sand und Ton. Sie soll Anreiz sein, sparsam mit den
Rohstoffen umzugehen. Die Abgabe sollen betroffene Kommunen nutzen, um gefährdete Lebensräume zu erhalten und zu entwickeln.
Wie wichtig ist für den Kreis eine Beteiligung an den Entscheidungen?
Auch in diesem Punkt sieht der Kreis Viersen durchaus noch Handlungsbedarf: „Wir möchten, dass das Land einen breit angelegten und dialogorientierten Beteiligungsprozess ermöglicht“, sagt Landrat Coenen. Es gelte, alle betroffenen Kreise, Städte und Gemeinden, die Rohstoffindustrie, Landwirtschaft, Umweltverbände, Bürgerinitiativen und
Wasserwirtschaft an einen Tisch zu bringen.“Auch in den Kreisen Wesel und Kleve wird Kiesabbau kontrovers diskutiert. Gegner des Abbaus gibt es etwa bei Umweltverbänden oder im Verein „Aktionsbündnis Niederrheinappell“.
Worum gibt es Widerstand gegen den weiteren Abbau von Kies, etwa in Lüttelforst?
Die Gegner fürchten fruchtbaren Boden zu verlieren; dieser habe auch eine wichtige Klimaschutzfunktion. Zudem geht es ihnen um den Erhalt der Tierarten (etwa von Vögeln) und die Bewahrung von
Lüttelforst als eines von nur noch drei erhaltenen Waldhufendörfern in ganz Nordrhein-Westfalen.
Sind im Kreis Viersen weitere Auskiesungen geplant?
Ja, sagt Bendikt Gisbers vom Kreis Viersen und nennt vier Vorhaben: Für die Abgrabung in Lüttelforst hat der Kreis Viersen im Dezember 2019 eine bauplanungsrechtliche Voranfrage positiv beschieden. Wegen Einsprüchen von Anwohnern aus der Interessengemeinschaft „Schwalmtal for Future“liegt das Verfahren jetzt bei der Bezirksregierung zur Entscheidung. Für
Brüggen liegt für den Bereich Weißer Stein, nördlich des ehemaligen Depotgeländes ein Erweiterungsantrag eines Abgrabers vor. „Das Verfahren ruht jedoch derzeit, da es denkmalrechtliche Probleme gibt“, so Gisbers. Erste Unterlagen wurden zudem beim Kreis Viersen eingereicht für eine geplante Erweiterung östlich der St.-Barbara-Straße in Brüggen-Genholt. Die vollständigen Unterlagen werden laut Gisbers „in Kürze erwartet“. Zudem gibt es einen Erweiterungsantrag für eine Abgrabung im Bereich Maasterrasse im Elmpter Wald in Niederkrüchten. Das Beteiligungsverfahren läuft.