Wie der Kunsthandel neue Wege sucht
Trotz der Absage vieler Kunstmessen bleibt der Bundesverband Deutscher Galerien und Kunsthändler zuversichtlich. Digitale Angebote sollen helfen.
KÖLN Corona hat dem Kunsthandel zugesetzt: Die Umsätze der Galerien, so heißt es in einer Analyse des Forschungsunternehmens Arts Economics, fielen im ersten Halbjahr weltweit um 36 Prozent. Im Rheinland ist die Art Cologne auf 2021 verschoben worden.
Kristian Jarmuschek, der Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Galerien und Kunsthändler, kennt das daraus folgende Dilemma nur zu gut: Erst in Gesellschaft wird der Umgang mit Kunst schön und anregend, doch nahe dürfen sich die Gesprächspartner zurzeit nicht kommen. Schon vor dem „Lockdown light“spürte man überall die Spaßbremse. „Die Leute haben persönlich Angst, sich anzustecken“, hat Jarmuschek, der Galerist in Berlin, immer wieder bemerkt, „das Drumherum wird eine große Gefahr“.
Digitalisierung kann die Begrenzung menschlicher Begegnungen, den Mangel an neuen Bekanntschaften kaum ausgleichen, erklärt der Kunsthändler. Dennoch helfe sie den Galerien, den Kontakt zu ihrer Kundschaft aufrechtzuerhalten. Jarmuschek verweist zur Erklärung auf eine von der Art Cologne entwickelte und von der Kulturstaatsministerin mit bis zu 500.000 Euro geförderte Digitalplattform für Verkäufe von Kunstwerken, die „Art Cologne Online
Sales“. Diese Plattform soll im April kommenden Jahres als eine Art „digitale Verlängerung“beginnen. Schon jetzt werden Kunstmessen mit Hilfe von Avataren nachgebaut. Das soll es künftig auch bei Galerien geben.
Videokonferenzen, in denen man sich in eine Ausstellung einschalten kann, seien ein Ansatz. Außerdem beobachtet Jarmuschek den Hang seiner Kolleginnen und Kollegen, die analoge Welt zu behaupten. Sie schicken Interessenten Kunstwerke zur Ansicht nach Hause – „das hat ganz gut funktioniert“.
Galerien erwirtschafteten bislang nach Jarmuscheks Einschätzung mindestens die Hälfte ihres Umsatzes auf Kunstmessen: „Da kaufen Leute, die wenig Zeit haben, und Leute, die Geld haben, aber nicht nahe genug an der Szene sind“, das heißt, sich nicht bei einer Vernissage als Fremde in einem Publikum aus Kennern unwohl fühlen wollen.
Die Kunstmesse, so glaubt Jarmuschek, wird sich daher nicht durch Online-Märkte ersetzen lassen: Wenn jemand nicht wisse, was er sucht, welchen Künstlernamen er eingeben soll oder welche stilistische Richtung, werde ihm das Internet nichts nützen. Die Lust auf ein Bild entstehe erst, wenn man es als Original vor sich sehe und wenn man mit anderen darüber ins Gespräch, vielleicht sogar ins Schwärmen kommen.