Borussia zwischen 2- und 3+
Sieben Liga-Spiele sind vorbei, Halbzeit in der Champions-League-Gruppenphase. Ein guter Zeitpunkt für eine erste Bilanz.
Sieben Spiele in der Bundesliga sind vorbei, in der Champions-League-Gruppenphase ist Halbzeit – ein guter Anlass für eine erste Bilanz dessen, was die Borussen bisher gemacht haben. Siebter ist das Team von Marco Rose in der Bundesliga mit elf Punkten, in der Königsklasse führt Gladbach in der starken Gruppe mit Real Madrid und Inter Mailand die Tabelle an und hat mit der SV Elversberg einen Regionalligisten als machbare Hürde in Runde zwei vor sich.
Ertrag Borussia ist in der Champions League derzeit Königsklasse. Fünf Punkte aus drei Spielen, noch unbesiegt, damit haben nur die kühnsten Optimisten gerechnet. In der Liga hat Gladbach elf Punkte nach sieben Spielen (Schnitt 1,57), das ist Europa- League-Kurs. In der ersten Rose-Saison gab es im Schnitt 1,91 Punkte. Da muss die Lücke etwas geschlossen werden, um das Ziel, erneut konkret um die Champions League mitzuspielen, realisieren zu können. Das Ergebnis hätte üppiger ausfallen können, doch dreimal wurde ein Vorsprung verspielt. Die sechs Auswärtspunkte sind gut, die fünf daheim befriedigend. Zwei von drei bisherigen Liga-Topspielen gingen verloren, der erste Sieg gegen RB Leipzig sticht heraus. Im Pokal sollte Runde drei das Thema und vor allem machbar sein.
Defensive/Offensive Auswärts ist Gladbach extrem torhungrig. Sechs Tore in Donezk, je drei in Köln, Mainz und Leverkusen und zwei bei Inter Mailand – das kann sich sehen lassen. Zu Hause ließen es die Gladbacher weitaus weniger krachen: In der Liga gab es pro Heimspiel ein Tor, gegen Real immerhin zwei. Fast da lag in der vergangenen Bundesliga-Saison der Gesamt-Schnitt, bei 1,94. Derzeit gibt es pro Borussia-Spiel in der Liga im Schnitt 1,71 Tore zu sehen. Das ist okay. Weniger gut ist es in Sachen Gegentore, auch da steht die Zwölf. Dass sich erzielte und kassierte Tore die Waage halten, spricht dafür, dass die Balance zwischen Defensive und Offensive nicht immer optimal ist. Vor allem in Leverkusen war das zu sehen. Wenn drei auswärts erzielte Tore zu wenig sind, passt etwas nicht.
Taktik Rose hat sein Team taktisch extrem flexibel gemacht. 4-3-3, 4-23-1, 3-4-3, 3-5-2, damit hat sich Rose selbst einen Pool von Optionen geschaffen, so kann er die Vielfalt, die auch seine Spieler individuell anbieten, weidlich ausschöpfen und hat immer eine Antwort auf gegnerische Ideen. In Mainz ließ Rose die Muskeln spielen, als er einige Stars erst schonte und dann brachte, um das Spiel zu drehen. Nicht immer jedoch, wie gegen Union Berlin und in Mailand, saßen die taktischen und personellen Wechsel, jeweils gab es späte Gegentore. Borussias Flexibilität ist groß, aber nicht grenzenlos.
Gewinner/Verlierer Jonas Hofmann darf als Gewinner der bisherigen Saison angesehen werden. Konstanz, Fitness, Torgefahr, Laufstärke, Standards – das Gesamtpaket bewegt sich auf einem Niveau wie nie zuvor. Matthias Ginter spielt immer (durch) und ist der „Kapitän ohne Binde“. Lars Stindl hat die meisten Tore erzielt, Marcus Thuram und Alassane Plea kommen auf je acht Scorerpunkte. Christoph Kramer ist in starker Form. Stefan Lainer und Ramy Bensebaini verkörpern internationale Klasse. Yann Sommer sitzt ein wenig in der Form-Achterbahn. Hannes Wolf schien mit dem Siegtor gegen Leipzig angekommen zu sein, vergab gegen Bayer aber eine Großchance. Patrick Herrmann kommt trotz seiner starken Vorbereitung kaum über die Joker-Rolle hinaus.
Eingespielt und unberechenbar Marcus Thuram, Alassane Plea und Lars Stindl haben zuletzt mehrmals in einem Spiel für Borussia getroffen, dazwischen war Wolf beim Sieg gegen Leipzig der einzige Torschütze. Beim 3:2 in Mainz erzielte Ginter das Siegtor, beim 2:2 in Mailand waren Bensebaini und Hofmann erfolgreich. Gladbach ist aktuell so unberechenbar und eingespielt wie selten zuvor. Dass kein Schlüsselspieler im Sommer gegangen ist, war wichtig.
Verletzungen Bereits seit zwei Wochen muss der Trainer nur noch auf drei Spieler aus gesundheitlichen Gründen verzichten: Jordan
Beyer (hatte Covid-19), Andreas Poulsen und Denis Zakaria, der seit acht Monaten ausfällt. Ihn vermissen die Borussen nach wie vor sehr. Zakaria ist immerhin wieder im Training nach seiner Knorpelverletzung, braucht aber noch Zeit. Lazaros Muskelbündelriss in seinem ersten Testspiel war ärgerlich, ist nun aber genauso auskuriert wie Laszlo Bénes‘ Sprunggelenkprobleme. Das Paradebeispiel für gelungene Belastungssteuerung ist Nico Elvedi: Der meldete sich gegen Leipzig rechtzeitig, wurde mit Muskelproblemen ausgewechselt und spielte drei Tage später gegen Donezk wieder 90 Minuten.
Fazit Borussia bewegt sich, fasst man die Bilanz in einer Schulnote zusammen, zwischen 2- und 3+. Das Ergebnis ist sehr ordentlich, doch es gibt noch genug Luft nach oben.