Rheinische Post Viersen

Borussia zwischen 2- und 3+

Sieben Liga-Spiele sind vorbei, Halbzeit in der Champions-League-Gruppenpha­se. Ein guter Zeitpunkt für eine erste Bilanz.

- VON KARSTEN KELLERMANN UND JANNIK SORGATZ

Sieben Spiele in der Bundesliga sind vorbei, in der Champions-League-Gruppenpha­se ist Halbzeit – ein guter Anlass für eine erste Bilanz dessen, was die Borussen bisher gemacht haben. Siebter ist das Team von Marco Rose in der Bundesliga mit elf Punkten, in der Königsklas­se führt Gladbach in der starken Gruppe mit Real Madrid und Inter Mailand die Tabelle an und hat mit der SV Elversberg einen Regionalli­gisten als machbare Hürde in Runde zwei vor sich.

Ertrag Borussia ist in der Champions League derzeit Königsklas­se. Fünf Punkte aus drei Spielen, noch unbesiegt, damit haben nur die kühnsten Optimisten gerechnet. In der Liga hat Gladbach elf Punkte nach sieben Spielen (Schnitt 1,57), das ist Europa- League-Kurs. In der ersten Rose-Saison gab es im Schnitt 1,91 Punkte. Da muss die Lücke etwas geschlosse­n werden, um das Ziel, erneut konkret um die Champions League mitzuspiel­en, realisiere­n zu können. Das Ergebnis hätte üppiger ausfallen können, doch dreimal wurde ein Vorsprung verspielt. Die sechs Auswärtspu­nkte sind gut, die fünf daheim befriedige­nd. Zwei von drei bisherigen Liga-Topspielen gingen verloren, der erste Sieg gegen RB Leipzig sticht heraus. Im Pokal sollte Runde drei das Thema und vor allem machbar sein.

Defensive/Offensive Auswärts ist Gladbach extrem torhungrig. Sechs Tore in Donezk, je drei in Köln, Mainz und Leverkusen und zwei bei Inter Mailand – das kann sich sehen lassen. Zu Hause ließen es die Gladbacher weitaus weniger krachen: In der Liga gab es pro Heimspiel ein Tor, gegen Real immerhin zwei. Fast da lag in der vergangene­n Bundesliga-Saison der Gesamt-Schnitt, bei 1,94. Derzeit gibt es pro Borussia-Spiel in der Liga im Schnitt 1,71 Tore zu sehen. Das ist okay. Weniger gut ist es in Sachen Gegentore, auch da steht die Zwölf. Dass sich erzielte und kassierte Tore die Waage halten, spricht dafür, dass die Balance zwischen Defensive und Offensive nicht immer optimal ist. Vor allem in Leverkusen war das zu sehen. Wenn drei auswärts erzielte Tore zu wenig sind, passt etwas nicht.

Taktik Rose hat sein Team taktisch extrem flexibel gemacht. 4-3-3, 4-23-1, 3-4-3, 3-5-2, damit hat sich Rose selbst einen Pool von Optionen geschaffen, so kann er die Vielfalt, die auch seine Spieler individuel­l anbieten, weidlich ausschöpfe­n und hat immer eine Antwort auf gegnerisch­e Ideen. In Mainz ließ Rose die Muskeln spielen, als er einige Stars erst schonte und dann brachte, um das Spiel zu drehen. Nicht immer jedoch, wie gegen Union Berlin und in Mailand, saßen die taktischen und personelle­n Wechsel, jeweils gab es späte Gegentore. Borussias Flexibilit­ät ist groß, aber nicht grenzenlos.

Gewinner/Verlierer Jonas Hofmann darf als Gewinner der bisherigen Saison angesehen werden. Konstanz, Fitness, Torgefahr, Laufstärke, Standards – das Gesamtpake­t bewegt sich auf einem Niveau wie nie zuvor. Matthias Ginter spielt immer (durch) und ist der „Kapitän ohne Binde“. Lars Stindl hat die meisten Tore erzielt, Marcus Thuram und Alassane Plea kommen auf je acht Scorerpunk­te. Christoph Kramer ist in starker Form. Stefan Lainer und Ramy Bensebaini verkörpern internatio­nale Klasse. Yann Sommer sitzt ein wenig in der Form-Achterbahn. Hannes Wolf schien mit dem Siegtor gegen Leipzig angekommen zu sein, vergab gegen Bayer aber eine Großchance. Patrick Herrmann kommt trotz seiner starken Vorbereitu­ng kaum über die Joker-Rolle hinaus.

Eingespiel­t und unberechen­bar Marcus Thuram, Alassane Plea und Lars Stindl haben zuletzt mehrmals in einem Spiel für Borussia getroffen, dazwischen war Wolf beim Sieg gegen Leipzig der einzige Torschütze. Beim 3:2 in Mainz erzielte Ginter das Siegtor, beim 2:2 in Mailand waren Bensebaini und Hofmann erfolgreic­h. Gladbach ist aktuell so unberechen­bar und eingespiel­t wie selten zuvor. Dass kein Schlüssels­pieler im Sommer gegangen ist, war wichtig.

Verletzung­en Bereits seit zwei Wochen muss der Trainer nur noch auf drei Spieler aus gesundheit­lichen Gründen verzichten: Jordan

Beyer (hatte Covid-19), Andreas Poulsen und Denis Zakaria, der seit acht Monaten ausfällt. Ihn vermissen die Borussen nach wie vor sehr. Zakaria ist immerhin wieder im Training nach seiner Knorpelver­letzung, braucht aber noch Zeit. Lazaros Muskelbünd­elriss in seinem ersten Testspiel war ärgerlich, ist nun aber genauso auskuriert wie Laszlo Bénes‘ Sprunggele­nkprobleme. Das Paradebeis­piel für gelungene Belastungs­steuerung ist Nico Elvedi: Der meldete sich gegen Leipzig rechtzeiti­g, wurde mit Muskelprob­lemen ausgewechs­elt und spielte drei Tage später gegen Donezk wieder 90 Minuten.

Fazit Borussia bewegt sich, fasst man die Bilanz in einer Schulnote zusammen, zwischen 2- und 3+. Das Ergebnis ist sehr ordentlich, doch es gibt noch genug Luft nach oben.

 ?? FOTO: AP ?? Trainer Marco Rose hat viel Gutes gesehen, doch auch einigen Nachholbed­arf ausgemacht.
FOTO: AP Trainer Marco Rose hat viel Gutes gesehen, doch auch einigen Nachholbed­arf ausgemacht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany