Wirtschaft erholt sich wohl erst 2022
Wirtschaftsweisen erwarten dieses Jahr einen Konjunktureinbruch von 5,1 Prozent.
BERLIN Die Corona-Pandemie hat zu einer der schwersten Rezessionen in der Nachkriegszeit geführt. Doch die fünf Wirtschaftsweisen gehen davon aus, dass es 2020 nicht ganz so schlimm wird wie in der Finanzkrise 2009. Sie erwarten, dass die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um 5,1 Prozent einbricht. In der Finanzkrise lag der Einbruch bei 5,7 Prozent. Nach dem Absturz im zweiten Quartal habe im Sommer zunächst eine kräftige Erholung eingesetzt, erklärten die Weisen zur Übergabe des Gutachtens an die Kanzlerin. Zugleich warnten sie vor Euphorie: „Die Corona-Krise ist noch nicht bewältigt, die wirtschaftliche Lage bleibt fragil“, sagte Lars Feld, Chef des Sachverständigenrates. Das Vorkrisen-Niveau werde ohnehin nicht vor Anfang 2022 wieder erreicht. Für 2021 erwartet der Rat ein Wachstum von 3,7 Prozent – allerdings nur, wenn es keinen erneuten scharfen Lockdown gibt. Zugleich erwartet er einen leichten Anstieg der Arbeitslosenquote auf nun 5,9 Prozent und 6,0 Prozent im nächsten Jahr. Nun gelte es, die Rezession zu überwinden und auf die langfristigen Herausforderungen zu reagieren:
Energiepreise Der Rat fordert eine Abschaffung der Ökostrom-Umlage (EEG-Umlage) und eine Senkung der Stromsteuer auf europäisches Niveau. Zum einen entlaste das auch arme Haushalte, die bislang von der Senkung der Mehrwertsteuer kaum profitiert haben, weil sie gar keine großen Anschaffungen tätigen können. Zum anderen stärke dies die Anreizfunktion des CO2-Preises bei Industrie, Verkehr, Heizung, um Energie zu sparen.
Digitalisierung Die Pandemie habe die Defizite der Digitalisierung in Verwaltung, Gesundheits- und Bildungswesen sichtbar gemacht, beklagen die Ökonomen. Sie fordern, die Konjunkturpakete stärker zu nutzen, um in die digitale Infrastruktur zu investieren. Zudem müssten bürokratische Hürden abgebaut werden. Auch sollten Firmen ihre Belegschaft in Kurzarbeit nutzen, um diese weiterzubilden.
Krisenpolitik Ohnehin sollte die Politik beim Konjunkturpaket nachbessern. Die Weisen warnen vor einer Verlängerung der Mehrwertsteuersenkung, stattdessen sollte der steuerliche Verlustvortrag für Betriebe ausgeweitet werden. Das senkt die Steuerlast für die Vergangenheit und verschafft Liquidität.
Schuldenbremse Die Weisen rechnen damit, dass die Staatsschulden auf 72 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen. Wegen der Krise könnte nun die Schuldenbremse verändert werden, so dass ein Abbau der übermäßgen Schulden bis 2024 gestreckt wird.