Studieren trotz Pandemie: Allein daheim
Onlinevorlesungen statt munteres Campus-Leben: So startete Nina Klueschewski aus Leuth ihr Studium an der Fontys Hochschule, Constanze Thome studiert dort im vierten Semester. Was sich beide Studentinnen jetzt wünschen.
NETTETAL/VENLO Die Corona-Krise hat auch die jungen Erwachsenen an der Fontys Hochschule fest im Griff. Auch Nina Klueschewski (19) hat sich auf das Studentenleben gefreut. Sie studiert seit September Marketing Management in Venlo. „Das Studium hat schon ungewöhnlich angefangen“, schildert die Leutherin. Eine persönliche Begrüßung oder gar eine Party? Fehlanzeige.
Die meisten Vorlesungen finden online statt. Statt gemeinsam im überfüllten Hörsaal zu lernen, gibt es einsames Studieren im Home-Office. Vor allem für Erstsemester an der Fontys war der Start schwerer. Die Plattform „Microsoft Teams“wurde zum neuen Vorzeigehörsaal, WhatsApp-Gruppen wurden lebensnotwendig und das E-Mail-Postfach quoll über.
Gern hätte Nina Klueschewski ein paar unvergessliche Erinnerungen gesammelt, doch die 19-Jährige studiert in der Corona-Krise. Also gab es eine digitale Begrüßung, den Campus hat sie erst in ihrer ersten Vorlesungswoche besucht: Er war wie ausgestorben.
„Ich habe jeden Montag eine Veranstaltung an der Hochschule. Dafür wurden wir in Gruppen von circa 30 Leuten eingeteilt“, schildert sie. Bei den Präsenzveranstaltungen hätten die Studierenden aus dem ersten Studienjahr Vorrang vor den höheren Semestern. In einem Studiengang seien rund 300 Menschen, sie kenne aber nur ihre Klasse persönlich. Die Klassen seien nie gleichzeitig auf dem Campus. Zeitgleich soll sich nur eine begrenzte Zahl an Studierenden und Mitarbeitern zur selben Zeit am Campus aufhalten. „Alle Räume, Studienlandschaften und Arbeitsplätze sind mit einem Hinweis auf die maximal zulässige Personenzahl ausgestattet“, erzählt die Studentin. Die Einhaltung des 1,50-Meter-Sicherheitsabstandes sei oberstes Gebot, deswegen gebe es vorgeschriebene Laufrouten zum Teil als Einbahnstraßen. Desinfektionsspender stünden bereit, alle Studenten und Mitarbeiter müssten einen Mund-Nasen-Schutz tragen.
„Bei der Präsenzveranstaltung gibt es jede Woche eine Rotation unter den einzelnen Fächern. Von dienstags bis donnerstags verfolge ich die anderen Vorlesungen per Live-Video von zu Hause aus“, erzählt Klueschewski. Die digitale Lehre falle ihr besonders schwer. Sie hatte ein Fernstudium begonnen, es aber abgebrochen, weil sie „den persönliche Bezug besonders beim Lernen braucht“.
Im eigenen Zuhause gebe es viel Ablenkung, dadurch sei die Konzentration geringer. „Ich möchte zeitlich an einen Ort gebunden sein, um mich besser auf das Lernen konzentrieren zu können“, sagt die 19-Jährige. Die Vorlesungen fänden zwar live statt, sodass sich die Studierenden mit Dozenten und untereinander austauschen können, doch dazu müsse man sich erstmal überwinden. „Unsere Kamera und Mikrofon sind ausgeschaltet, bis wir uns zu Wort melden“, erklärt die Leutherin. „„Es ist alles zu anonym.“
Ein besseres persönliches Kennenlernen wird auch durch den
zweiten Lockdown in Deutschland erschwert. Auch die Leutherin fühlt sich noch nicht angekommen im neuen Umfeld. Was sie auch tun muss: Das Gesundheitsamt im Kreis Viersen über ihren Aufenthalt im Risikogebiet Venlo informieren. „Ich muss mitteilen, wann und wie lange ich in Venlo bleibe“, erklärt sie.
Constanze Thome (22) erlebt bereits ihr viertes Semester an der Fontys Hochschule, auch sie studiert Marketing Management und wohnt in Kaldenkirchen. „Mein letztes Sommersemester war bereits digital und das neue hat genauso begonnen“, erzählt sie. Ihr Studium zeichne sich durch hohe Praxisorientierung aus – eigentlich. „Vor einigen Wochen hatten wir noch ein Projekt in Kooperation mit dem Missionsmuseum Styl, aber durch Corona sind wir gezwungen, uns virtuell zu treffen“, so Thome. Ihre Aufgabe bei dem Projekt: Mit der Museumsleitung ein Konzept zu entwickeln, um mehr Besucher zu gewinnen. Eine Museumsschließung war natürlich nicht geplant. Seit Beginn des digitalen Studiums pendelt Thome zwischen ihrer Heimat Limburg und ihrer Wohngemeinschaft in Kaldenkirchen. „Ich genieße die Zeit mit meinen Eltern und meinem Hund, denn meine Mitbewohner zieht es im Moment auch eher nach Hause“, erklärt sie. Kurz vor der Corona-Pandemie hatte sie einen Nebenjob im Wellnesszentrum „Finlantis“, aber den hat sie wegen der Schließung verloren. In wirtschaftlich schweren Zeiten sei es nicht einfach, einen Job zu finden oder eine Praktikumsstelle. „Im nächsten Semester muss ich ein Praktikum machen, aber die Suche wird schwer, denn die Unternehmen können es sich aktuell nicht leisten“, so Thome.
Das gewohnte soziale Leben fehlt ihr, sie wünscht sich schnell die Normalität zurück. Das digitale Studium hätte zwar auch Vorteile, wie einen flexiblen Arbeitsplatz und somit mehr Freizeit. „Doch die Präsenzveranstaltungen und meine sozialen Kontakte haben einen höheren Stellenwert“, sagt die 22-Jährige.
Besonders für Studienanfänger sei es jetzt schwer. Constanze Thomes Tipp: „Sich sonntags einen Plan für die Woche zu machen und Ziele aufzuschreiben.“Durch den fehlenden Hochschulbesuch sei es schwerer, einen Überblick zu behalten und Disziplin zu wahren. jetzt hofft sie auf eine schöne Zeit – nach Corona.