Mit der „Bananenflanke“zur Junior Uni
In den im Ex-Polizeipräsidium geplanten Wissenscampus soll auch eine Universität für Kinder einziehen. Vorbild ist die Junior Uni in Wuppertal. Dort hilft Borussia bereits, über Fußball Physik zu vermitteln.
MÖNCHENGLADBACH Auf dem großflächigen Areal des früheren Polizeipräsidiums soll sich in wenigen Jahren die Zukunft abspielen. Sollte das Land als Eigentümer des Grundstücks grünes Licht für einen Kauf durch die Stadt geben, soll dort ein Wissenscampus entstehen, der einen innovativen und hochmodernen Schulterschluss zwischen Wissenschaft und Wirtschaft vorsieht: Fachkräfte für die Berufe der Zukunft sollen dort ausgebildet werden, sich aber auch ausprobieren können.
Eine Gründerfabrik gehört ebenso zum Konzept wie eine Coding-School, in der das Programmieren gelehrt wird, Experimentierfelder und auch eine Junior Uni. In dieser besonderen Universität sollen schon Vierjährige, aber auch Jugendliche insbesondere in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik fit gemacht werden.
Vorbild dafür soll die Junior Uni in Wuppertal sein. Verbindungen dorthin wurden von Mönchengladbach aus bereits geknüpft. Das Ergebnis der Kooperation ist in einem Lernvideo (Youtube-Kanal Junior Uni Wuppertal) zu sehen: Ex-Weltmeister Rainer Bonhof und Nationalspieler Patrick Herrmann, beide Borussen, erklären darin, was es mit der „Bananenflanke“auf sich hat. Dabei ist die Flugbahn des Balls gekrümmt, was zu spektakulären Pässen und Toren führen kann.
Die Junior-Uni-Studierenden Elli (13) und Vito (17) gehen dem Phänomen auf der Suche nach der physikalischen Erklärung nach. HSV-Profi Manfred Kaltz habe diese Technik in Serie eingesetzt, sagt Bonhof, aber auch sein einstiger Borussia-Kollege Günter Netzer habe diese „Freistöße um die Ecke geschossen“. Gemeinsam lassen die drei Tischtennisbälle auf der heißen Luft von Fönen fliegen.
Junior-Uni-Prokuristin Annika Spathmann zieht auch den Bernoulli-Effekt zur Erklärung heran. Es geht um Unterdruck und Gegenwind,
durch den der Fußball den Drall erhält, der ihn eine Kurve fliegen lässt – im Idealfall direkt ins Tor. Dass man das gezielt trainieren und einsetzen kann, zeigt Patrick Herrmann in der Praxis.
„Kick mit Physik“, heißt die Serie, die Fußball wissenschaftlich betrachtet und bereits mit dem Fußballbildungspreis ausgezeichnet worden ist. Und sie macht das Grundkonzept der Junior Uni deutlich. Nämlich zu zeigen, dass Wissenschaft nichts Abstraktes ist, sondern praxisnah und Teil des Alltags. „Nach unserer Erfahrungen gibt es unter jenen Mädchen und Jungen, die für Fußball brennen, auch erstaunlich viele, die sich leidenschaftlich für Wissenschaft interessieren“, sagt Professor Ernst-Andreas Ziegler, Geschäftsführer
der Junior Uni.
Er sieht die Einrichtung als Instrument für den Strukturwandel und Bildungsgerechtigkeit. „Kein Kind wird dumm geboren, es muss nur richtig gefördert werden“, sagt Ziegler.
Deshalb dürfe das Angebot auch nicht elitär sein. Als die Junior Uni vor zwölf Jahren in Wuppertal gegründet worden sei, habe der Mehltau der Krise und Hoffnungslosigkeit über der Region gelegen.
Die Junior Uni, die mit einem Budget von 1,7 Millionen Euro rein privat finanziert werde, habe ein Ziel gesetzt und für Aufbruchstimmung gesorgt. Der Andrang ist enorm: 75.000 Plätze sind seit dem Start besetzt worden, die Nachfrage sei noch viel höher, wie Spathmann betont. Der Einzugsbereich reicht weit über die Region. Und etwa 30 Prozent der Kinder stammten aus bildungsfernen Familien, sagt Ziegler. Dabei wird eng mit Kitas und Schulen kooperiert, um Kinder aus allen Schichten mit dem Angebot zu erreichen.
Das macht die Junior Uni auch für Mönchengladbach sehr spannend, betont Hartmut Wnuck, Vorstandsvorsitzender des Wissenscampus Mönchengladbach. Denn die Stadt stehe vor einem doppelten Strukturwandel: So seien die Folgen des Braunkohleausstiegs zu bewältigen. „Gleichzeitig ändert die digitale Transformation die Art, wie wir leben und wirtschaften.“Lernen und Wissen seien dabei zentrale Ressourcen.
Der Wissenscampus wolle in einem Bündnis aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik, Verwaltung und Gesellschaft Potenziale heben. Die Junior Uni, die wie in Wuppertal ebenfalls durch privates Engagement finanziert werden soll, spiele dabei eine zentrale Rolle und stehe für „wissensbasierten Wandel“.
Einen Unterstützer haben Wnuck und seine Vorstandskollegin, die Unternehmerin Caroline Hartmann-Serve, bereits an ihrer Seite: Rolf Königs unterstützt als Borussia-Präsident, aber auch als Unternehmer mit Spitzenämtern in Textilverbänden die Kooperation mit der Wuppertaler Junior Uni. Das sagt er auch für das geplante Pendant in Mönchengladbach zu: „Uneingeschränkt Ja, das ist eine Garantie.“Die Junior Uni sei ein Beweis dafür, „was mittelständische Unternehmer gemeinwohlorientiert auf die Beine stellen können“, sagt Ziegler. Das Budget liege bei 1,7 Millionen Euro im Jahr.
Wenn das Land grünes Licht gibt, hofft Wnuck, dass der Wissenscampus bis Mitte 2021 handlungsfähig ist. Drei Jahre später könnte alles fertig sein. Bis dahin sind kreative Zwischennutzungen geplant. Die Gründerfabrik und die Coding-School sollen früher an anderer Stelle eingerichtet werden und in den Campus umziehen.
Infos www.junioruni-wuppertal.de