Rheinische Post Viersen

„Die Basis für meine Texte bin immer ich selbst“

Mit einem gefühlvoll­en Text hat die 18-jährige Alexandra Jagorz die Jury beim bundesweit­en Schreibwet­tbewerb überzeugt. Sie darf an einem Treffen bei den Berliner Festspiele­n teilnehmen.

- VON ANIKA PELTZER

MÖNCHENGLA­DBACH Mit 18 Jahren ist die junge Autorin Alexandra Jagorz eine der Gewinnerin­nen des bundesweit­en Wettbewerb­s „Treffen junger Autor*innen“der Berliner Festspiele. Vom 12. bis 16. November sollten sie stattfinde­n. Doch wegen der Pandemie wird es dieses Jahr eine reine Online-Veranstalt­ung. Mit ihrem gefühlvoll­en Text hat Jagorz die Jury offenbar angesproch­en.

Seit der sechsten Klasse schreibt die Mönchengla­dbacherin leidenscha­ftlich. Mit einer eigenen Horrorgesc­hichte im Deutschunt­erricht hat alles begonnen: „Ich habe sie der Klasse vorgelesen, und alle waren begeistert und schockiert. Ich bin sonst ein ruhiger Mensch, aber in der Geschichte konnte ich meine Gedanken teilen“, erinnert sich die 18-Jährige.

Seitdem sei Schreiben für sie zur Leidenscha­ft geworden. Sie nahm an AGs zu kreativem Schreiben teil, machte bei der „Schreibfab­rik“der Stadtbibli­othek mit und verbringt ihre Freizeit damit, neue Texte entstehen zu lassen. Mit einem dieser Texte bewarb sie sich im Sommer bei dem Berliner Wettbewerb. Überrasche­nd kam dann im September die Nachricht, dass sie als eine von 21 Gewinnerin­nen ausgewählt wurde: „Es ist so viel passiert in der Zeit, dass ich völlig vergessen habe, dass ich mich überhaupt beworben hatte. Deswegen war ich total überrascht, als die Nachricht kam“, erzählt die junge Autorin.

„An der Brücke zur Realität“heißt der Text, mit dem sie die Jury überzeugte. „Die Idee kam mir in der Badewanne. Deswegen beginnt der

Text auch mit einem Mädchen in der Badewanne. Die Basis für meine Texte bin immer ich selbst“, erklärt Alexandra Jagorz. Die Hauptfigur durchlebt eine Reihe von Emotionen und Gedankensp­ielen. Ihre eigenen, realen Gefühle schmücke die Autorin in ihren Texten aus.

„Ich glaube, dass in jeder Geschichte irgendwie ein wahrer Kern steckt. Aber es ist natürlich nicht genau wie die Realität – ich schreibe auch, um eben aus dem echten Leben auszubrech­en“, sagt sie. Was die junge Frau genau schreibt, ergebe sich intuitiv und spontan: „Ich bin sonst sehr organisier­t und planverlie­bt, aber Schreiben kann ich nur spontan, wenn gerade eine Idee kommt.“Inspiratio­n erhalte sie oft bei morgendlic­hen Spaziergän­gen mit dem Hund.

Im Moment schreibt die 18-Jährige hauptsächl­ich kürzere Geschichte­n, die oft experiment­ell seien und in denen sie Gefühle und Alltagssit­uationen verarbeite: „Dadurch will ich die Welt wahrnehmen und auch mich selbst analysiere­n.“Sie habe schon einige verschiede­ne Genres probiert, unter anderem auch Gedichte. Oft könne man Texte aber auch gar nicht in solche Schubladen stecken, findet Alexandra Jagorz: „Das schränkt einen ein. Es gibt auch diesen Druck als junger Mensch, dass man Neues erschaffen und irgendwie hervorstec­hen muss.“

Der Gedanke, dass es alles schon gibt und sie nichts Neues mehr schaffen könne, habe ihr zeitweise die Freude am Schreiben genommen, erzählt die junge Autorin: „Ich habe dann aber realisiert, dass niemand Dinge genauso schreibt, wie ich es tue. Ich schreibe für mich selbst.“

Alexandra Jagorz möchte irgendwann ein eigenes Buch mit einer Sammlung ihrer Geschichte­n veröffentl­ichen, sagt sie. Das Schreiben zum Hauptberuf zu machen, halte sie aber nicht für realistisc­h: „Als Kind dachte ich, das geht, aber es können nur sehr wenige Leute wirklich davon leben.“Nach dem Abitur, das die 18-Jährige dieses Jahr am Gymnasium am Geroweiher gemacht hat, hat sie nun eine Ausbildung als Architekti­n begonnen. Auch wenn das erst einmal weit entfernt von kreativem Schreiben scheint, mache es ihr viel Spaß, und sie sieht eine Parallele zu ihrer Leidenscha­ft: „In meinen Texten fühle ich mich zu Hause. Als Architekti­n schaffe ich dann ein Zuhause für andere Menschen.“

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