IHK soll aus dem Dachverband austreten
Die Vollversammlung der IHK Mittlerer Niederrhein soll sich mit dem Thema Austritt befassen. Parallel haben Kammergegner angekündigt, den Austritt notfalls mit einer Klage erzwingen zu wollen.
KREFELD/KREIS VIERSEN Ein Kläger aus Münster hat den Austritt der Industrie- und Handelskammer Nord-Westfalen aus dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in einem jahrelangen Rechtsstreit erzwungen (wir berichteten darüber). Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts liegt nun wenige Wochen zurück und beschäftigt auch die Industrie- und Handelskammer mit Sitz in Krefeld. „Die IHK Mittlerer Niederrhein nimmt das Urteil sehr ernst. Daher hat sich das Präsidium der IHK mit dem Thema befasst, und auch die von den IHK-Mitgliedern gewählte Vollversammlung wird sich damit befassen“, erklärte ein Sprecher der IHK Mittlerer Niederrhein auf Anfrage unserer Redaktion.
Die IHK Mittlerer Niederrhein habe das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts gegen die IHK Nord-Westfalen zur Kenntnis genommen, teilte der Sprecher mit. Urteile von Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit würden nur die Beteiligten binden. Daher entfalte besagtes Urteil für die Beziehung zwischen dritten Industrieund
Handelskammern und deren Mitgliedern keine prozessuale Wirkung. Ob sich aus dem Urteil materiellrechtlich Konsequenzen ergeben, könne erst geprüft werden, wenn die Entscheidungsgründe vorliegen und ausgewertet werden konnten. Das sei derzeit noch nicht der Fall, berichtete der Krefelder IHK-Sprecher.
Bereits klarer ist die Haltung der so genannten Kammergegner. Die im Bundesverband für freie Kammern (BffK) organisierten Mitglieder kündigten bereits unmittelbar nach dem Leipziger Gerichtsurteil an, „dass Mitglieder des Verbandes unter Bezugnahme auf die ... Entscheidung nun bundesweit mit einem Musterbrief die regionalen IHKn zum Austritt aus dem IHK-Dachverband auffordern werden. „Von möglichen Klagen haben wir keine Kenntnis“, sagte der Krefelder IHK-Sprecher.
Grund für das Urteil waren nach Gerichtsangaben Äußerungen des Dachverbandes außerhalb seines Kompetenzbereichs zu allgemeinen politischen Themen sowie einseitig zu Fragen der Umwelt- und Klimapolitik, schrieb die Nachrichtenagentur dpa. Es gehe darum, dass der IHK-Dachverband, der nur für die angeschlossenen Industrieund Handelskammern (IHKn) sprechen dürfe, sich diesbezüglich an die gleichen Beschränkungen halte wie auch die einzelnen IHKn. Dazu gehöre, dass öffentliche Äußerungen einen klaren Wirtschaftsbezug haben müssen, dass solche Äußerungen nur nach Beteiligung der IHK-Gremien erfolgen, dass sprachlich sehr sachlich und objektiv formuliert werde und gegebenenfalls auch abweichende Minderheitenpositionen berücksichtigt würden, sagte der BffK-Geschäftsführer Kai Boeddinghaus.
„Wenn nach 13 Jahren, zahlreichen Prozessen und Urteilen und klarsten Ansagen der Gerichte solche massiven Verstöße weiter an der Tagesordnung sind, dann stinkt der Fisch vom Kopfe“, erklärte Boeddinghaus. Es habe vor allem in der Verantwortung der DIHK-Führung (Präsident, Präsidium, Hauptgeschäftsführung) gelegen, zuverlässig Leitlinien für eine rechtskonforme Öffentlichkeitsarbeit vorzugeben. Stattdessen habe der DIHK – finanziert aus den Zwangsbeiträgen der IHK-Mitglieder – mit allen juristischen Mitteln versucht, den andauernden Rechtsbruch zu verteidigen und zu beschönigen, führte der BffK-Geschäftsführer weiter aus.
„Die bisherigen Maßnahmen (Satzungsänderungen; theoretisches Klagerecht für IHK-Mitglieder direkt gegen den DIHK) erweisen sich sämtlich als rein kosmetisch“, verdeutlichte Boeddinghaus. Wenn der DIHK die einfachsten Regeln immer wieder und gerade bei wichtigen Themen ignoriere, könne von einer glaubwürdigen Erneuerung keine Rede sein. Als ein plakatives Beispiel nennt Kai Boeddinghaus, dass eine Umfrage des DIHK erbrachte, dass nur 39 Prozent der vom DIHK befragten Unternehmen zusätzliche Klimaschutzmaßnahme nur dann befürworten, wenn dies zu keiner Belastung der Unternehmen führe.
Aus diesem Umfrageergebnis habe der DIHK Leitlinien abgeleitet, wonach keine Zusatzbelastung für die Wirtschaft“entstehen dürfen, so Boeddinghaus. Damit habe der DIHK die Minderheitenposition innerhalb der Wirtschaft zum Gesamtinteresse der Wirtschaft erhoben und die Mehrheitsmeinung vollständig unterschlagen, ergänzte er.