Kritik: LED-Licht zu hell für Insekten
Die Gemeinde Niederkrüchten hat seit 2017 die Straßenbeleuchtung auf LED umgestellt. Das spart nicht nur Stromkosten, sondern soll auch Insekten schützen. Der Elmpter Ingenieur Thomas Denner bezweifelt das.
NIEDERKRÜCHTEN Neuere iPhones haben einen Blaulichtfilter, den man nachts aktivieren kann. Denn der Blaulichtanteil im Licht des Smartphone-Displays kann zu Schlafstörungen führen. Der normale Nutzer hat meistens wenig Ahnung von solchen Details. Thomas Denner aus Elmpt ist Elektroingenieur und hat von Berufs wegen mit Licht zu tun. Auf seinem Handy zeigt er ein kurzes Video, auf dem zu sehen ist, wie nachts um die Straßenlaterne vor dem Haus jede Menge Insekten schwirren. Wie kann das sein? Die Gemeinde Niederkrüchten hat doch die Straßenbeleuchtung auf LED umgerüstet, die insektenfreundlich sein soll?
Besser als etwa Leuchtstoffröhren oder die alten Natriumdampflampen sind die neuen LED-Leuchten auf jeden Fall, sagt Denner. Aber die Straßenbeleuchtung in Niederkrüchten sei nicht so insektenfreundlich wie behauptet, weil sie zu lichtstark sei. Die Leuchten hätten eine Lichtstärke von 4000 Kelvin. Das sei die Lichtfarbe „neutralweiß“, die deutlichen Blauanteile im Licht weist die Inititative „Paten der Nacht“als problematisch aus. Die IG „Paten der Nacht“ist ein Projekt ehrenamtlich tätiger Leute, das darüber informiert, was Lichtverschmutzung
G E R M
ist, was sie anrichtet und welche gravierenden Folgen das nicht nur für Tiere und Pflanzen, sondern auch für Menschen hat. Auch das Bundesamt für Naturschutz empfiehlt 3000 Kelvin als insektenfreundlich und nicht 4000.
Auf Nachfrage bei der Niederkrüchtener Gemeindeverwaltung antwortet Frank Grusen: „Die Umrüstung der gesamten Straßenbeleuchtung in der Gemeinde erfolgte in der Zeit von 2017 bis 2020. Hierbei wurde LED-Technik mit einer Farbtemperatur von 4000 Kelvin verbaut. Dies entspricht in etwa dem Mondlicht.“Die Wahl zugunsten dieser Leuchten sei mit Blick auf die bestmögliche Vereinbarkeit von Artenschutz und Verkehrssicherheit unter Berücksichtigung der vorhandenen Gegebenheiten (Umrüstung vorhandener Leuchten) gefallen. „Mit der Umrüstung wurde eine wesentliche Verbesserung im Vergleich zum Alt-Zustand erreicht. Der Stromverbrauch
konnte signifikant verringert und das Verenden von Insekten auf und an den Leuchten deutlich reduziert werden“, sagt Grusen. Und er fügt noch einen weiteren Aspekt hinzu: Die Umrüstung auf LEDs mit 4000 Kelvin bedeute auch eine Einsparung des Stromverbrauchs von zehn Prozent gegenüber einer denkbaren Umrüstung auf 3000 Kelvin, die jedoch die Kriterien Artenschutz und Verkehrssicherheit nicht gewährleistet hätte.
Im vergangenen September hatte sich der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technologiefolgenabschätzung des Bundestages mit Handlungsansätzen für Lichtverschmutzung befasst. Dort heißt es: „Die Umrüstung von Natriumdampfhochdrucklampen auf LED-Beleuchtung kann mit einer Erhöhung des blauen Spektralanteils einhergehen. Dies wirkt nicht nur negativ auf zahlreiche Tierarten, sondern erhöht auch die Himmelshelligkeit. Eine Alternative sind PCAmber-LED mit geringen Anteilen kurzwelliger Strahlung.“
Der 49-jährige Elmpter Denner hat noch einen anderen Grund, über Lichtverschmutzung aufzuklären. Er ist Hobbyastronom. Bei Ausflügen in die Eifel guckt er nachts gern in die Sterne. Sein Teleskop vergrößert 600-fach. Ein Segen sei, so Denner weiter, dass Gewächshäuser in den Niederlanden jetzt um 18 Uhr ihre Beleuchtung abschalten müssten.