Nachhaltiges Bauen ist zuerst Umbauen
Freie Grundstücke sind rar in Nettetal. Nachhaltiges Bauen bedeutet für den Architekten Klaus Schmitz-Becker in erster Linie Umbauten.
NETTETAL Neubaugebiete wie in Leuth oder Breyell sind in der Regel in der Hand von Bauträgern. Durch restriktive Bebauungspläne sind Neubaugebiete auch kein Feld für freie Architekten. Viele Bauherren suchen händeringend nach Grundstücken. Eins zu finden, ist gar nicht einfach, sagt jemand, der es wissen muss: Architekt Klaus Schmitz-Becker aus Busch bei Leuth ist vorrangig im privaten Wohnungsbau unterwegs. Die Politik hat die Lücken in der vorhandenen Bebauung entdeckt. Doch die privaten Eigentümer dieser bisher noch nicht bebauten Grundstück wollen oft nicht verkaufen. Sie halten es zurück, vielleicht kommt der Enkel doch noch und will vor Ort bauen. Oder die Grundstücke werden zu Preisen angeboten, die jenseits von gut und böse lägen.
Doch bei allem Klagen: Es gibt sie doch, die Möglichkeiten, neuen Wohnraum zu schaffen. Nachhaltiges Bauen funktioniert heute im bestehenden Objekt. In seiner Praxis hat der Archtiekt aus Busch eine Vielzahl von solchen Umbauten umgesetzt oder geplant. In Kaldenkirchen wurde bei einem vorhandenen Haus das Satteldach abgetragen und eine obere Etage im Holzrahmenbau aufgestockt, dann mit Schiefer verkleidet. So konnte der Wohnraum verdoppelt werden, ohne weitere freie Flächen zu versiegeln.
Ein großes Kapitel sind auch Umnutzungen. Da hilft manchmal der
Denkmalschutz. Eine Feldscheune in Leuth ist so ein Fall. Im Außenbereich ist der Gesetzgeber sehr restriktiv, um Splittersiedlungen zu verhindern. In diesem Falle wohnt vor Ort ein Landwirt, der noch Kühe im Stall hat. In der Scheune, die jetzt umgebaut wurde, stand nur noch ein Traktor. Schmitz-Becker ließ ein Betondecke einziehen, aus der Scheune wurde ein zweigeschossiges Wohnhaus.
Ein anderes aktuelles Projekt ist eine Scheune in Kevelaer, 1920 als Klinkerbau errichtet. Als ortsbildprägend steht sie unter Denkmalschutz. Eine dauerhafte Nutzung ist dabei wichtiger als die Umnutzung. Denn in der Scheune soll eine
Hausbrauerei eingerichtet werden. Unter dem künftigen Parkplatz von 300 Quadratmetern verbergen sich die Schleifen der Erdwärmepumpe.
Ganz aktuell ist ein Wohnbau in Kaldenkirchen. Dort sind sechs Wohnungen an der Venloer Straße, gegenüber der Alten Fabrik vorhanden. Die Backsteinfassade wird erhalten bleiben. Aber das Gebäude wird im Inneren komplett entkernt, um dann eine neue Holzkonstruktion einbauen zu können. Auch ein neues Dach wird aufgesetzt.
Bei einem Bungalow aus den 1960er Jahren in Mönchengladbach erhielt Schmitz-Becker die Aufgabe gestellt, nicht mehr Wohnraum vor Ort zu schaffen, sondern für eine zeitgemäße Dämmung zu sorgen. Das Ergebnis mit Holz hat die Fassade völlig verändert.
Auf Wohnbauten einer Kirchengemeinde in Düsseldorf für geförderten Wohnungsbau entwarf der Nettetaler Architekt eine Erweiterung um zwei Geschosse in Holzbauweise. Das ist zwar nicht rein C2C (Kreislaufwirtschaft Cradle to Cradle), aber immerhin reversibel. Bei einem Kita-Anbau in Düsseldorf-Stockum in Holzbauweise wurde ein Gründach so konstruiert, dass es bei Starkregen viel Wasser aufnehmen kann und erst zeitversetzt wieder abgibt. Das ist in großen Städten wasserwirtschaftlich eine sehr hilfreiche Lösung.